Rückstoß ist eine komplizierte Angelegenheit, hängt von Schaftform und Balance und was weiß ich noch ab.
Ich hatte mal eine Witworth .458 Win Mag. Schoß sich sehr angenehm. Dann kaufte ich eine zweite 98er .458 Win Mag als Reserve .
Das war eine absolute Katastrophe, echte Dreipunktwaffe vom Rückstoß her (An einem Punkt liegt nach dem Schuß das Wild, am zweiten die Waffe, am dritten der Schütze...) keine Ahnung, woran es lag, glaube der Schaft war gerader- war sie bald los...
Gehen die Rückstoßkräfte nicht nur nach hinten, sondern auch nach oben???
1995 schrieb ich mal einen Artikel in Wild und Hund über Rückstoß und Mündungsbremsen, ist etwas lang für das Forum, ich versuchs mal, bitte kreuzigt mich nicht......
Rückstoßbremsen
Mancher stöhnt, wenn ihm beim Abdrücken die Waffe in die Schulter fährt, oder der Finger im Abzug gestaucht wird. Wodurch entsteht diese Kraft ?
Beim Schuß wird durch die explodierende Wirkung der Pulvergase das Geschoß nach vorn getrieben und gleichzeitig die Waffe zurückgestoßen. Naturgemäß wirkt die Hauptkraft des Rückstoßes auf die Schulter, nur ein ganz geringer Teil wird durch die Hand am Kolbenhals, etwas mehr bei Präzisionsschüssen fördernden Daumenloch-Schäften, aufgefangen.
Die Geschwindigkeit des Rückstoßes VR wird vom Schützen viel deutlicher wahrgenommen als die Energie des Rückstoßes ER.
Verschiedene Kräfte bewirken zusammen den Rückstoß: Geschoßgewicht G, Ladungsgewicht L, Raketeneffekt ß, Waffengewicht W und Mündungsgeschwindigkeit V.
Mathematisch geht das in die Formeln so ein:
Rückstoßgeschwindigkeit VR (m/s) = G + ß x L x V
W
Rückstoßenergie ER ( mkp) = ( G + ß x L ) 2 x V2
2 x 9,81 x W
Da Mündungsgeschwindigkeit, Geschoßgewicht und Ladungsgewicht durch die Laborierung und ballistischen Eigenschaften vorgegeben sind, die mit dem Lauf die beste Präzision bringen, bleibt nur die Möglichkeit der Beeinflussung der Rückstoßkräfte über den Raketeneffekt oder das Waffengewicht. Wer aber sportliche Jagd praktiziert und seine Waffe selber trägt, wird froh sein über jedes Gramm, das vom Hersteller eingespart ist. Rückstoßdämpfer einzubauen, die das Waffengewicht erhöhen, halte ich für den falschen Weg.
Es bleibt daher nur der Raketeneffekt übrig: So wird der Impuls der ausströmenden Pulvergase nach dem Austreten des Geschosses aus der Mündung bezeichnet. Bei der Panzerfaust tritt er kaum auf, da diese ein nach hinten offenes Rohr hat.
Die verschiedenen modernen Mündungsbremsen greifen denn auch hier an und versuchen, die Pulvergase umzulenken und seitlich austreten zu lassen. Leider hat diese Methode meist den unangenehmen Pferdefuß, die Schallwellen nach seitlich und hinten zu dirigieren und damit eine schmerzhafte Erhöhung des Schußknalls zu erzielen.
Man darf sich bei der Beurteilung der Dezibelwerte aber nicht an den reinen Zahlen orientieren, so bewirkt eine Schalldruckerhöhung um "nur" fünf Dezibel im Empfinden eine Verdoppelung des Lärms ! Außerdem ist die direkte Wirkung des Schusses mit einer Mündungsbremse auf seitlich stehende Personen ungemein stärker, man muß diese Situation immer bedenken und eventuell auf einen Schuß verzichten, um keinen Schaden anzurichten. Schließlich befindet man sich mit rund 130 Dezibel in einer Region des Schalldrucks, in der bleibende Hörschäden gesetzt werden. Ab 85 Dezibel schreibt die Berufsgenossenschaft Hörschutz vor.
Auch die Form des Schaftes geht ein in das Fühlen des Rückstoßes, so bewirken Schäfte mit fallendem Hinterschaft, wie der elegant geschwungene Monte-Carlo-Schaft, eine stärkeres Rückstoßgefühl. Da die Mündung des Gewehres beim Schuß nach oben springt, werden die ohnehin schon ungleichmäßig verteilten Kräfte bei dieser Schäftung noch stärker punktförmig konzentriert.
Im Idealfall läuft der Schaft in der Verlängerung des Laufes gerade zur Schulter und liegt dort breitflächig auf, um die Rückstoßkomponenten auf eine größere Fläche zu verteilen. Das abgebildete Kurzgewehr zeigt dies fast perfekt.
Auch die Lauflänge wirkt sich über den Raketeneffekt auf die Rückstoßkräfte aus: Je kürzer der Lauf, desto höher der Mündungsgasdruck und desto höher die Strömungsgeschwindigkeit der Pulvergase an der Mündung, dementsprechend wird die Waffe mehr stoßen
Um alle Details der Rückstoßkräfte zu messen und für das Empfinden des Schützen zu werten, wäre ein sehr komplizierter und teurer Versuchsaufbau nötig. Da meine "Bordmittel" ausreichen müssen und der Test der verschiedenen Mündungsbremsen einfach nachvollziehbar sein muß, wurde folgender Versuchsaufbau gewählt:
Die Waffe - französisches Kurzgewehr Crapahute - im mittleren Magnumkaliber .375 Holland und Holland wird auf einen Schießbock gelegt. Dieser steht mit drei Sockeln aus hartem Kunststoff auf Glasplatten. Damit ist die Reibung sehr gering, durch den Rückstoß federt die Waffe wie eine Geschützlafette zurück.
Die Waffe ist mit einem Gewinde versehen, auf das die Mündungsbremsen aufgeschraubt werden. Es wird immer ein Schuß ohne und mit Mündungsbremse der gleichen Munitionssorte abgefeuert und das Zurückgleiten ohne und mit Mündungsbremse gemessen. Der Schuß wird durch leichtes Berühren des Stechers mit einem Stock ausgelöst.
Natürlich ergeben diese Messungen keine absoluten, wissenschaftlich gültigen Werte, sondern nur eine orientierende Angabe. Eine Fehlerquelle ist das Hochfedern von der Unterlage, so daß keine Reibung mehr bremst, sondern nur noch die Masse das Gestell wieder auf die Unterlage bringt.
Die Wirksamkeit wird in Prozent der zurück gefederten Distanz im Vergleich zur Strecke ohne Mündungsbremse angegeben. Der Schalldruck wird mit einem Präzisionsgerät von Brüel & Kjaer 2236 im Bereich von 60 - 140 Dezibel bei einer Frequenz von 2 Kilohertz anderthalb Meter hinter der Waffe gemessen.
DerTest zeigte, daß die besten der angelieferten Mündungsbremsen eine erstaunlich gute Wirkung zeigten und wirklich effektiv eine "Dicke Pille" auf das Niveau eines Standardkalibers senken können. Somit sollte für viele Jäger die Ausrede nicht mehr gelten, daß aus Angst vor dem Rückstoß ein präzises Schießen mit Großkalibern unmöglich wäre.
Sehr deutlich kommen aber auch die großen Unterschiede in der Wirksamkeit der verschiedenen Modelle bei der Dämpfung des Rückstosses und bei der immer gegebenen Erhöhung der Lautstärke zu Tage. Ein Ansteigen um bis zu zwei Dezibel ist allerdings tolerabel.
Nicht jeder mag und kann sich vor dem Schuß bei der Jagd die Ohren mit Lärmschutzstöpseln verschließen. Bei Großkalibern sollte man es aber im eigenen Interesse immer versuchen., die Diffferenz von 104 Dezibel beim Kaliber .338 Winchester Magnum zu 125 Dezibel beim mittleren Großkaliber .375 Holland & Holland Magnum im Bereich 2 Kilohertz ergibt eine deutliche Aussage.
Im Detail gab es folgende Ergebnisse:
(Zurückgelegte Wegstrecke ohne Mündungsbremse gleich 100 Prozent)
• Nummer 1 )
• Als beste Mündungsbremse schnitt das Produkt von Mountain Rifle Inc. ab:
• Mit ihr rutschte das Gestell nur 37 Prozent der Strecke zurück, somit eine Reduktion des Rückstoßes von 63 Prozent !
• Der Schalldruck stieg sehr gering von 127 dB(a) auf 128.4 dB(a).
• Nummer 2 )
• Als zweitbeste Mündungsbremse schnitt ein deutscher Prototyp ab:
• Mit ihm rutschte das Gestell nur 39 Prozent der Strecke zurück, somit eine Reduktion des Rückstoßes von 61 Prozent !
• Der Schalldruck stieg sehr gering von 127 dB(a) auf 128.5 dB(a).
• ( Der Prototyp besteht aus zwei übereinander geschraubten sieben Zentimeter langen Aluminiumzylindern, in die gleichmäßig in zwei Millimeter Abstand zwei Millimeter breite Löcher gebohrt sind. Der Zwischenraum der Zylinder beträgt neun Millimeter. )
• Nummer 3 )
• Drittbestes Produkt war die amerikanische Mündungsbremse von Answer Products:
• Mit ihr rutschte das Gestell 57 Prozent der Strecke zurück, somit eine Reduktion des Rückstoßes von 43 Prozent.
• Der Schalldruck stieg sehr deutlich von 126 dB(a) auf 131 dB(a).
• Nummer 4 )
• Vierter Testsieger wurde ein französisches Serienprodukt Supradax:
• Mit ihm rutschte das Gestell 57 Prozent der Strecke zurück, somit eine Reduktion des Rückstoßes von 43 Prozent.
• Der Schalldruck stieg sehr kräftig von 126 dB(a) auf 133 dB(a) an !
• Nummer 5 )
• Fünfter im Test wurde ein amerikanisches Serienprodukt aus Colorado:
• Mit ihm rutschte das Gestell 62 Prozent der Strecke zurück, somit eine Reduktion des Rückstoßes von 38 Prozent !
• Der Schalldruck stieg gering von 126 dB(a) auf 128,5 dB(a) an.
• Nummer 6 )
• Sechster wurde wiederum ein deutscher Prototyp: Mit ihm rutschte das Gestell nur 62 Prozent der Strecke zurück, somit eine Reduktion des Rückstoßes von 38 Prozent !
• Der Schalldruck stieg sehr gering von 127 dB(a) auf 128.5 dB(a).
• ( Drei übereinander geschweißte Zylinder aus neun Zentimeter langem dünnem Stahlblech mit drei Millimeter Löchern in zwei Millimeter Abstand. Der Zwischenraum der Zylinder beträgt fünf Millimeter. )
• Nachträglich wurde noch ein Produkt vom Büchsenmacher Hanns Kepplinger angeliefert. Hier konnte der Versuchsaufbau nicht eingehalten werden, Kaliber und Waffe waren anders, es wurde die Jägerbüchse im Kaliber .338 Winchester Magnum des Herstellers verwendet.
• Mit dieser Mündungsbremse rutschte das Gestell 44 Prozent der Strecke zurück, somit eine Reduktion des Rückstoßes von 56 Prozent !
Der Schalldruck stieg von moderaten 104,6 dB(a) gering auf 106,2 dB(a). Interessant wäre die Wirkung im Kaliber .375 Holland und Holland Magnum auf Rückstoß und Schalldruck. Im vorliegenden Kaliber .338 Win Mag ist die rückstoßbremsende Wirkung bei moderater Erhöhung des Schalldrucks sehr gut. Würde das Wirkungs-Verhältnis auch im Kaliber .375 H&H Magnum so ausfallen, läge die Waffe auf Platz 3.