Es ist vollbracht, ich konnte gestern Abend den ersten (!) erwachsenen Keiler meines Jägerlebens erlegen.
Trotzdem war die Freude nicht ungetrübt...
Vorgeschichte:
Nachdem ich trotz ständig angenommener Kirrung in den letzten Tagen mehrmals vergeblich auf eine Rotte ansaß, meist bis ca. ein oder zwei Uhr nachts, war klar, dass diese nach Abschuss von vier Frischlingen vor einem Monat ihren Rhythmus umgestellt hatte, bislang kamen sie zwischen neun Uhr und Mitternacht. Wie es der Zufall so will, hatte mein Vetter grade fünf Kameras bestellt und eine übrig, die ich letzte Woche bekam. Am nächsten Tag montiert und zwei Tage später zum ersten Mal ausgelesen, sah ich, dass die Rotte schon kurz vor neun vor Ort war und morgens gegen halb drei ein größerer Keiler die Kirrung besucht hatte; von einem Kumpel hatte ich zudem den Urin eines rauschigen Keilers bekommen und vier Tage zuvor das erste Mal ausgebracht, schien also zu funktionieren.
Also saß ich gestern gegen viertel neun auf der Kanzel, richtete mich ein, der Mond schien herrlich hell, ich lehnte mich nach hinten und fing an zu dösen. Schon kurz darauf meinte ich ein leisen Knirschen und Mahlen zu hören, ein Blick durch die WBK bestätigte einen ziemlichen Klotz an der Kirrung, völlig lautlos war er angewechselt: der Keiler. Waffe hoch, Nachtsicht ein, der Keiler stand spitz und fraß, Leuchtpunkt an, entsichert und warten, dass der Kerl sich dreht. Da kommt mir ein Radfahrer auf dem siebzig Meter entfernten Waldweg zupass, der Lichtschein schimmert durch die Stämme und der Keiler stellt sich brettlbreit zu mir hin. Schuß auf´s Blatt und die Bühne ist leer, lautes Krachen Sekunden später. Nach der bekannten Zigarettenlänge gehe ich zum Anschuß, tiefe Eingriffe, aber kein Schweiß. Ein Rundblick mit der WBK aber zeigt ca. 10 Meter hinter der Kirrung die liegende Sau und als ich vor ihr stehe, habe ich Puls, ein Riesenklotz, den ich ganz sicher nicht alleine bergen kann. Kurzer Blick auf´s Gewaff, links fehlt das Gewehr, rechts ist der Haderer abgebrochen, scheint ein älterer Herr zu sein...
Gottseidank ist es noch früh, noch keine neun und so muss mein Mitjäger und NSF Felix dran glauben, der grade mal einen Kilometer entfernt wohnt. Zusammen schleppen wir den Batzen aus dem Wald, machen Fotos und hieven den Klotz auf den Heckträger. Felix hat grad die Nachwirkungen einer kürzlichen Grippeimpfung hinter sich (vier Tage Fieber, Gliederschmerzen etc. und ist eigentlich noch nicht wieder auf dem Damm). Angesichts der Schinderei meint er, wie blöd kann man sein, um diese Zeit noch das Telefon abzunehmen, er wäre so gemütlich auf der Couch gelegen...
Ab geht´s in die forstliche Wildkammer und nach anderthalb Stunden hängt der Keiler in der Kühlung und die Kammer sieht wieder aus wie geleckt.
Am nächsten Morgen erhalte ich von meinem Förster die Nachricht, dass der Keiler einen Gebrechschuß hätte und dankt mir für den Hegeabschuß.
Wir hatten diesen tatsächlich nicht bemerkt, es war keine offene Wunde zu sehen gewesen und wir waren mit anderem als einer genauen Untersuchung beschäftigt gewesen, trotzdem fast etwas peinlich für uns. Immerhin eine Erklärung für das defekte Gewaff...
Als ich Felix heute morgen anrufe, erfahre ich von ihm, dass er vor einer guten Woche eine Sau mit Gebrechschuß ohne Erfolg nachgesucht hatte, das müsse die Sau sein. Immerhin musste der Keiler nicht lange leiden, abgekommen war er noch nicht und Fraß aufnehmen konnte er ja anscheinend noch. Zudem roch er absolut nicht rauschig, ja nicht mal nach Maggi, was mich gewundert hatte. Soeben hat mir meine Holde eine Kochprobe zum Versuchen gebracht, das Wildpret ist einwandfrei, immerhin.
Was sich die Waage hält sind Freude und Ärger; Freude über meine erste erwachsene Sau, Ärger über das zerschossene Gewaff und Idioten, die meinen, auf Ansitz einer Sau in das Haupt schießen zu müssen...
Aufgebrochen wiegt er knapp über 80 kg, das Alter kann ich erst einschätzen, wenn ich das Gewaff ziehe.