Müsste ich so inhaltlich und zeitlich limitiert, teuer und Ellembogen an Ellenbogen zum nächsten Jäger jagen, wie das hier oft dargestellt und noch als Passion und Leidenschaft gefeiert (oder entschuldigt) wird, würde ich die Jagd sofort aufgeben. Wer einmal jagdliche Freiheit genossen hat, kann keine Leidenschaft mehr in handtuchgroßen "Revieren" unter JagdHERREN entwickeln, die einem jedes Reh als großzügige Belohnung oder gegen cash freigeben. Natürlich nachdem man sich in der whatsappgruppe abgestimmt hat, wer denn heute in der Kanzel an der Wiese sitzen darf. Wie lächerlich ist das denn? Um das zu erkennen muss man als Jäger aber auch mal den Blick heben und die selbstgewählte jagdliche Knastzelle verlassen (wollen).
Zum Gruße,
ich darf jagen seit 1974, zunächst als Begehr, dann Jagdaufseher und schließlich Mitpächter eines Revieres bis 1988.
Im Grundsatz stimme ich gerne zu, allerdings mit Einschränkungen - der Pächter eines Jagdbezirkes ist ja auch verantwortlich für das, was jagdlich im Revier passiert und muss deshalb auch das Sagen haben dürfen, wer was erlegen darf. Zu "meiner" Pächterzeit waren in unserem Revier maximal 16 Stück Rehwild frei, generell 1:1 männlich/weiblich; darin enthalten mindestens 2 Kitze jeweils.
Festgelegt waren dann mindestens 3 Stück jeweils aus der Jährlingsklasse/Schmalrehe. Blieben 6 2-jährige und ältere.
Das ist nun sicher kein reiches Revier gewesen, aber da muss man dann schon leiten dürfen.
Bei uns galt immer "Fuchs geht vor Bock" und wir hatten immer insgesamt drei Jäger (incl. Pächter) im Revier, öfters den ein oder anderen JJ als Gast.
Ein Jungjäger, der grobe Fehler beim Ansprechen gemacht hat, durfte beim Jagdaufseher so lange mitgehen, bis der Pächter meinte, jetzt dürfe er wieder...
Und wer zwei Mal groben Mist baute (einer hat uns mal ganz stolz eine Ricke mit prallem Gesäuge als Geltgeiß "verkauft"), flog so schnell raus, dass er kaum seine Sachen packen konnte.
Es geht hier mitnichten darum, Befehlsgewalt zu haben, es geht darum, dass derjenige, der die Verantwortung trägt, auch zu führen hat.
Als ich nach 5 Jahren freie Büchse hatte, nach einem weiteren Jahr zum Jagdaufseher bestellt wurde, war ich stolz wie Bolle, fing Waschbären mit Marmeladen- und Nutellabrot in der Falle, pflanzte Hecken - und sah zu, wie sie Landwirte zuschanden fuhren, weil man ohne besser wenden hatte können, pachtete Wildäcker und Wiesen und freute mich wieder wir Bolle, wenn in den damals noch oft harten Wintern das Wild auf diesen Flächen Äsung bzw. Deckung fand.
ABER: Es stimmt, die Reviere sind wirklich zu klein, auch in meinen Augen, das macht es schwerer denn je, mit fröhlichen Sinnen zu jagen. Ich kannte sie noch, die Zeiten, in denen auch in Mittelgebirgsrevieren Rebhühner an warmen Herbsttagen zwischen Mittagsmahl und Abendessen zu jagen waren und Fasane noch dazu - aber in unserem ehemaligen Revier gibt es die schon lange nicht mehr; 1991 soll der letzte Fasanenhahn geschossen worden sein.
Die Jagd hat sich verändert, wie sich die ganze Welt (und damit auch die Menschen) verändert hat. Pächter würde ich heute nicht mehr sein wollen, viel zu viele Einschränkungen im hegerischen Bereich, Jagdaufseher, na ja, vielleicht, dann hätte ich zwar die Einschränkungen zu bemängeln, müsste aber kaum mehr als meinen eigenen Aufwand bezahlen.
Wenn ein guter Freund mir heute die Möglichkeit gibt, mir einen Bock oder vielleicht sogar Damhirsch auszusuchen und mir vom Ansitz aus die ein oder andere Sau zufällt - oder ein geliebter Kugelfuchs im Winter, so soll es sein und bleiben... .
Allen ein frohes neues Jahr, Gesundheit und frohe Jagd!