Qualitätsunterschied Wildbret zw. Schuß und Abfangen nach Bindung durch Jagdhund?

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Ein Waidmann wollte mir neulich weismachen, das Wildbret eines Stückes Schwarzwildes, welches durch eine Hundemeute gebunden und mit der Kaltwaffe abgefangen wird , wegen des Stresses vor dem Erlegen von schlechterer Qualität sei als wenn das Stück durch sauberen Schuß erlegt wird. (Unabhängig davon, ob auf Ansitz unverhofft oder auf Drückjagd flüchtig geschossen).
Ich dachte bisher, die Qualität wird maßgeblich durch das schnelle und saubere Ausbluten und entsprechende Kühlung und Reifung beeinflußt.
siehe auch: http://www.djz.de/jagdpraxis/2075-die-maer-vom-kuechenschuss

Mir fehlt der praktische Vergleich in einer Blindverkostung.

Was sagen die Experten?
 
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Gelöschtes Mitglied 3257

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Naja, weismachen wollte der Dir nichts sondern da ist schon was dran. Klar, sauberes Ausbluten etc. hat schon was für sich, aber da spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Was meinst Du, was die Sau noch an Stresshormonen etc. ausschüttet und welche Anspannung im Körper vorhanden ist, wenn X Hunde an ihr hängen? Da ist der Pegel beim Ansitz schon ganz ein anderer.
 
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ph-Wert-Unterschiede, Adrenalinzufuhr und Stresshormone werden in der Literatur erwähnt. Mich interessiert das faktische. Ich habe einen Artikel im "Jäger" von Ende 2012 gefunden. Da wurde eine solche Blindverkostung mit Schwarz- und Rehwild zwischen gehetzt und vom Ansitz erlegt gemacht und kein bzw. minimaler Unterschied festgestellt.
 
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Gelöschtes Mitglied 9935

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ph-Wert-Unterschiede, Adrenalinzufuhr und Stresshormone werden in der Literatur erwähnt. Mich interessiert das faktische. Ich habe einen Artikel im "Jäger" von Ende 2012 gefunden. Da wurde eine solche Blindverkostung mit Schwarz- und Rehwild zwischen gehetzt und vom Ansitz erlegt gemacht und kein bzw. minimaler Unterschied festgestellt.


Die Ausschüttung von Adrenalin/Noradrenalin hat eine Kaskade von Stoffwechselvorgängen zur Folge, welche in Notsituationen dem Organismus weiterhelfen können. Da aufgrund des Todes sich aber nicht mehr das ursprüngliche Gleichgewicht einstellen kann, bleibt dieser Zustand nahezu erhalten. Dies hat dann auch Auswirkungen auf die Fleischreifung und die nachfolgenden Verarbeitungsprozesse.

Ob diese Veränderungen aber sensorisch durch eine Verkostung (Zeitpunkt, Stressgrad!) erkannt werden können, hängt stark vom Gaumen der Verkoster sowie deren Gewohnheiten (z.B. Raucher vs Nichtraucher) ab.
 
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Gelöschtes Mitglied 15976

Guest
Die richtigen Stichworte sind ja schon genannt worden, es handelt sich dabei nicht um eine geschmackliche Abweichung sondern um eine Abweichung der Konsistenz.
PSE ( pale, soft, exudativ) ist zb für die Herstellung von Schinken ungeeignet weil es zu viel Wasser enthält und DFD ( dark, firm, dry) ist nur bedingt geeignet um Brühwurst herzustellen da diese dann bei zu großer beimischung Gummiartig in der Konsistenz werden kann , hat aber aber anderseits gute Wasserbinde Eigenschaften.
Hervorgerufen wird dieses durch Streß vor der Schlachtung.

Bei Schweinen tritt häufiger PSE auf und bei Rindern DFD.

Den Unterschied merkt man am ehesten beim kauen von DFDFleisch im vergleich zu normalem Fleisch.
 
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Wenn Du den Unterschied sehen willst, dann schwarte mal ne Sau ab, wo ein oder mehrere Hunde längere Zeit dran rumgelutscht haben. In allen Körperpartien, die in den Hundefang passen, hast Du Blutergüsse, Quetschungen etc. Je kleiner die Sau, je mehr Hunde, je Größer die Hunde und je länger der Kampf gedauert hat, umso schlimmer sieht das Stück aus. Unabhängig vom Stressgehalt im Fleisch und der Fleischqualität - die meisten Stücke haben wir als Hundefutter entsorgt und nicht in den Verkehr gebracht.

Zudem fehlt meistens die unbedingt nötige "Lebendbeschau" vor der Erlegung und die Möglichkeit, das Stück auf auffälliges Verhalten zu kontrollieren, was das "in Verkehrbringen" imho ausschließt.

Ich persönlich vermeide es wenn möglich, Wild von Drückjagden für den eigenen Verzehr zu verwenden. Gerade bei großen Drückjagden liegen die Stücke mitunter recht lange und die Darmbarriere ist oft schon durchbrochen bevor des Stück versorgt ist. Wenn Drückjagdwild, dann welches, was ich selbst erlegt und rechtzeitig aufgebrochen hab.

Ich hab vor längerer Zeit mal eine Studie gelesen, wonach Sauen, die an der Kirrung gestorben sind, mitunter einen höheren Stresshormonpegel hatten, als angerührte (nicht gehetzte!) Sauen auf Drückjagden.
 
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Zum zitierten Artikel und der Kritik am Träger und Hauptschuss:
Die Trefferflächen am Träger und Haupt sind relativ klein, gerade der Äserschuss kann bei Kopfschüssen vorkommen und führt zum elenden Verenden. DAHER sollte man sie lassen und keinesfalls propagieren.

Allerdings ist das Gehirn vermutlich das am besten mit "Blut" versorgte Organ im Körper nach Lunge und Herz. (Diese sind masgeblich für die Versorgung der übrigen Organe mit sauerstoffreichem Blut und daher stark durchblutet). Durch den Träger und durch das Hirn führen dementsprechend auch große Blutgefäße. Werden diese getroffen, blutet das Stück auch gut aus, oft sogar besser, als wenn das Herz getroffen, zerstört oder abgetrennt wird. Wie soll das Blut aus dem Körper gelangen, wenn die Pumpe abgestellt wird???
Ich habe den Eindruck, dass das Stück besser ausblutet, wenn der Brustraum nicht verletzt wird, aber große Gefäße außerhalb (am Träger oder Haupt) geöffnet werden. Das Herz hat meines Wissens einen eigenen Nerv und arbeitet weitestgehend unabhängig von Signalen des ZNS. Es wird also weiter pumpen, bis die Blutbahnen leer sind. Ich hab schon Sauen mit Kopfschuss gesehen, die lagen in Blutlachen (Schweiß könnte man da schon nommer sagen) die fast doppelt so groß wie das Stück selbst waren.
 
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Das dürfte eine Mittelstellung zwischen Fleisch von gehetzten Tieren und Bumm-um sein:
Bei gehetzten Tieren setzt die Totenstarre sehr schnell ein und löst sich auch schnell wieder. Das war der Grund, warum man früher das gehetzte Wildbret als zarter empfand. Es hatte aber nicht die Qualität von unserem bei Kühlung abgehangenem Fleisch.
Auch wenn man gehetztes Wild dann rasch in die Kühlung bringt: Es fehlt das Glykogen, das für die Milchsäurebildung zur Reifung notwendig ist.
 

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