Reh-Bocks erster Rehbock

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19 Apr 2006
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Nachdem ich letzte Woche zwei meiner Kinder sehr elegant per Klassenfahrt 'entsorgen' :wink: und die übrige Brut der Omi unterschieben konnte, war es mir möglich eine Jagdeinladung von einem Bekannten anzunehmen.
Also ging es am Montag per Flieger gen Osten.
Kaum angekommen, wurde ich mit dem Programm zur Jungjägerweiterbildung vertraut gemacht. Am Abend stand als erstes die Fuchsbejagung an. Ich wurde an einen vielversprechenden Platz gefahren an dem angeblich der Fuchs immer gegen 21 Uhr vorbeikommen sollte. Und was passierte um 21 Uhr? Der Fuchs kam tatsächlich (gute Erziehungsarbeit durch den Pächter, Respekt! :lol: ).
Also wurde ich ermutigt (sprich: sanft aus dem Auto geschubst) ihm einen Schuss anzutragen. Brav versuchte ich möglichst leise auf der Motorhaube anzulegen, flehte den Fuchs (natürlich völlig lautlos) an doch stehen zu bleiben und als er es tatsächlich tat, ließ ich fliegen (ca. 100 m Schussentfernung, Kal. .222). Der Fuchs flüchtete ein paar Meter in eine angrenzende Wiese, dann sah ich ihn nicht mehr.
Also blieben zwei Möglichkeiten:
1) Ich habe gefehlt bzw. nur angebleit und er hat sich in der Wiese verdrückt oder
2) nach ein paar Metern Flucht liegt er in der Wiese.
Trotzdem ich der Meinung war gut abgekommen zu sein, befürchtete ich Punkt 1), während *** sich sicher war, dass der Fuchs liegt.
Also schnell zum vermuteten Anschuss (hoppla, sah die Wiese doch in 100 m Entfernung gaaaanz anders aus, wo verdammt war der Fuchs als ich ihn beschossen habe???) und auch in der Wiese nachgeschaut, ob der Fuchs dort liegt.
Zu meinem Entsetzen: Kein Fuchs, kein Schweiß.
Also flugs ins Auto und den Hund nebst Hundeführerin geholt. Nach wenigen Minuten hatte der Hund Erfolg, da lag mein Fuchs. Trotz eines guten Schusses ist er noch ein paar Meter gegangen (wahrscheinlich nur, um die Jungjägerin so richtig zu verunsichern!). Nun wurden die obligatorischen Fotos gemacht, der Fuchs verpackt und danach noch ein wenig totgetrunken.
Am nächsten Morgen war dann Wecken um drei Uhr angesagt :oops: , nach einem Becher Kaffee gingen die Klüsen dann auch auf. Um vier saß ich dann auf der mir zugewiesenen Kanzel auf den Rehbock an. Frei waren alle Böcke, deren Gehörn weniger als lauscherhoch war. Tja, kaum saß ich, fing es auch schon an wie aus Eimern zu schütten. Zwei Stunden später hörte es dann endlich auf zu regnen, aber kurz danach machte sich am Waldrand, an dem der Bock gewöhnlich austritt, ein freundlicher Herr zu schaffen. Da hatte das Böckchen wohl keine Lust mehr sich zu zeigen. Aber Hasen ansprechen macht ja auch Spaß..... Um halb 9 wurde ich dann abgeholt um mich ersteinmal bei Kaffee und Brötchen zu stärken.
Nachmittags ging es dann weiter mit einer Lektion in der Hundeausbildung, Apportieren der Ente aus dem Wasser und Federwildschleppe. Vielen Dank der Hundeführerin für diese lehrreiche Demonstration.
Danach ging es gleich weiter mit der Blattjagd. Drei Stunden versuchte der liebe *** mit Engelsgeduld an verschiedenen Orten im Revier den gewünschten Bock herbeizublatten. Leider hatten die Böcke offensichtlich andere Pläne.
Auch dieser schöne Tag klang gemütlich bei einem Fläschchen Bier aus.
Am nächsten Morgen (wie könnte es anders sein) Wecken um drei Uhr. Nachdem meine Augen durch eine hohe Kaffeedosis wieder sichtbar wurden, prüfte *** den Wind und beschloss, dass die gestrige Kanzel auch für den heutigen Morgen die richtige sei. Und da ich das Revier ja nun kenne und auch mit dem Geländewagen umgehen könne (ob er sich da wirklich sicher war, ich bin doch weiblich :shock: ), soll ich alleine dort hin fahren. Nun also keine Schwäche zeigen und ab durch die Mitte. Auf halben Weg fiel mir dann auf, ich habe das Fernglas vergessen. Also alle wieder aus dem Bett geklingelt (peinlich, peinlich) und los zum zweiten Versuch. Gottlob habe ich die Kanzel dann ohne Probleme gefunden und es mir bequem gemacht. Nachdem es ausreichend hell war, habe ich mit dem Entfernungsmesser alle markanten Punkte vermessen um mich nicht völlig mit der Entfernung zu verschätzen.
Um 6 Uhr war es dann so weit, der Bock trat aus. Schnell das Glas hoch. Ja, ich glaube, dass ist der Richtige. Aber schon verschwand er wieder im Wald. Enttäuschung macht sich breit, ob er wohl wiederkommt?
Glück gehabt, schon um 6 Uhr 20 Uhr tritt er wieder aus. Wieder versuche ich ihn durch das Glas genau anzusprechen, Gehörn knapp lauscherhoch, wenig vereckt. Also der Richtige! Oder doch nicht? Die Zweifel wachsen, habe ich wirklich richtig geguckt? Also nochmal das Glas hoch oder gehts besser im Zielfernrohr? Ich schaue also immer wieder, während der Bock im Klee äst. Und dann bin ich mir sicher: Es ist der passende. Jetzt also allen Mut zusammennehmen, ein paar Mal tiiiief durchatmen (der Puls muss wieder 'runter!) und warten, bis der Bock passend steht. Nochmal schauen, wo er genau steht, damit ich den Anschuss auch finden kann (hab ja am Montag was gelernt).
Und dann fiel der Schuss! Der Bock ging hoch, wendete um 180 Grad und verschwand mit hoher Geschwindigkeit mit ein paar Sprüngen im Wald. Schon waren sie wieder da, die Zweifel. Habe ich ihn anständig getroffen? Oder doch gefehlt?
Jetzt ruhig bleiben und alles richtig machen. Entfernung des Anschusses nachmessen (134 Meter), Stelle des Überwechseln in den Wald merken. Noch ein paar Minuten warten. Dann habe ich den Repetierer gepackt, abgebaumt und bin zum Anschuss gegangen. Nichts zu sehen, kein Schweiß! Auch am Wechsel nichts zu sehen.
Also ran ans Telefon und *** angerufen und berichtet.
Schnell wurde der Hund samt Hundeführerin von *** eingepackt und sie machten sich auf den Weg. Eine halbe Stunde (oder eine Ewigkeit :wink: für mich) später trafen sie an der Kanzel ein.
Nochmals alles erzählen und die beide erfahrenen Jäger meinten, sie würden schon mal Ausschau nach einer Eiche halten (Dank an dieser Stelle für das Wiederaufrichten einer völlig geknickten Jungjägerin). Aber auch diese Beiden konnten keinen Schweiß oder andere Pirschzeichen entdecken. Nun musste der Hund es richten. Zweimal wurde er am Wechsel in den Wald angesetzt, zweimal ging es tief in den Wald hinein, kein Schweiß, nichts. Das Gebirge auf meinem Herzen wurde immer größer. Wieder am Wechsel angekommen, hielt der Hund plötzlich die Nase in den Wind, schlug einen ganz anderen Weg ein und war schon wenige Meter weiter am Ziel: Da lag mein Bock!
Selten war ich wohl so erleichtert gewesen. Den Bock habe ich dann auf die Wiese getragen, er bekam seinen letzten Bissen. Der Schützenbruch wurde mir mit einem kräftigen Weidmannsheil überreicht, ein Teil davon ging natürlich an die Hundeführerin bzw an den Dackel, der natürlich auch noch einmal kräftig geknuddelt wurde. Dann wurde der Bock unter Anleitung aufgebrochen, nun konnte ich auch meinen Schuss begutachten, Tiefblatt ohne Ausschuß (Kal. .222), daher auch kein Schweiß, das nächste Mal werde ich auf diese Entfernung doch auf ein anderes Kaliber zurückgreifen.
Mensch, war ich glücklich, dass der Bock lag und der Schuss nicht der Schlechteste war!!!
Trotz dieses tollen Ereignisses ging es mit meiner Ausbildung schon Mittags weiter. *** weihte mich in die Geheimnisse der Waffenpflege ein. Solvent, Tombaklöser, Aceton, Waffenöl und all die anderen Sachen sind mir jetzt kein Buch mit sieben Siegeln mehr (sondern nur noch mit einem Siegel :wink: ).
Zum Abschluss des Tages bin ich dann noch mit zur Schliefenanlage zur Einarbeitung eines jungen Dackels gefahren. Eine interessante Erfahrung!
Natürlich wurde auch der Bock noch am gleichen Tag totgetrunken, die Rehleber hat dazu seeeehr lecker geschmeckt.
Am nächsten morgen habe ich dann meinen Bock aus der Decke geschlagen und zerwirkt.
Und dann hieß es schon wieder Kofferpacken und Abschied nehmen.

Reich beschenkt mit vielen neuen Erfahrungenund Erlerntem, einer Trophäe, dem gesamten Wildbret meines Bockes, aber vor allem mit der Gewissheit neue Freunde gewonnen zu haben, trat ich dann meinen Heimweg an.
An diese drei wunderschönen Tage werde ich mich immer gerne erinnern!

WH Ute
 
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Weidmans Heil zum ersten Bock!Dieses Erlebnis wirst du dein ganzes Leben nicht vergessen!


Lille Krengel
 
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Sehr schöner Bericht!
Vorbildliches Verhalten einer Jungjägerin!

Waidmannsheil - auch auf deinen weiteren Wegen,
wünscht Dir
M&M
 
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Weidmannsheil zu Fuchs und Bock!! Mir scheint da hat ein vorbildlicher Pächter eine dankbare Jungjägerin gefunden die sich der Erfahrung der anderen nicht verweigert hat und durch Beratungsresistenz geglänzt hat!! :D :D

Der erste Fuchs und auch der erste Bock werden Dir wohl noch lange in Erinngerung bleiben. Sehr schön wenn es ein so schönes WE war was Du behalten kannst!!

Target
 
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8 Jul 2006
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Schön erzählt!
Kräftiges Waidmannsheil zum ersten Fuchs und Bock! :D
Gruß F 8)
 
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Kräftiges Weidmannsheil!


Edith schmeisst die Kaliberkommentare raus - die waren aber nicht böse gemeint :D
 
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man muss nur wissen wo es weh tut;-)
aber mal scherz beiseite, bisschen mehr schadet auch nicht
 
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@Reh-BockJau, Weidmannsheil zum Erlebten.
@An die anderen, bitte hier keine Kaliberdiskussion lostreten, es soll doch in schöner Erinnerung bleiben.
Grüße Günter
 
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WAIDMANNSHEIL ! Klasse geschrieben ,man(n) fiebert förmlich mit ! :) Gruß vom Waldgeist
 
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Waidmannsheil zu deinem ersten Rehbock! :D
Den Bericht hast Du schön geschrieben.
Viele Grüße

Moritz
 
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Waidmannsheil Ute!
Der erste Bock bleibt unvergessen und dann noch die Kombi mit Reineke: sauber!
 
D

Desi-Reh

Guest
Auch von mir Waidmanns(frau)heil.. :wink:

Liebe Grüße Desi-Reh
 

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