Rewilding

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Und die nächsten kommen, so läuft das in der Steppe. ;)

Bei uns wäre die Landschaft mit Megaherbivoren vielgestältiger als ohne. Die würden Lichtungen offen halten, manchmal auch GROßE Lichtungen, und deutliche Einflüsse auf die Strukturen haben. Große Beutegreifer würden das weiter modulieren, durch ihren Einfluss auf das Raum-Zeit-Verhalten vor allem. Geschlossene Buchenwälder könnten sich stellenweise vielleicht etablieren, weil die keine Bodenvegetation in ausreichendem Maße zulassen, aber das könnten ein paar Lichtschächte nach Sturm und Wildrinder auch wieder beenden. Viele aktuelle Rote-Liste-arten wären davon verschwunden, viele Offenlandarten aber dafür (noch) drauf. Die Lenkung des Systems zur Produktion von z.B. Feldfrüchten oder Nutzholz wäre schwieriger und man müsste mit Einbußen gegenüber dem Status quo leben (ob die Entwicklung der Landwirtschaft hier MIT Großtieren überhaupt so wie abgelaufen möglich gewesen wäre ist auch fraglich). Oder man technisiert alles, rottet die Großtiere (regional) aus und ist glücklicher Rohholz- oder Agraringenieur.
 
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Und die nächsten kommen, so läuft das in der Steppe. ;)

Bei uns wäre die Landschaft mit Megaherbivoren vielgestältiger als ohne. Die würden Lichtungen offen halten, manchmal auch GROßE Lichtungen, und deutliche Einflüsse auf die Strukturen haben. Große Beutegreifer würden das weiter modulieren, durch ihren Einfluss auf das Raum-Zeit-Verhalten vor allem. Geschlossene Buchenwälder könnten sich stellenweise vielleicht etablieren, weil die keine Bodenvegetation in ausreichendem Maße zulassen, aber das könnten ein paar Lichtschächte nach Sturm und Wildrinder auch wieder beenden. Viele aktuelle Rote-Liste-arten wären davon verschwunden, viele Offenlandarten aber dafür (noch) drauf. Die Lenkung des Systems zur Produktion von z.B. Feldfrüchten oder Nutzholz wäre schwieriger und man müsste mit Einbußen gegenüber dem Status quo leben (ob die Entwicklung der Landwirtschaft hier MIT Großtieren überhaupt so wie abgelaufen möglich gewesen wäre ist auch fraglich). Oder man technisiert alles, rottet die Großtiere (regional) aus und ist glücklicher Rohholz- oder Agraringenieur.
Das ist zwar alles richtig,was ihr da diskutiert,jedoch ist dabei ein wesentlicher Knackpunkt entscheidend: Die Infrastruktur in Mitteleuropa ist eine andere.Das klappt nur unter großflächiger Zäunung und ist allein schon aus diesem Grund illusorisch und bleibt immer nur ein Versuchsobjekt.
 
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Es geht nicht um die (vollständige) Umsetzung, sondern um die Implikationen für unsere Ansätze im Ökosystemverständnis und auch Naturschutz.
 

z/7

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Und die nächsten kommen, so läuft das in der Steppe. ;)

Bei uns wäre die Landschaft mit Megaherbivoren vielgestältiger als ohne. Die würden Lichtungen offen halten, manchmal auch GROßE Lichtungen, und deutliche Einflüsse auf die Strukturen haben. Große Beutegreifer würden das weiter modulieren, durch ihren Einfluss auf das Raum-Zeit-Verhalten vor allem. Geschlossene Buchenwälder könnten sich stellenweise vielleicht etablieren, weil die keine Bodenvegetation in ausreichendem Maße zulassen, aber das könnten ein paar Lichtschächte nach Sturm und Wildrinder auch wieder beenden. Viele aktuelle Rote-Liste-arten wären davon verschwunden, viele Offenlandarten aber dafür (noch) drauf. Die Lenkung des Systems zur Produktion von z.B. Feldfrüchten oder Nutzholz wäre schwieriger und man müsste mit Einbußen gegenüber dem Status quo leben (ob die Entwicklung der Landwirtschaft hier MIT Großtieren überhaupt so wie abgelaufen möglich gewesen wäre ist auch fraglich). Oder man technisiert alles, rottet die Großtiere (regional) aus und ist glücklicher Rohholz- oder Agraringenieur.
Mir ging es nicht darum, was hier wäre wenn, sondern darum, daß es höchst überflüssig ist, weitere Experimente anzustellen um herauszufinden, was wäre wenn. Weil wir es erstens vom Prinzip her an genügend Beispielen weltweit nachvollziehen können, und zwar erheblich aussagekräftiger als an den Handtüchern, die in Mitteleuropa zur Verfügung stehen, weswegen es auch zweitens von vorneherein klar ist, daß jegliche aus einem Handtuch abgeleitete Erfahrung notwendig nur die halbe Wahrheit erzählt. Megaherbivoren sowie (sic!) die einhergehenden Großprädatoren sind bei uns zumindest Geschichte. Wer das nicht akzeptieren kann, muß sich Zoohaltung vorhalten lassen. Kann man bedauern, aber das gilt auch für den Osterhasen und den Weihnachtsmann.
 
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Ohne jetzt themenspezifischer Fachforist zu sein, würde sich mir der Gedanke aufdrängen, bei dem sogenannten Rewilding müsse es sich doch eigentlich um einen eher passiven Vorgang handeln, bei dem man sich einfach raushält und die Natur macht, was sie für richtig hält.
Den Links entnehme ich aber, dass hier wieder Eingriffe geplant sind und im Endeffekt die Renaturierung unter Gesichtspunkten dessen ablaufen soll, was sich irgendwer für eine bestimmte Region vorstellt.
Rewilding stellt im Sprachlichen ein Oxymoron, also einen Widerspruch in sich, dar, weil ein aktiv gestaltetes Verwildern eben keines ist, sondern eine Form menschlichen Kunstschaffens - so schon bei Goethe in "Novelle" nachzulesen. Es handelt sich dann bei dem Ergebnis nicht um Wildnis, sondern bestenfalls um Habitatskunst.
Oder liege ich da falsch?
 

z/7

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Apropos Goethe. Dr. Faustus wäre einschlägig. Ebenso 1. Buch Mose, Vers 3, 1 - 24. Jetzt haben wir den Salat.

Ich halte nichts von Versuchen, die Welt aufzuteilen in Bereiche mit Menschen und Bereiche ohne Menschen. Warum? Weil auch die Bereiche mit Menschen nicht funktionieren ohne ein Mindestmaß an ökologischem Grundgerüst. Dann lieber zusehen, daß wir das funktionsfähig erhalten mit den Bausteinen, die essentiell sind. Das sind die unteren trophischen Ebenen. Völlig unsensationelle Gräser, Mikroben, Ameisen. Was an höheren Lebewesen benötigt wird läßt sich auch durch weniger raumbedürftige Spezies darstellen als Megaherbivoren und ihre Prädatoren. GsD haben wir noch Ecken auf dem Planeten, wo diese ungestört existieren können. Warum kann man es nicht dabei belassen? Es gibt dringlichere Probleme, bei deren Bewältigung derartige Versuche mindestens ablenken, meist jedoch abträglich sind. Von negativen Erscheinungen wie Oostvardersplassen ganz zu schweigen. Ist ja nett, wenn die Beweidung funktioniert um die Fläche freizuhalten. Noch netter wäre, wenn die überschüssigen Tiere nicht einfach verrecken müßten, sondern das ganze im Rahmen genutzt würde. Bei der Flächengröße die einzig logische Konsequenz. Wird überall so gehandhabt von zahlreichen Landwirten. Win-win. Halt wenig sensationell...
 
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Ich finde die Grundidee, bei unserem Handeln längst verdrängte Wildtiere zu berücksichtigen und ihnen, da wo es möglich ist wieder einen Lebensraum zu bieten, sehr gut.
Ich finde es jedoch wichtig, dass man Sachen gemeinsam angeht und versucht eine für alle Beteiligten zufreidenstellende Lösung zu finden.
Wir sind nunmal nicht alleine und es bestehen verschiedene Interessen (Forst, Landwirtschaft, Erholung, Siedlung, etc. ...die Liste ist lang)
Ich denke da zum Beispiel an Rotwild, dass in vielen Gegenden mit allen oder zumindest mit einigen der genannten Interessen in Konflikt gerät.
Auch würde mir der Luchs einfallen, welcher Vielerorts mit Vorurteilen konfrontiert ist und nicht überall willkommen ist.
Was ich eingentlich sagen möchte ist, dass ich persönlich in Deutschland leider wenig Chancen für die Verbreitung von großen Carnivoren (z.B. Bär (Luchs hingegen schon)) und Herbivoren (z.B Wildrinder oder -pferde) sehe, da dieses mit ihren Ansprüchen für viele Konflikte sorgen würden.
Ich habe keines Wegs etwas gegen die Idee oder gegen diese Wildtiere.
Ich finde es auch gut und richig auch auf diese Tiere zu schauen.
Jedoch sehe ich deren (Bär, Wildrind, Wildpferd etc.) Anforderungen und Lebensräume als in Deutschland nicht gegeben.

Allgemein fände ich es unfair dabei jemandem etwas aufzuzwingen oder vorzuschreiben, denn letzendlich muss so ein Projekt von allen gewollt und getragen werden. Gerade an dieser Stelle werden immer wieder die Leute vor Ort übergangen und das sollte meine Meinung nach nicht sein, da es zu weniger Akzeptanz führt und letzlich dem gesamten Projekt und somit auch der Tierart an sich schadet.
Deshalb sollte man sich vorher über Konsequnzen, Probleme und Einbußen, finanzieller oder sonstiger Art bewusst sein.
Und nur wenn alle Beteiligenten sich einig sind, kann man etwas bewirken.

Ich möchte aber keinem etwas vorschreiben und auch nicht so wirken als wäre meine Meinung die einzig wahre oder als hätte ich die Weißheit mit dem Löffel gefressen.
Ich möchte hiermit lediglich meine Bedenken, bezüglich potentieller Probleme, welche mit größeren Carni oder Hebivoren in unserer zersiedelten Kulturlandschaft entstehen könnten, äußern.
Ich freue mich über Denkanstöße, andere Meinungen oder Kritik.

Anmerkung: Nur falls der Eindruck entstanden ist, ich fühle mich übringens durch niemanden übergangen oder dergleichen.

freundliche Grüße und Waidmannsheil
 
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Am Beispiel der Wisente sieht man, wie die Idee eines Großgrundbesitzers, der Spaß an diesem und jenem hatte, aus dem Ruder läuft, weil selbst großer Grundbesitz für solche Arten klein ist und Wildtiere keine Eigentumsgrenzen kennen. Es gibt doch schon genügend Konflikte zwischen Wildtieren und Menschen in Wald, Offenland und Stadt. Warum die Konflikte um weitere Beispiele "bereichern", wenn man schon die vorhandenen kaum/nicht lösen kann?!
 
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Den Links entnehme ich aber, dass hier wieder Eingriffe geplant sind und im Endeffekt die Renaturierung unter Gesichtspunkten dessen ablaufen soll, was sich irgendwer für eine bestimmte Region vorstellt.

Jaein. Beim Rewilding wird ein Anstoß gegeben, dann sollte das weitestgehend laufen gelassen werden. Statt Wisentfreisetzung kann man auch eine Flussrenaturierung mit Beseitigung von Spundwänden und Zulassung einer Mäandrierung als Beispiel nehmen.

Rewilding stellt im Sprachlichen ein Oxymoron, also einen Widerspruch in sich, dar, weil ein aktiv gestaltetes Verwildern eben keines ist, sondern eine Form menschlichen Kunstschaffens -

Das ist dann aber ganz großes Impro-Theater im Gegensatz zu einem Gemälde. ;)


Ich halte nichts von Versuchen, die Welt aufzuteilen in Bereiche mit Menschen und Bereiche ohne Menschen.

Das hängt davon ab, wie groß die Bereiche sind. Einige "Prozessschutzflächen" mit wenig menschlichem Einfluss als Beobachtungsflächenund Ausgleich für z.B. sehr intensiv beeinflusste Gebiete wie München oder Berlin sind IMHO nicht verkehrt.

Warum? Weil auch die Bereiche mit Menschen nicht funktionieren ohne ein Mindestmaß an ökologischem Grundgerüst.

Richtig, Mindestmaß. Hier geht es aber um mehr.

Dann lieber zusehen, daß wir das funktionsfähig erhalten mit den Bausteinen, die essentiell sind.

Das ist mir zu wenig, weil das das absolute Minimum ist, also quasi selbstverständlich.

Was an höheren Lebewesen benötigt wird läßt sich auch durch weniger raumbedürftige Spezies darstellen als Megaherbivoren und ihre Prädatoren.

Eben nicht. Es besteht ein ziemlicher Unterschied zwischen Hasen und Wisenten hinsichtlich Einfluss auf die Vegetation. Und z.B. den selektiven Einfluss von Prädatoren kannst Du als Jäger nur mengenmäßig imitieren, nicht aber deckungsgleich qualitativ.

GsD haben wir noch Ecken auf dem Planeten, wo diese ungestört existieren können. Warum kann man es nicht dabei belassen?

Warum kann man nicht ein bisschen mehr Chaos und Unordnung HIER zulassen? Muss man immer die Artenschutzkosten etc. nach dem NIMBY-Prinzip exportieren? Ich wiederhole: es geht nicht darum, die gesamte Landschaft umzugestalten, sondern nur eine größere natürliche Dynamik zuzulassen.

Warum die Konflikte um weitere Beispiele "bereichern", wenn man schon die vorhandenen kaum/nicht lösen kann?!

Weil das an der Amateurhaftigkeit der Akteure liegt, die man überkommen kann und weil man enorme Auswirkungen damit erzielt, z.B. praktisch zu demonstrieren, dass das Paradigma der großräumig geschlossenen Buchenwälder historisch und naturschutzfachlich falsch und eben nicht "naturgemäß" ist.
 

z/7

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Ich wiederhole: es geht nicht darum, die gesamte Landschaft umzugestalten, sondern nur eine größere natürliche Dynamik zuzulassen.
Wölfe und Wisente werden aber genau das tun. Die GESAMTE Landschaft umgestalten. Weil denen bzw. Den Leuten, die meinen wir brauchen sie hier, eben ein paar Tausend ha nicht genügen.
dass das Paradigma der großräumig geschlossenen Buchenwälder historisch und naturschutzfachlich falsch und eben nicht "naturgemäß" ist.
Wollen bzw. Müssen wir das überhaupt rausfinden? Ich denke, ds gibt derzeit wichtigeres, als Elfenbeinturm-Hypothesen zu widerlegen oder zu bestätigen. Insbesondere, wenn man sich den Preis anschaut, der dafür zu entrichten wäre.
Das ist mir zu wenig, weil das das absolute Minimum ist, also quasi selbstverständlich.
Ich spreche nicht vom Minimum, sondern davon, daß es besser ist für alle, das, was vertretbar ist bei commensaler Nutzung, so gut wie möglich zu machen, statt Wolkenkuckucksheimen hinterherzurennen, mit denen man mehr kaputt macht als gewinnt.
 
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Vielleicht währe eine Umbenennung in Rehwilding angebracht,wenn sich der Graue weiter so ausbreitet.
 
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Wölfe und Wisente werden aber genau das tun. Die GESAMTE Landschaft umgestalten. Weil denen bzw. Den Leuten, die meinen wir brauchen sie hier, eben ein paar Tausend ha nicht genügen.

Nein, werden sie nicht. Der Wolf ist hier flächendeckend und dei Landschaft ist nciht umgestaltet und die Wisente stehen knapp hinetr der Grenze in Polen und da sieht es auch noch verdammt nach mitteleuropäischer Agrarlandschaft aus. Veränderungen gibt es im Kleinen.

Wollen bzw. Müssen wir das überhaupt rausfinden? Ich denke, ds gibt derzeit wichtigeres, als Elfenbeinturm-Hypothesen zu widerlegen oder zu bestätigen. Insbesondere, wenn man sich den Preis anschaut, der dafür zu entrichten wäre.

Das hat nichts mit Elfenbeinturm zu tun, sondern direkte Auswirkungen auf z.B. "naturgemäße" oder sonstige Waldbau- und Naturschutzvorstellungen.

Ich spreche nicht vom Minimum, sondern davon, daß es besser ist für alle, das, was vertretbar ist bei commensaler Nutzung, so gut wie möglich zu machen, statt Wolkenkuckucksheimen hinterherzurennen, mit denen man mehr kaputt macht als gewinnt.

Du machst aber nichts "so gut wie möglich" wenn Du eindeutige Belege dafür, dass das zu wenig ist was Du tust, ignorierst.
 

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