Verstärkt Leitbachen schiessen?

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pudlich schrieb:
Boah ey....
Wenn kein Reduktionsabschuß erforderlich ist, lässt man die Leitbache leben.

Wenn man reduzieren muß, schießt man sie tot. Weil dann die Rotte zerfällt, junge Leitbachen dööfer sind als alte und die neu entstandenen Rotten ergo leichter zu bejagen sind.

Teile und herrsche.

AAABER!!! Der Reduktionsabschuß über die Leitbache setzt voraus, daß man Zeit und Erfahrung genug hat, die neu entstandenen Rotten auch zu finden und zu bejagen. Einfach nur Leitbache schießen und ab aufs Sofa bis zum nächsten Mond ist nicht!


und selten waren wir uns einiger!
der punkt ist doch, das der deutsche jäger, ob aus faulheit, altersschwäche, oder sonstigen vorgeschobenen ausreden, weder die zeit noch den antrieb mitbringt, um wiklich effektiv auf sauen zu jagen....man hat halt keinen bock....
und reduzieren will die sauen doch eh keiner!?
solange man nicht, wie bei rehwild, bei jedem ansitz eine sau in anblick bekommt, gibt es nach meinung einiger ganz besonders waidgerechter nichtskönner ohnehin zu wenig sauen.... :roll:
 
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Schmitt679 schrieb:
Hallo.

Ich hatte leider nicht genug Gedult mir alle Beiträge durchzulesen, bevor ich mich genötigt fühlte zu antworten.
Lindwurm deine Frage ist berechtigt.
Ich bin nur der Meinung, dass Leitbachenabschuß nur kontraproduktiv ist.
Es ist nunmal so, dass die Leitbache die Rauschzeit bestimmt. Wird die Bache rauschig, kommt irgendwann der Keiler und will sich fortpflanzen. (Wie im echten Leben)

Die Leitbache sorgt aber auch dafür, wenn Sie stark genug ist, dass in der Rotte auch nur Sie bzw. Bachen die alt genug sind, gedeckt werden.
Das heißt, läßt man die Leitbache leben reduziert man den Bestand schon. Hört sich blöd an aber wenn es die Bache nicht mehr gibt, dann wird jeder weibl. Frischling gedeckt.
Das führt zum Verfall einer ordentlichen Struktur und zu einem schlagartigen Anstieg der Population.

Es ist nicht so, dass ich mir das aus den Fingern sauge. Man sieht es bei uns z.B. Hier gibt es viele, ich nenn Sie mal Fleischjäger mit viel Geld, die von weit her eine Feldjagd bei uns gepachtet haben. (Habe keinen Haß auf Feldjäger, bin selbst einer) Die kommen dann bei Mond und wenn eine Rotte kommt, wird die dickste Sau umgelegt! Weil sonst lohnt sichs ja nicht.
Im nächsten Jahr wundern sich die Herren dann, dass der Wildschaden knapp an 20.000€ liegt.

Schieß ich aber einer Bache einen Frischling weg, dann merkt die sich das.
Normalerweise steht auch in unserem Jagdgesetz, dass führende Stücke zu schonen sind.
Somit ist es quasi laut Gesetz verboten Leitbachen zu schießen. Denn die Führen immer!!! Ich weiß wohl, dass das damit nicht gemeint ist. Sollte es aber.

Ich sag es ja ungerne aber du bist auf dem Holzweg.
Leitbachen unterdrücken die Rausche bei Frischlingen nicht!
Sie sind lediglich in der Lage zu synchronisieren, ist wenn man sich mit der Biologie von SW befast auch ganz logisch.
Ziel der Leitbache ist die Erhaltung der Art, sowie das vergrößern der Population um Verluste auszugleichen.
Untersuchungen zeigen das jeder Frischling mit 20-25kg Geschlechtsreif ist.
Werden sie geführt, wird lediglich der Zeitpunkt der Rausche beeinflusst, da das Ziel möglichst viele Nachkommen, mit optimalen Überlebenschancen, an einen optimalen Frischzeitpunkt gekoppelt ist.
Das "Lüneburger Model" ist vom Grundsatz richtig, nur setzt es voraus, dass der Zuwachs auch abgeschöpft wird.
Wird das Ziel, abschöpfen des Zuwasches, nicht erreicht, weil nicht genug SW erlegt wird, muss um ein weiteres Anwachsen der Bestände bei den Stücken eingegriffen werde die als Individuum den höhsten Anteil an der Reproduktion haben. Das sind nun mal die älteren Bachen, zwar haben die Frischlinge insgesamt den höhsten Anteil an der Reproduktion, dies erklärt sich aber nur an der Menge.

Richtig ist das die Leitbachen, durch führen der Rotte eien hohen Einfluss auf das Zeit-Raum Nutzungsverhalten der Rotten haben und sich der Jäger dies zu nutze machen kann, in dem er gezielt an Schadflächen jagt.
Im Umkehrschluss führt es aber dazu, das geführte Rotten sehr schnell wissen, wie sie Verluste z.B. an Kirrungen meiden. Dadurch wird das Abschöpfen des Zuwachses bei der Ansitzjagd extrem erschwert.

Die Frage die sich daraus stellt ist nicht was erlegt werden muss, sondern welche Jagdarten ein Abschöpfen des Zuwachses ermöglichen.
Dies, so zeigt die Vergangenheit, ist über den Einzelansitz nicht Möglich.

Wie sieht nun ein optimalöes Bejagungskonzept für SW aus?
M.M.n. wie folgt:
- Einzelansitz nur an Schadflächen zur Wildschadensverhütung ganzjährig.

- Gemeindschaftsansitze, wenn möglich Revierübergreifent, an Kirrungen, Frassflächen und Wechseln in Intervallen bei guten bis sehr gute Lichtverhältnissen.

- Wo möglich, dass heißt in jedem Revier mit Einständen, Dürckjagden im Winter, bei denen beherzt in die Jungentklasse eingegriffen wird.

Die Ausrede der Jäger, die Landwirtschaft sei schuld am Anwachsen der SW-Bestände, ist eine Lüge. Großflächige Landwirtschaft erschwert zwar die Bejagung, führt aber nicht zu erhöhtem Zuwachs, denn bis zum Winter hat das SW eh mehr als genug Frass. Lediglich das Frassangeboht im Winter hat einen Einfluss auf den Zuwachs. Wir Jäger sorgen aber durch übertriebendes Kirren und Füttern dafür das selbst in Jahren ohne Mast, werden zugegeben immer weniger, das SW keinen Engpass hat.
EinKirrverbot hätte m.M.n. keinen negativen Einfluss auf die Bejagbarkeit, da statt an der Kirrung genau so gut an Wechseln und Frassflächen gejagt werden könnte. Dies setzt lediglich bessere Revierkentnisse und ein genaueres beschäftigen mit der Wildart SW voraus.
Das es Möglich ist, beweisen wir in unserem Revier mit 30-50% der Hegeringstrecke auf 10% der Jagdfläche. Die meisten Reviere hier, wir haben noch nicht so hohe SW-Dichten erlegen max. eine Sau pro Kirrung und Jahr und erlegen sonst fast kein SW. Wir kommen auf ca. 10-15 Stück SW pro Kirrung, wobei tatsächlich bloss 1-2 an der Kirrung erlegt werden.

Ich behaupte mal, dass es zu viele Jäger gibt die das Handwerk "Jagd" nicht mehr beherrschen, diese Jäger sind nur in der Lage zu schießen.
Das ist zwar nicht schlimm und solche Jäger brauchen wir auch, nur müssen diese dann "geführt" werden.
Auch das zeigt sich bei uns im Revier, wir haben zwei BGS-Inhaber die nicht die Zeit haben selbst zu schauen wo und wann es sich lohnt auf SW anzusitzen, müssen sie auch nicht, denn das machen ja wir. Also werden sie von uns gezielt angesetzt und erlegen ihren Teil der Strecke. Alleine währen wir trotz wissen wo die Sauen sind, nicht in der Lage die Strecke zu machen, im Team klapt es sehr gut.
WH Paul
 
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Paul,
sehr guter beitrag, :!: :!: :!:

und wieder wird es viele geben die das nicht glauben und weiterhin ihre frischlinge ausschließlich an der kirrung "hegen" :wink:
 
S

Schmitt679

Guest
Ja das mit der Bejagung an Wechseln z. B. stimmt. Auch können dann die Sauen die Bejagung nicht so schnell mit der Kirrung in Verbindung bringen.

Um nochmal auf die Rausche zurückzukommen, habe ich aber bei uns festgestellt, dass nunmal wirklich nur die Führungsbache, so man noch eine ordentliche Rotte hat, neue Frischlinge bekommt.

Als Beispiel:
Ich habe im Revier eine Rotte, die hat im Herbst eine Stärke von 7 Stück gehabt. (Bache und 6 Frischlinge)
Nun habe ich eine Rotte, Bache mit 5 Frischlinge ca 5kg schwer und da laufen noch 2 Überläufer ca. 30 Kg mit. Diese werden jedoch nicht an die Kirrung gelassen.
Jetzt liegt natürlich der Schluß nah, dass es sich um die selbe Bache handelt, die Ihre neuen Frischlinge führt und die weiblichen Reste vom Vorjahr duldet. Zumal ich einen der 2 Überläufer gestreckt habe und der natürlich weiblich und nichtführend war.
Ich kenne mein Revier recht gut und bin mir sehr sicher, dass es sich um die selbe Bache handelt.

Deiner Meinung nach hätte aber der Überläufer auch führen oder zumindest inne haben müssen. Oder hab ich dich falsch verstanden.

Im Großen und ganzen stimme ich Dir aber zu. Um Sauen effektiv zu bejagen braucht man die Drückjagden. Allerdings mit ein paar Einschränkungen.

1. Es ist unbedingt nötig den Haupteingriff in der Jugendklasse zu machen. Meiner Meinung nach macht man die wenigsten Fehler wenn man sich bei Winterjagden auf braune Sauen beschränkt.
2. Bei einzelnen Sauen auf Drückjagden nur Keiler bejagen.
3. Sobald man weiß, dass es bereits Anfang Januar, wie dieses Jahr, Nachwuchs gegeben hat, muß man in den sauren Apfel beißen und dir Drückjagd in eine Gemeinschaftsansitzjagd umwandeln. Die Frischlinge können nämlich bei der Bache noch nicht mithalten und die Bache kommt womöglich allein und wird erlegt. Wem macht das bitteschön Spaß wenn man weiß, dass die Frischlinge jämmerlich eingehen.

Wir halten uns daran und fahren damit ganz gut bis jetzt. Es ist zwar nicht die Meinung der Meisten, aber deswegen kann man ja mal drüber dikutieren.
 
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Schmitt679 schrieb:
(...)Meiner Meinung nach macht man die wenigsten Fehler wenn man sich bei Winterjagden auf braune Sauen beschränkt.(..)

Bester Ansatz um bei ner DJ keine führenden Bach oder gar Leitbachen zu schiessen, find ich sehr gut und halte es auch so..

Pauls Beitrag ist vorbildlich wie ich finde.

MfG Wuppi
 
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Schmitt679 schrieb:
Die Leitbache sorgt aber auch dafür, wenn Sie stark genug ist, dass in der Rotte auch nur Sie bzw. Bachen die alt genug sind, gedeckt werden.
Das heißt, läßt man die Leitbache leben reduziert man den Bestand schon. .


FALSCH. "Rauscheunterdrückung" nennt dies der geprüfte wildbiologische Fachmann mit Jagdschein. Ein völliger Mythos.
Denn es gibt KEINE WISSENSCHAFTLICHE STUDIE; DIE DIES JE UNTERSUCHT UND BELEGT HÄTTE.
Alphastrategen ballern los, wann immer ihnen Nahrungsangebot und Kondition dies erlauben. AUch wenn die leitende Oma noch so dominant sein mag - die spätgefrischte Frischlingsbache, der es dank mächtig Mais im Februar und März gut geht, ist im Juni in der Rausche und wird von was auch immer dann sofort begattet, fette Bachen, fette Keiler drumherum hin oder her.

Wenn aber dies so ist, dann gibt es keinerlei Grund, vor der Entnahme leitender Reproduktionsträgerinnen zurück zu schrecken. Bei angestrebter Reduktion ist dies wie bei allen Wildarten der einzig zielführende Weg.
Und dies geht eigentlich nur im November, Dezember so richtig.

Schmitt679 schrieb:
Normalerweise steht auch in unserem Jagdgesetz, dass führende Stücke zu schonen sind.
Somit ist es quasi laut Gesetz verboten Leitbachen zu schießen. Denn die Führen immer!!! Ich weiß wohl, dass das damit nicht gemeint ist. Sollte es aber.

Wann hast Du das Jagdgesetz zuletzt gelesen ? Lies mal BJG 22 ; 4 genau - und vor allem die Texterläuterungen der Herren Mischke et al, die das RJG und dann das BJG schreiben durften für Scherping und Co.
Dort wird präzisiert, dass NOTWENDIGE Elterntiere dann vorliegen, wenn der Nachwuchs durch deren Entnahme STIRBT. Und dies ist bei einer Leitbache, die in lauter fetten 20 kg Frischlingen steht, garantiert nicht der Fall - obwohl sie den Haufen führt.
Nach Deiner Gesetzesexegese wäre die sehr notwendige Entnahme von Reproduktionsträgerinnen beim Rehwild ja wohl auch verboten. Denn eine Geiß ist zu ihrer Jagdzeit immer (anfangs: säugend), weiter führend und auch ein ganz klein wenig schwanger.
Dass man Geißen von den Kitzen wegschießen kann, ist ab spätestens Mitte November absolut gesichert und von den konservativsten Jägerverbänden so veröffentlicht. Obwohl führend, stellt ihre Entnahme nicht nach 22;4 eine Entnahme notwendigen Muttertieres dar und das war`s dann.

Alos: die fette vorne dran am besten im November erlegen, danach den Rest intensiv bejagen: zielführendste Taktik.

Chrüazi,

Martin
 
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"Schmitt679"]

Die Leitbache sorgt aber auch dafür, wenn Sie stark genug ist, dass in der Rotte auch nur Sie bzw. Bachen die alt genug sind, gedeckt werden.
Das heißt, läßt man die Leitbache leben reduziert man den Bestand schon.

Hallo Herr Schmitt,

ich bitte um Anmerkung, in welcher Felduntersuchung dies festgestellt wurde, bitte Quellenangabe! Ich kanns nämlich nicht mehr lesen, diesen Unsinn. Wissenschaftlich wurde bisher lediglich ein Nachweis erbracht, dass es eine Rauschsynchronisation gibt. Nicht mehr und nicht weniger. Also bitte mal die Aussage belegen.
Und wohin uns die bisherige Art des Bejagens gebracht hat (vornehmlich Frilis und Überläufer, und dann auch meist männliche), sehen wir ja.

In gespannter Erwartung
der Kurpfalzjäger
 
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@Paul Rösler
Sehr guter Beitrag. Hier spricht ein erfahrener SW-Jäger.


Wenn ich den Bestand reduzieren will, darf ich nicht die Äpfel ernten, sondern muss die Äste abschneiden!! Wie gesagt, wenn man reduzieren will.

Mir wird immer wieder glaubhaft versichert, die Leitbachen verhindern Wildschäden im Feld, weil Sie bei einem Frischlingsabschuß oder entsprechender Vergrämung die Feldflur meiden. Ich habe in den letzten 10-15 Jahren völlig andere Erfahrungen gemacht.

Nur ein Beispiel aus 2008:
Eine Rotte von anfangs 23 Sauen mit drei stärkeren Bachen verursachte, trotz Abschuß von 4 Frischlingen in 6 Wochen im Feld) regelmäßig gehörigen Wildschaden. Die sog. Leitbache führte die Truppe immer wieder aus dem Wald. Erklärtes Ziel war, diese überaus vorsichtige Sau zu erlegen. Ende August gelang es mir unter immensen Aufwand, genau diese Bache zu erlegen. Seit dem Erlegungszeitpunkt blieben die Schäden aus.

Ich sage ganz klar: auch eine Leitbache führt oft die Rotte dorthin, wo es den besten und energiereichsten Fraß gibt. Und das sind vor der Ernte nun mal die reifen Feldfrüchte.
Der Abschuß von Frischlingen (in 2007 waren es 22 Stück!) verhindert allenfalls sehr kurzfristig das Auswechseln, mehr aber auch nicht.

Und erzählt mir nicht, wenn eine „starke Leitbache“ in der Rotte ist, werden keine Frischlinge beschlagen. Ich habe selbst beobachtet, wie ein Keiler auf einen Frili aufritt und diesen mitten in der Rotte beschlug. Die Bache interessierte das Geschehen überhaupt nicht. Nach dem Schuß auf den Keiler allerdings, "flog" ihr die Rotte hinterher.

Wenn eine echte Bestandsreduzierung erwünscht ist, muß der Abschuß von Leitbachen erfolgen. Dies ist aber keine Aufgabe für den Jungjäger, nur weil der öfter am Feld ansitzen muss!
 
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Paul Rößler schrieb:
Dort wird präzisiert, dass NOTWENDIGE Elterntiere dann vorliegen, wenn der Nachwuchs durch deren Entnahme STIRB
:lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol:
www.wildundhund.de/forum/viewtopic.php? ... chsr%FCden
:lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol:

Hi,

lolle nur weiter.... Wobei Du oben ein gutes Posting zu den Sauen geschrieben hast. Und hier vorderründig korrekt einhakst bei meinen "Widersprüchen". Sind aber keine.

Wenn elterliche Pflege des Nachwuchses - so wie einige Wildbiologen es berichten - damit einhergeht, dass dominanter Rüde mehr Futter als die Fähe beischleppt; wenn es Einzelbeobachtungen gibt, wonach "alleinerziehende Fähen" erstens diejenigen waren, welche aggressive Grenzverletzungen unfreundlichster Art zu dulden hatten (nix mit lieben Onkels und Tanten) und dies in derart signifikanter Häufigkeit ....und wenn eben diese forschende Wildbiologin Frau Zabel binnen fünf Jahren an ihren makrierten Füchsen nur ein Geheck komplett das erste Lebensjahr nicht überleben sah: eben dies der alleinerziehenden Fähe...
dann sind wir NAHE dran an der Exegese des Sinnes von § 22; 4 des BJG durch den alten Mitschke. WIe nun die alten Schreiberlinge des RJG (hohe Beamte des Nazistaates) vor und nach dem Krieg ihren Gesetzestext interpretiert wissen wollen, juckt mich nun eigentlich auch nicht so völlig: vor einem heutigen Gericht könnte hier (Tierschutz Verfassungsrang) auch ein wenig andere Gewichtung bei einem Prozess rauskommen, ganz klar.

Es fehlt sowieso noch was: eine Studie nämlich, in der - im Versuchsrevier- scharfe Fuchsrüdenbejagung von Januar bis März durchgeführt wird, im Kontrollrevier (etwa:Nationalpark) aber gar nicht. Reproduktionserfolg wäre nun zu untersuchen im Verhältnis zur ungestörten Sozialstruktur eben dort. Nullhypothese: macht nix, Vatertiere vor und nach dem Wölfen zu entnehmen.

Ich habe nach Lesen aller mir erhältlichen wildbiologischen Studien zum Thema Fuchs in Vaterrolle keinerlei Zweifel daran, dass die Mortalität der Jungen ohne aufzuchtsbegleitenden fürsorgenden Rüden signifikant steigt.

Aber es gibt noch weitere Argumente für eine Schonzeit der Füchse.
Anders als bei der Bejagung von Rehen oder Bachen, welche eben das ganze Jahr über führen, säugen, in der Tracht haben, kann der Altfuchs/ die Fähe im Herbst und frühen Winter als das bejagt werden, wofür er bei allen ignoranten Jägern ohnehin gilt: als Individualist. Es gibt keinen GUTEN GRUND, Füchse trotz bald anstehender Vaterpflichten nach der Ranz zu bejagen

Sau und Fuchs kann man genausowenig in einen Topf werfen wie Sau und Reh. Sauen und Füchse haben zwar ähnlich hohe Vermehrungspotenziale.
Die Territorialität der Füchse aber erzwingt massive Downregulierung der möglichen Reproduktivität grade der subordinaten Individuen in der sehr komplexen Sozialgemeinschaft (dominante Tiere reproduzieren sich zu 100%, niedrigrangige zu ~40%) ist also klassischer K-Stratege - das machen Sauen so überhaupt nicht .
Tote Füchse bedeuten sofortiges Aufdrehen von Reproduktion und Invasion ins Territorium, bei Sauen aber bedeutet eine tote Leitbache im Dezember keinerlei Reproduktivitätssteigerung sondern 9 fehlende Individen im April und leichtere Bejagbarkeit der restlichen Sauen ( nicht absolut klassisch, aber r-Stratege).

Die Geheckpflege durch dominantes Paar und die - meist gar nicht so nah verwandten - subordinaten Füchse hängt an der Anwesenheit des dominanten Rüden. Ist er weg, so ist die Fähe nicht nur allein, sie verliert Rang, Respekt vor ihrem Bau/Territorium und eben auch jeder Zufütterung - sie wird mitsamt ihrem "königlichen" Nachwuchs ( mit den untergejubelten Frempaarungen) gedisst und gemobbt.
Anders bei den Sauen: eng verwandte Bachen pflegen hier Ammenschaft. Der soziale Verband ist völlig unabhängig bei der Aufzucht der Jungen von Keilern, selbst der Verlust einer Bache kann durch die anderen Bachen ausgeglichen werden, wenn (und hier greift eben die Synchronisation des Oestrus durch Leitbache) andere Bache gleichaltrige, nicht mehr säugepflichtige Frischlinge weiter führt.

Wer nun aber bei Reh und Sau - also Arten, bei denen Jagd definitiv bestandsregulierend sein kann - derartig Muffe hat, dass er von der vorhandenen Jagdzeit auf Bachen gleich mal die Hälfte vorn und hinten raus kürzt, der sollte sich angesichts der Befunde von Baker und Macdonald (Jagd beeinflusst die Fuchsbesätze eben nicht wirklich, Fuchskontrolle ist nicht wirklich möglich - dort wo sie mit härtesten Methoden durchgekämpft wird, ersetzen andere Prädatoren die Füchse durch vermehrten Gelegefraß komplett...) seinen Glauben an eine "trotzdem sinnvolle ganzjährige Fuchskontrolle" mindestens mit noch etwas schärferen ethischen Grenzen als bei den anderen zwei diskutierten Arten bewahren, meine ich. Also Schonzeit in der vulnerablen Phase der Gehecke - ab Ranz für Rüden, ab März für Fähen und für beide bis September, wo die Gehecke todsicher 3 Monate alt sind (späteste Ranz im März).

Und deshalb bring ich dies Topic. Nicht aus hämischer Freude, Lodenjockeln ihre Apartheid-Denke und ihre unterschiedlichen ethischen Einstellungen bei Schadwild, Nutz- und Edelwild auf`s Tablett zu schmieren - dies allerhöchstens am Rande 8) .
Es geht viel mehr um Zurkenntnisnahme wildbiologischer Befunde, die seit den 80-er Jahren klar sind, sich aber nicht in jagdlicher Ethik oder gar Schonzeiten nieder geschlagen haben, nicht einmal in konkreten deutschen Forschungsvorhaben.
Und das find ich halt so schmählich wie die steten Verwarnungen vor jeder Jagd im tiefen Winter (auch bei ÖJV-lern), bloß keine Leitbache abzuschießen: völliger Kappes, wenn nicht schon Gestreifte unterwegs sind wie dieses Jahr.

Chrüazi,

Martin
 
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Also mit dem Begriff der Leitbache hab ich mich schon immer schwer getan. Von was reden wir hier überhaupt? Vom Teil einer Schwarzwildpopulation im unteren Prozentbereich. Wo haben wir so große Rotten mit einer Leitbache und rangniedrigeren Rotten? Das ist zumindest in weiten Teilen des Landes die absolute Ausnahme. Wir haben meist Rotten mit ein oder zwei Bachen und ev. Überläuferbachen.
Heilige Kühe ergeben die besten Steaks, da ist der Gedanke natürlich nahe nach den "Leitbachen" zu greifen.
Ich bin auch der Meinung, dass eine Bestandregulierung nicht ohne Eingriff beim weilblichen Wild möglich ist.
Was wir doch eigentlich gefordert? Okay stellt mich in die Lodenjockelecke: Doch nur auf jede Borste zu funken und dann was daliegt auch damit begründen, wir müssen auch Bachen schießen.
Fragen wir uns doch erst einmal wo stehen wir, dann können wir weiter überlegen, wo wir hinwollen.
Nach einer Untersuchung der Uni Trier kommen 80 % des Zuwachses aus der Frischlings- und Überläuferklasse. 20 % stellen die Altbachen über 2 Jahre, wie hoch ist dann der Anteil tatsächlicher Leitbachen?
Sicher, jede Überläuferbache ist auch Leitbache wenn sie alleine mit ihren Frischlingen eine Rotte bildet.
Die Schwarzwildstrecken haben den Wahrheitsgehalt arabischer Kriegsberichte, teils gewollt und teilweise aus Nichtkönnen was das Ansprechen angeht.
Ich kenne viele Landstriche, da wird keine Sau älter als zwei Jahre,weil man die halt bei jeder Gelegenheit leichter trifft, ob an der Kirrung oder auf der Drückjagd.
Untersuchen wir doch erst mal die Altersstruktur (körperlicher Nachweis) und dann reden wir weiter. Es wird sich sehr schnell herausstellen, dass hier etwas gefordert wird, was sich in der Praxis als nicht zielführend herausgestellt hat.
Auch dort wo jede Bache erlegt wird, ist der Bestand nicht zusammengebrochen. Ich kenne einen Jagdaufseher, der schießt als von den Landwirten gefeierter Schwarzwlldterminator jede Bache tot. Warum kommt er beim Wildschaden trotzdem nicht in trockene Tücher? Warum lamentieren seine Angrenzer? Warum funktioniert es ein Tal weiter? Warum sagen die privaten Angrenzer am Staatsforst dort der Wildbestand ist angepasst, bzw. einige sind der Meinung: Es könnten ein paar Sauen mehr sein?
Ein Unternehmen ist umso erfolgreicher, je mehr es in der Grauzone fischt. Die Mafia hat andere Gewinnspannen als der örtliche Gemüsehändler.
Der Ruf nach dem Leitbachenabschuss ist nichts weiter, als von einer selektiven und damit anspruchsvollen Jagd wegzukommen. Klar, jede Einschränkung mindert den Jagderfolg und die Drückjagdfans brauchen Erfolge bei dieser Jagdart, auch wenn der Wildbestand längst eine solche nicht mehr rechtfertigt. Also werden bestimmte Gewohnheiten "aufgebohrt". Eine Untersuchung jagt die andere, ab welchem Zeitpunkt Rehkitze keine Führung mehr brauchen und und und....
Als Bayer muss ich natürlich jetzt einen Politiker zitieren, den nicht jeder gemocht hat: "Die Wahrheit liegt in der MItte!"
Warum gelingt es uns nicht einen Mittelweg zu nehmen, zwischen zu starker Einengung bei der Jagd und hemmungslosen Geballere?
Was die Sauen angeht: Es sind einfach zu viele Frischlinge die übrig bleiben. Solange wir das nicht in den Griff bekommen, schlucken wir halt Hustenbonbons, anstatt für trockene Füsse zu sorgen. Das Erstere geht offensichtlich leichter.
Die ganze Debatte ist nichts weiter als der verzweifelte Versuch einer jagdlichen Gruppierung die weder ansprechen können noch wollen, in der Hoffnung damit gleichzeitig alle Probleme zu lösen.
Wozu brauchen wir überhaupt einen Jagdschein? Geben wir doch jeden Waffennarrn eine Knarre, die lösen dann das genauso.
 
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Leider völlig falsch!

Wir hier in MV können über die Klagen westlicher Jäger in Sachen SW nur lachen. Oder weinen, wie mans will.
In Revieren, die zu 80 % aus Mais bestehen, wo der kleinste Schlag 200 Hektar groß ist, hat Wildschaden eine andere Dimension als in NRW oder BW.

Bei uns ist die Jagd auf SW neuerdings keine Jagd mehr, sondern Schädlingsbekämpfung im übelsten Sinne. Wir haben Nachbarn, die sich darauf beschränken, ihre Vorstehhunde die Frösche apportieren zu lassen, um so den Zuwachs abzuschöpfen. Obs hilft? Wer mag es beurteilen? Fakt ist aber, daß die Bejagung von Leitbachen uns nicht weiter gebracht hat, seitdem die Wessis über unsere Reviere herfielen und meinten, uns klar machen zu müssen, wie man SW jagt. Komisch, vorher wars irgendwie anders. Da hatten wir mehr Leitbachen und weniger Schaden im Feld.

Ob SW Schaden macht oder nicht, ist vornehmlich keine Frage der Bejagung, sondern eine Frage der Revierstrukturen, der Ruhe, die man den Schwarzkitteln lässt.

Wir jedenfalls mussten früher keine Leitbachen schießen. Allerdings ist Jagd auch bei uns noch immer keine gesellschaftliche Veranstaltung, bei der jeder Trottel seinen Wachtel, seinen Terrier oder seine Bracke Gassi führt, sondern harte Arbeit mit Vorstehhunden, die ihr Handwerk verstehen und die nicht vor jedem Überläufer das Weite suchen und aufs süsse Rehwild wechseln.

Lasst eure Sauen in Ruhe, ballert nicht auf euren "Drückjagden" auf Rotwild und Rehwild, sondern erlegt nur und ausschließlich Sauen, und ihr werdet sehen, der Wildschaden nimmt ab auf ein erträgliches Maß.
 
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Moin!

colchicus schrieb:
Nach einer Untersuchung der Uni Trier kommen 80 % des Zuwachses aus der Frischlings- und Überläuferklasse. 20 % stellen die Altbachen über 2 Jahre, wie hoch ist dann der Anteil tatsächlicher Leitbachen?
(...)
Der Ruf nach dem Leitbachenabschuss ist nichts weiter, als von einer selektiven und damit anspruchsvollen Jagd wegzukommen. Klar, jede Einschränkung mindert den Jagderfolg

Eben! Die Debatte ist nicht "aus einer Rotte gezielt die Leitbache schiessen" sondern "wenn nur eine dicke Bache breit und frei steht schiesse ich die bevor die Rotte unbeschossen entkommt" (LJG, Schutz von Elterntieren und ggf. regionaltypische Besonderheiten mal aussen vor gelassen).

Was die Sauen angeht: Es sind einfach zu viele Frischlinge die übrig bleiben.

Ja und nein. Eine FriLi-Bache hat in der Regel deutlich weniger FriLis als eine ÜL- und / oder gar eine adulte Bache. Ich erlege also mit dem einen mir in der jeweiligen Situation zur Verfügung stehenden Schuss mit der Bache mehr "Zuwachspotential" - so einfach ist das, auch wenns brutal klingt.

Die ganze Debatte ist nichts weiter als der verzweifelte Versuch einer jagdlichen Gruppierung die weder ansprechen können noch wollen, in der Hoffnung damit gleichzeitig alle Probleme zu lösen.

Das ist Deine Sicht - man kann das aber auch schlichtweg als Abschneiden alter, unnötiger Zöpfe, die einer effektiven Jagd entgegenstehen bezeichnen. Denn wenn wir uns dieser Zöpfe nicht selber entledigen kommen wir schneller zu der von Dir so beiläufig abgetanen Situation - dann werden allerdings nicht wie nach dem Krieg 98er verteilt, dann wird mit der chemischen Keule im Auftrag der Schweinezüchter gewütet.

Viele Grüße,

Joe
 
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@colchicus:
Der Ruf nach dem Leitbachenabschuss ist nichts weiter, als von einer selektiven und damit anspruchsvollen Jagd wegzukommen.

Da hast Du aber mein Posting nicht verstanden. Selbstverständlich ist eine "Rottenführerin" erstebenswert, aber eben wenn diese "Leitbache" die ganze Sippe regelmäßig ins Feld führt, muss genau die weg. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, es funktioniert besser, als immer wieder einen Frili wegzuschießen.
Und im Falle einer notwendigen Bestandreduzierung ist ein massiver Eingriff in die Ü-Bachen/Bachen, gerade bei der DJ, fast die einzige Möglichkeit, ausreichend Strecke zu machen.
 

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