Hier noch ein paar grundsätzliche technische Informationen:
Leider ist es nicht damit getan, mal eben eine Hartstoffbeschichtung (so wird die Klasse dieser Beschichtungen genannt) aufzubringen. Es muss sich schon angesehen werden, welcher mechanischen Belastung das zu beschichtende Teil ausgesetzt ist. Daraus folgt dann die Notwendigkeit der Behandlung des Grundmaterials. Bei Stoßbelastungen wie Verschlussköpfen sollte das Grundmaterial deutlich über 52 HRC Härte haben, da sonst das Grundmaterial nachgibt und die aufgebrachte Hartschicht wie eine Eierschale abplatzt. Bei tribologischen Belastungen wie dem Verschluss muss die Härte nicht ganz so hoch sein, 45 HRC sollte es aber schon haben. Weiterhin ist bei tribologischen Anwendungen die Reibpaarung, also in diesem Fall Verschluss/Kammer relevant. Hier sollte man ein hartes mit einem weichen Material kombinieren. Die Oberflächenpräparation hat auch einen gravierenden Einfluss, so verhält sich eine mikrogestrahlte Oberfläche anders, als eine polierte oder geläppte Oberfläche. Auch ist beim Polieren auf die Polierrichtung im Verhältnis zur Bewegungsrichtung des Bauteils zu achten.
Auch sollte man wissen, wie sich das Grundmaterial bei Erwärmung verhält. Gerade Werkzeugstähle kommen mit Temperaturen von 450°C nicht immer gut zu recht, können weich werden oder sogar ihre Dimension verändern. Hier sollte man vorher mit dem Beschichter genau über das Material sprechen.
TiN, also Titannitrid ist eine Schicht, die auf der Materialoberfläche aufwächst, also zu einer Dimensionsveränderung führt (Nitrierbehandlungen dringen in das Material ein). Bei einigen Anwendungen sind Schichtdickenabweichungen von 2 µm bereits nicht mehr tolerabel und man müsste es sich ansehen, mit welchen Passungen in der Büchsenmacherei, besonders im Bereich des Verschlusskopfes gearbeitet wird. Dabei ist auch zu beachten, dass verfahrensbedingt an Ecken und Kanten eines zu beschichtenden Teils eine höhere Schichtdicke aufwächst, als auf ebenen Flächen.
Zur Klasse dieser Hartstoffbeschichtungen zählen auch hochwertigere Schichtsysteme wie AlTiN (schwarz), AlCrN (schwarz), TiCN (dunkelgrau), CrN (hellgrau), WC:H (schwarz), DLC:Si (Schwarz mit Interferierender Oberfläche) sowie hunderte von Abkömmlingen mit diversen Dotierungen und Zusammensetzungsvarianten. Die meisten dieser Schichten werden in PVD-Verfahren bei Temperaturen zwischen 300°C und 550°C aufgebracht, haben dann je nach Verfahren unterschiedliche intrinsische Oberflächenrauhigkeiten, wobei gerade im ARC-Verfahren aufgebrachte Schichten immer relativ rau sind und wahrscheinlich nicht zu einem geschmeidigen Schlossgang führen. Inzwischen sind auf dem Markt auch hochglatte Schichten verfügbar, die in allen Farben des Regenbogens zu erhalten sind.
Es gibt überall in Deutschland verschiedene Firmen, die derartige Schichten aufbringen. Gemeinsam ist fast allen, dass sie kein Endkundengeschäft betreiben, man also einen Gewerbetreibenden braucht, der die Teile zur Beschichtung gibt. Einige der Beschichter sind auch nicht bereit, Waffen- oder Waffenteile zu beschichten. Meist machen das nur kleinere, regional aufgestellte Firmen.
Ich persönlich halte Beschichtungen auf Abzugskomponenten und Verschlussbauteilen durchaus für sinnvoll, da sie durch die glatten Oberflächen zu einer Verbesserung der Laufeigenschaften, klareren Akzentuierung des Druckpunktes und zu einer manchmal auch ästhetischen Aufwertung führen. Läufe würde ich nicht beschichten, da hier die Gefahr von Abplatzungen bei mechanischer Stoßbelastung oder durch die Deformation und das Schwingen der Läufe bei Schussabgabe gegeben ist.
Ich hoffe, hier mit meinem Beitrag etwas für Klarheit gesorgt zu haben.
Waidmannsheil