Ich bin mehrere Jahre in den Süden gefahren zum Fliegenfischen. Die nachfolgende Peinlichkeit gehört also eigentlich nicht hierher, aber sie passt zu der vorherigen.
Da in der Alpenregion die Quartiere damals noch knapper waren und mein Budget schmal, wohnte ich immer in einer Pension, die von einer seit Jahren verwitweten Mitte Fünfzigerin und ihrer ca. 30 Jahre älteren Mutter mehr schlecht als recht betrieben wurde. Es gab nur ein paar Zimmer, zum Betrieb gehörte neben knapp ein paar hundert Metern eines excellenten Forellenbachs ferner eine kleine Landwirtschaft mit ein paar Kühen und Schweinen. Man residierte also gewissermaßen "mit Familienanschluß".
Als ich zum dritten oder vierten Mal dorthin kam, gehörte ich schon fast zum Inventar, nicht zuletzt, weil ich, wenn beim Fischen nix zu holen war, auch mal auf dem kleinen Hof mit anpackte. Ich rollte also gerade vors Haus, als die Großmutter mit einem leeren Eimer aus dem Schweinestall zurück kam. Der Anblick war bemerkenswert - eine kleine, stark gebückte Gestalt, in blau gemusterter Kittelschürze, die Arme bis über den Ellenbogen von den durchgemischen Essensresten besudelt, die sie gerade den Schweinen gebracht hatte.
"Naaa, der Heerr Rooobeeert, a so a Freid", kam etwas undeutlich, weil sie ihre Zähne nur an Sonn - und Feiertagen trug. "Jetz geh i aber glei rein und mach dir an Apfelstrudel, den magst doch so gern." Und weg war sie.
Ich brachte erst mal meine Klamotten in mein Zimmer, zog mich um und ging dann in die Küche, um mir einen Kaffee zu organisieren.
Da stand Großmutter am Küchentisch und knetete mit ihren knotigen Fingern nach Leibeskräften den Strudelteig, die Arme vom Teig verklebt und weiß bemehlt bis zum Ellenbogen. Oberhalb allerdings sah man noch sehr genau, was die Schweine an dem Tag bekommen hatten.