Ich will den TS ja nicht frustrieren, aber wurde hier schon mal über das Konzept der kompensatorischen Mortalität gesprochen?
Falls nein, in zwei Absätzen: In der Natur herrscht ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Kommen und Gehen. Eine Art produziert nachhaltig soviel Zuwachs, daß die von den Habitatanforderungen mögliche Population angesichts der im Lebensraum vorhandenen Sterblichkeitsfaktoren erhalten bleibt. Egal, wieviel man erlegt, der Jäger ist nur ein Sterblichkeitsfaktor unter vielen, was der nicht nimmt, bekommt die Straße oder Parasiten oder irgendeine Seuche oder der Hunger oder der Schnee oder der Wolf oder der Kreiselmäher etc.
Eine Übernutzung des Zuwachses führt damit zunächst dazu, daß die Wahrscheinlichkeit sinkt, einem der anderen Sterblichkeitsfaktoren zum Opfer zu fallen. Die Gesamtpopulation wächst wieder. Eine Unternutzung des Zuwachses hingegen hat zur Folge, daß die Gesamtpopulation steigt. Damit steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, einem der anderen Sterblichkeitsfaktoren zum Opfer zu fallen. Die Gesamtpopulation sinkt wieder.
Das gilt für abgeschlossene Räume. Ein Revier ist nur bedingt als abgeschlossen zu betrachten. Je kleiner das Revier, desto unerheblicher ist die Abschußhöhe, Prinzip der kommunizierenden Röhren, Zu- und Abwanderung regeln die Verteilung in erster Linie. Die Festlegung von Abschußquoten dient ursprünglich dazu, daß alle gleichermaßen den vorhandenen Bestand nutzen. Das Konzept der Gerechtigkeit.
Die entscheidende Größe für eine nachhaltige Bewirtschaftung ist die Biotopkapazität und der sich daraus ergebende Zuwachs. Die Biotopkapazität für Rehwild ergibt sich aus dem Standort (Leistungsfähigkeit der Böden plus Klima) und den Mitessern. Am einen Ende Auenlandschaften, am andern Dünensande. Die landwirtschaftliche Nutzung ist in der Beziehung nicht eindeutig, da mit Kunstdünger und Bewässerung Verhältnisse geschaffen werden können, die denen im benachbarten Wald nicht entsprechen.
Störungsfaktoren spielen für Rehwild bei der Biotopkapazität nicht die Rolle wie z.B. bei Rotwild. Rehe werden einfach unsichtbar, fertig.
Die höchsten tragbaren Populationsdichten hab ich im Ries erlebt, da dürften nachhaltig um die 30 auf 100ha möglich sein, die geringsten in der Lüneburger Heide, dort ist es grade noch für Rauhfutterverwerter wie Rotwild attraktiv, Rehe tun sich schwer, 3 auf 100 ha dürfte viel sein.
Angesichts der kompensatorischen Mortalität ist in vielen Bereichen sehr viel mehr möglich an Abschöpfung des Zuwachs, als man meint. Die Grenze wird eher durch die Bejagbarkeit gegeben, irgendwann stehen Aufwand und Ergebnis in keinem Verhältnis mehr. Daher wird der TS vllt feststellen, daß die Höhe des Abschusses in seinem Revier langfristig völlig anderen Parametern folgt, als von der Natur vorgegebenen. Vermarktbarkeit, verfügbare Zeit für Ansitz- und Verarbeitung, Verhältnis zu Nachbarn und Verpächter, Verfügbarkeit von Mitjägern etc.