Jetzt lasst mal bitte die Kirche im Dorf.
(Eine allgemeine Betrachtung, nicht auf den TS bezogen)
Erstens kostet ein einigermaßen interessantes Revier heutzutage im Handumdrehen mit Jagdsteuer, Jagdbetriebskosten usw. jährlich
- > 10.000 €, wenn man einen kleinen Eigenjagdbezirk pachtet,
- >>15.000 € und mehr, wenn es sich um eine Genossenschaftsjagd handelt.
Kommen die laufenden Kosten dazu, sind das im Handumdrehen monatlich 1.000.- bis 2.000 Euro. Die muss man erst mal übrig haben.
Hat man sie übrig, gehört man mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit zu der Klasse Bürger, denen es auf 500.- € mehr nicht ankommt, wenn sie sich dafür nicht ärgern müssen.
Und deren Reviere auch ohne neuen Jungjäger funktionieren......
Thema Wildschaden:
Ich finde es zum Piepen, wenn man Pächter mit dem Hinweis auf Wildschäden zum Einsatz von Jungjägern bewegen will.
Wer so argumentiert, hat nie ein wildschadenträchtiges Revier gepachtet.
Sonst wüsste er nämlich, dass man genau da keine Jungjäger brauchen kann. Deren Fehlerquote ist viel zu hoch und jeder Fehler kostet den Pächter bares Geld. Also kümmert er sich lieber selber drum.
Vom Gefahrenpotential gar nicht zu reden - ich möchte jedenfalls nicht nachts bei Mond am frisch gedrillten Mais Sauen angehen, wenn der Jungjäger irgendwo in der Nähe hockt.
Thema Qualität:
Ich habe zu den Zeiten, wo ich noch selber einladen konnte, nie einem Jungjäger mein Revier verschlossen; es gibt den einen odder anderen hier im Forum, der das bestätigen kann. Dabei habe ich wenig, sehr wenig Licht und ganz viel Schatten erlebt. Klar, mancher Jungjäger sieht sich den freigegebenen Bock lieber einmal mehr an, das ist gut und richtig so, aber daraus einen 3 - Monate - Begehungsschein zu machen, ist nicht fair und qualifiziert ihn auch nicht gerade dazu, später mal am Mais die notwendige Entschlussfähigkeit unter Beweis zu stellen. Ebenso kann es kaum sein, dass plötzlich zwei Überläufer statt eines Frischlings, ein Dam - Kalb statt des Schmalrehs in der Wildkammer hängen.
Das sind Dinge, die dürfen nicht sein und ich behaupte, dass hier die Vollzeit - Jagdschulen erheblich die Qualität der Ausbildung mindern.
Thema Charakter:
Lasse ich einen mir bis dahin unbekannten Jungjäger in mein Revier, hat der (und ich) ein Problem: Er muss seinen und meinen Ansprüchen gerecht werden, umgekehrt ist es genauso. Dabei wird es besonders schwierig, wenn das, was im Revier A ein entsetzlicher Vorgang ist, im Nachbarrevier unter Umständen gängig praktiziert wird. Da drängt sich förmlich der Verdacht auf, dass manch Jungjäger sich selbst und seinem "Jagdherrn" gegenüber nicht ganz aufrichtig ist, weil er seine Jagdgelegenheit nicht riskieren will. Je wertvoller sein Revier dem Pächter ist umso vorsichtiger wird er diesbezüglich sein.
Auch die Art der Suche ist manchmal der Clou:
Da schreibt dann jemand, dass er kirren, Hochsitze bauen, Fallen stellen will.
Mein lieber Jungjäger
Ich kirre selber, dann weiß ich nämlich, wen ich abends wo zu erwarten habe. Nichts nervt mehr, als wenn der Jungjäger z.B. Sauen meldet und sich später rausstellt, dass er in Bezug auf Fährtenbilder nicht ganz firm ist und Damwild auf der Kirrung war.
Auch meine Hochsitze baue ich selber, im Gegensatz zu dir weiß ich nämlich, wo evtl. einer fehlt und warte nicht, bis es mir evtl. jemand sagt.
Und Fallen stellen? Herzlichen Glückwunsch - um erfolgreich Fallen zu stellen, muss man ein Revier jahrelang kennen, sonst hat man ständig den Kater der Frau Bürgermeisterin in der Falle und die versteht da keinerlei Spaß. Also verschieben wir das auch mal lieber.
Betrachtet man die Beteiligung eines Jungjägers mal nicht als einmaligen caritativen Akt, sondern als knallhartes Bewerbunsggespräch um eine Festanstellung und vegisst dabei nicht, dass Fehlentscheidungen der/des Neuen nicht reversibel sind, da hat man als Chef zwei Möglichkeiten. Entweder nimmt man den erfahrenen, etwas teureren Bewerber, den man sofort einsetzen kann, der aber nach einiger Zeit alterbedingt nachlässt oder man nimmt den jüngeren und lernt sich den ganz sorgfältig an.
Wen man aber garantiert als letztes in die engere Wahl nimmt, ist der Quereinsteiger, der mit Mitte 40 plötzich die Branche wechselt und der, kaum angelernt, wieder ausscheidet, weil er die Altersgrenze erreicht hat.
Abschließend:
Das Leben ist kein Ponyhof. Manchmal muss man seine eigenen Interessen denen des Berufs oder der Familie unterordnen, machmal entwickelt man mit der Zeit andere Schwerpunkte und Lebensinhalte, aber dann darf man hinterher nicht jammern oder sogar nicht begründbare Ansprüche anmelden.
Gejagt wird auf dem Land und so kommen Jäger nicht aus der Stadt. Es sei denn, sie bezahlen!
Wer sich also für einen Umzug in die Stadt entscheidet, sollte sich vorher darüber klar geworden sein, was er alles aufgibt. Und wer in der Stadt lebt, sollte sich, soweit er nicht den Draht aufs Land immer gepflegt hat, darüber klar sein, dass seine Jägerprüfung aller Wahrscheinlichkeit nach eine Fehlinvestition wird. Ausnahmen bestätigen die Regel.