Es ist schon erstaunlich, welch konkrete Empfehlungen hier ausgesprochen werden bei einem derart komplexen und vielschichtigen Projekt.
Immerhin geht es um die Sanierung eines Bauernhofes. Hierunter darf man als oberste Anforderung an Technik und Wirtschaftlichkeit wohl den Wohnbereich bzw. das Wohngebäude sehen. Und dann kommen Empfehlungen auf Basis von Laienerfahrungen beim Betrieb einer Wärmepumpe für eine Werkstatt ohne weitere Hinweise auf vergleichbare Betriebsbedingungen! Eine Kosteneinsparung von gar 50% soll gefahren werden, aber dann doch nur im Vergleich mit einer Elektro-Direktheizung! Schade, dass es hier nur ein Kopfschüttel-Smiley gibt. Mir wäre nach einem Smiley mit Kopf-Rotation und Hampelmann-Hüpfen, dazu blinkend und torkelnd bei soviel Kreativität und Beratungswillen.
Gut, nachdem ich kein Physiker und auch kein "Fysiker" bin, darf ich wie folgt ergänzen:
zu öffentliche Förderprogramme
Grundvoraussetzung für die Bewilligung einer Förderung sind neben der förderfähigen Sache (z.B. Biomasse oder Wärmepumpe) auch die ordnungsgemäße Ausführung, die einen Betrieb gewährleistet, der dem Förderungsgrund entspricht (z.B. Energie- und CO2-Einsparung). Mit ordnungsgemäß ist gemeint, dass gesetzliche Forderungen und die allgemeinen Regeln der Technik eingehalten werden - bei Planung, Bau und Betrieb. Werden diese geltenden Vorschriften missachtet, was zu erwarten ist, fällt die Förderfähigkeit nachträglich weg. Dies kann sogar bis zum Subventionsbetrug führen. Also gibt es keine Alternative, so man fördern lassen will, die geltenden gesetzlichen und technischen Anforderungen zu erfüllen. Die Bundes-Musterbauordnung bzw. die Bauordnungen der Länder enthalten zudem den Zwang zur fachplanerischen Vorgangsweise. Wen also genehmigungspflichtige Maßnahmen angedacht sind, führt kein Weg an der fachplanerischen Leistung vorbei.
und zu meiner großen Klappe
Als langjähriger, etablierter Sachkundiger der Branche fürchte ich erkennen zu können, was dem TS und weiteren, hier geouteten Projektträgern passieren kann, wenn sie das so angehen, wie sie es beschreiben oder ihnen von nicht sachkundiger Stelle empfohlen wird. In einer Vielzahl von Gutachten musste ich beschreiben, was nicht passte. In einigen Gerichtsverhandlungen durfte ich die Bestätigung meiner Bedenken erleben. Die meisten Fällte wurden aussergerichtlich gelöst. Bei bis zu 50.000 EUR Bussgeld und etliche Jahre drohender Haft kommt spätes Einsehen meistens noch vor der Notwendigkeit einer Klage. Die bis dahin so sicheren und uneinsichtigen "Dienstleister" wurden also nicht nur mit zivilrechtlichen Konsequenzen bedacht, sondern waren auch strafrechtlich zu belangen.
zur Sinnlosigkeit eines Heizungskonzepts ohne wichtige Teilbereiche
Gedanken zum neuen Heizkonzept können nicht dort beginnen, wo so ein Konzept endet, nämlich beim Wärmeerzeuger. Jedes Bauvorhaben ist derart unterschiedlich, dass man kaum Paketlösungen übertragen kann. Zudem sind Nutzungsgewohnheiten und Kostenvorgaben extrem verschieden, sodass selbst im Wohnungsbau kaum ein Heizungs-Ei dem anderen gleicht.
wichtige erste Schritte
Das allererste, was ich zusammen tragen würde, wären Nutzungsanforderungen an das Warmwasser, also Zeiten, Dauer, Mengen, Entnahmeorte, Nutzungsarten. Mit diesen Daten ist ein Raumbuch DIN 1988-200 zu verfassen. Auf Basis dieses Raumbuches kann ein Konzept zur Bereitung, Verteilung und Bereitstellung des erwärmten Trinkwassers entstehen - unter Beachtung und Erfüllung von DVGW W551, VDI/DVGW 6023, Trinkwasserverordnung und weiteren Anforderungen. Dann weiss man, ob die Wärmeerzeugung eine Hochtemperatur-Stufe braucht, wie gross diese wäre und wie lange/oft sie zu laufen hat. Die Trinkwassererwärmung kann daher dezentral, zentral oder als Mischung dessen realisiert werden. Nur so lassen sich bestimmte Wärmeerzeuger als erforderliche bestätigen oder als unnötig ausschliessen.
wenn man das Pferd von hinten aufzäumt
Macht man den Entscheidungsprozess umgekehrt, hat man am Ende u.U. einen Wärmeerzeuger, der wg. der Trinkwassererwärmung unwirtschaftlich läuft und man die höhere Investition nie kompensiert. Dies ist kein Einzelfall oder eine unwahrscheinliche Hypothese, sondern tagtäglicher Alltag bei mir, wenn es um die nachträgliche gutachterliche Bewertung der ausgeführten Anlagen handelt. Dann wird ein erheblicher finanzieller Mehraufwand für elektrischen Strom aufgewendet, weil die Wärmepumpe auf konstant 45°C läuft. Oder die gesamte Trinkwasseranlage ist bedenklich hoch mit Legionellen über 10.000 KBE/100ml belastet, weil der Kunde die Elektro-Heizung im Speicher-Trinkwassererwärmer wieder abgeschaltet hat. Ich habe normale Einfamilienhäuser vorgefunden, die monatlich mehrere Tausend Euro an Stromkosten hatten seit die sog. Heizungssanierung durchgeführt wurde.
schuld war immer ich
Doch, immer, wenn wir/ich einbezogen werde/n, heisst es: "Das ist das erste Mal, dass etwas nicht passt. Wir machen das seit 30 Jahren so. Noch nie war ein Kunde unzufrieden." Die Probleme seien, so die Dienstleister, immer erst aufgetaucht, nachdem wir/ich einbezogen wurde/n. Insofern muss ich wirklich darüber nachdenken, ob nicht ich schuld an den festgestellten Mängeln war.