Keilerchen tot. 30 Kilo. Und diesmal hat es geklappt.
Gegen 8 Uhr mache ich mich daheim auf den Weg. Bevor ich auf meinen eigentlichen Sitz steige, starte ich noch eine Expedtion zu einer anderen Kanzel. Das Sauenparadis. Dazu geht man vom Hauptwaldweg 250 Meter den Hang runter ins Feuchte. Da haben über den Winter die Baumschubser gewütet, ein Durchkommen war unmöglich. Inzwischen ist es einigermaßen trocken, mann muß also nur noch darauf achten, sich in den knietiefen Spuren vom Harvester nicht die Haxen zu brechen, der Matsch ist getrocknet.
Aber - das Paradis hat seinen Namen nicht ohne Grund. Ich hab einen großen Eimer mit Mais und Deckel dabei. Dort unten war seit ewigen Zeiten niemand mehr, entsprechend hab ich beim Angehen im Hellen im Gebüsch eine kleine Rotte hochgemacht. Wie gesagt, es war noch hell.
Ein bissi Mais gestreut, Deckel auf den Eimer und auf den Sitz gestellt. Unser Revieraufpasser ist auch nicht mehr der jüngste, ich hab ihm versprochen den Weg zu inspizieren und ihm Mais unten hinzustellen.
Und nun zum eigentlichen Ereignis. Ich hab auf der eigentlichen Kanzel (da kann man locker zu dritt drauf sitzen) die Sessel ausgetauscht. Der elend durchgesessene Kunstlederquietschklapperchefbüroseessel ist in die Ecke gewandert und aus der Ecke kam ein deutlich bequemerer und insbesondere geräuschloser Wohnzimmersessel. Auch drehbar mit Rollen. Echt gut.
Mittlerweile ist es viertel vor 9, ich richte mich ein, Pard montieren, Billignachtkuck vom Herrn Wang bereitlegen. (jaja, es wird thermisch aufgerüstet, dauert nicht mehr lang, 14 Tage noch), Fernglas, Gehörschutz, Sauerkrautsaft.
Ich wickele mich in meine Decke und beschließe, daß ich für den Moment mit mir und meiner Situation zufrieden bin und beginne zu harren. Ein bissi am Händi spielen, ein paar Mails, aber irgendwann ist mir das auch zu doof. Händi weg und einfach in die Dunkelheit starren und die herrliche Ruhe genießen. Ab und zu mal ein Kontrollblick, aber wie üblch tut sich nix. Ich rechne so ab 11 Uhr mit den Sauen.
10 Uhr. Ein deutliches Knacken ist zu vernehmen. Kurz danach nochmal, aber dann ist Ruhe. Der kluge Mann lernt ja nie aus und deswegen tu ich erstmal nix. Nach so fünf Minuten (gefühlt 3 Stunden) halte ich es nicht mehr aus, der Billignachtkuck vom Herrn Wang muß her. Und siehe da, 70-80 Meter von mir weg, 30 Meter hinter der Kirre bewegt sich was. Sehr vorsichtig. Nachtkuck weglegen, zur Salzsäule erstarren und warten.
Später, viel später also, vorsichtig zum Gehörschutz greifen, Pard aktivieren, LP an, Fernglas reicht. Ja, Schweine. Nichts tun, warten. Nach einer weiteren Ewigleit kommen sie an die Kirre.
Ich greife den Billignachtkuck vom Herrn Wang. Der ist auf kurze Distanz echt echt gut, im Dunkel finde ich auf dem Tastenfeld auch tatsächlich den Zoom. Ich lasse mir Zeit. Viel Zeit.
Ich sehe etwa 20 Schweine, 3 große - 60+ Kilo und jede Menge Überläufer. Ganz kleine seh ich keine. Billignachtkuck vom Herrn Wang weglegen, durchatmen, hinters Pard klemmen. Das Bild ist schon ein bissi besser alzwie beim Billignachtkuck vom Herrn Wang.
Ich suche mir einen der Überläufer aus, lernend aus meinem Stress bei den letzten beiden Wutzen wandert der Zielpunkt genau dahin, wo sofort Ruhe ist. Eingestochen ist, Waffe sicher unnd fest greifen, alles kontrollieren, Vorder & Hintergelände..., darauf achten, daß die Sau frei steht, leicht den Druck am Abzug erhöhen und das Unheil nimmt seinen Lauf.
Repetieren, Billignachtkuck vom Herrn Wang greifen, ja liegt am Platz, schlegelt reichlich. Und das für eine gute Zeit. Ich wollte schon nachsetzen, aber dann ist Ruhe eingekehrt. Waffe sichern, Gehörschutz absetzen, durchatmen.
Sauerkrautsaft aufziehen, die Hand bleibt erstaunlich ruhhig, einen Schluck nehmen und langsam zusammenpacken. Drei Nachrichten verschicken, an den Patron, den Garde de chasse und in die Heimat.
Nach 20 Minuten steh ich an der Sau und bin wieder mal fassungslos. Die Geschichte mit der Größenwahrnehmung und der Realität. Im Billignachtkuck vom Herrn Wang und im Pard war ich mir einigermaßen sicher, daß ich da auf eine 35-40 Kilo-Sau geschossen hab.
Vor mir liegt ein Keilerchen von knappen 30 Kilo. Ich verkneife es mir den Bergeschlitten zu holen und zerre ihn in Richtung Weg. Zwei kleine Pausen, verladen, auf den Hof zum Aufbrechen und so. Dorthin, wo der wunderbare Hochdruckschlauch wartet. Knapp zwei Stunden nach dem Schuß war ich artig daheim im Kessel, Frau Braun war angesäuert. Aber ich hab sie dann bestochen. 3-4-5 Frolic. Dann ging es wieder.
Lange geht das da so nicht mehr, in den nächsen Tagen wird der Mais gelegt, dann verschiebt sich das alles. Auf´s Feld und wahrscheinlich auch mitten in die Nacht. Aber vllt. bekomm ich ja noch eine im Wald und auf dem Feld sollen sich dann die hochmotivierten Jungjäger einbringen. Die, die sich als Verteitiger der Scholle sehen....
Dem geschulten Auge wird die Todesursache nicht verborgen bleiben. Jaja, ich weiß, nicht schön die Bilder, aber ihr wißt ja, wie Jagdkameraden sind. Üblicherweise vom Jagdneid zerfressen. Die Bilder sollen drei Dinge dokumentieren: Größe, Geschlecht und ordentlich geschossen. Stellt sicher, daß keine Zweifel oder dumme Sprüche aufkommen.