Warum gibt es keine - moderne - 9,5X74R (neunkommaFÜNF)?

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:?: Ich führe seid kurzem einen Bergstutzen mit der 9,3X74R im großem Lauf. Schaue ich mir auf dem Ansitz die zugehörigen Patronen an, dann komme ich ins Grübeln und stelle mir obige Frage, die ich hiermit an interessierte Foristi weitergeben möchte.

Ich habe übrigens nichts gegen die alteingeführte 9,3-Randpatrone, so wie sie ist, auszusetzen. Für europäisches und ähnlich starkes Hochwild braucht es keine leistungsstärkere Randpatrone! Denke ich aber beispielsweise an afrikanisches Großwild, auf das diese Patrone geführt wird, weil sie sich in leichten Kipplaufwaffen einsetzen und handhaben lässt, dann wäre doch etwas Mehr mit den 375-Geschossdurchmesser nicht schlecht und vielerorts auch etwas "legaler"?

Die 9,3X74R lässt sich leicht für 9,5-mm-Geschosse aufweiten. Auch eine Modernisierung der Hülsengeometrie (kürzerer Hals, geringere Konizität) scheint mir einfach machbar. Aber was würde eine derartige Patrone in Wirklichkeit mehr bringen, so dass sich der Aufwand auch lohnt?

Mit Hilfe von Quickload habe ich versucht, eine theoretische Antwort zu finden. Dies ist relativ einfach möglich.

- Erster Schritt: Modifizierung der Hülse 9,3X74R (Erhöhung des Geschossquerschnitts, Erhöhung der Hülsenkapazität um 10%), Erhöhung des maximal zulässigen Drucks auf 3800bar (entspr. 7X65R) und abspeichern als 9,5X74R
- Zweiter Schritt: Suchen einer (fiktiven) Basislaborierung mit dem 300 grs Nosler-Partition, welches knapp 10 mm tief im (ebensolang gedachten) Hülsenhals sitzt.
- Dritter Schritt: Vergleich der fiktiv erreichbaren Leistung dieser Patrone mit der 9,3X74R (mit 286 grs NP), der .375 HH Flanged Mag und der .375 HH Magnum (jeweils mit 300 grs NP).

Die fiktiven Leistungsvergleichswerte aller 4 Patronen wurden ermittelt,
- indem bei den real existierenden Patronen die Vorschläge von Quickload für die Gesamtpatronenlängen übernommen wurden und
- bei allen vier Patronen innerhalb von Quickload nach einem optimalen Treibmittel gesucht (Vorgabe: 90% des Maximalgasdrucks, etwa 100% Füllstand der Hülsen, Auswahl des Treibmittels mit der höchsten V0) und dieses eingesetzt wurde.

Was ist das Ergebnis? Da es sich nur um einen Vergleich von Potentialen handelt, gebe ich keine Absolutwerte an, sondern nur Relativwerte. Die Ergebnisse bei der 9,3X74R setze ich mit 100%. Ich beziehe mich bei den Ergebnisse auf die kinetische Energie Eo und den Impuls (für diejenigen, für die in der Praxis die Geschossmasse höher und die Geschwindigkeitswerte geringer geschätzt werden).

Die Ergebnisse waren (in der Reihenfolge 9,3X74R / .375. HH Fl / 9,5X74R / .375 HH Mag):
- für die Kinetische Mündungsenergie in %: 100 / 114 / 118 / 127
- für den Geschossimpuls an der Mündung in %: 100 / 109 / 111 / 115

Wie man sieht, könnte eine modernisierte 9,5 Randpatrone ohne weiteres die Leistungen der HH-Randpatrone (mit ihrer der früheren Verwendung von Cordite als TM geschuldeten, übergroßen Hülse) erreichen, ja sogar etwas übertreffen. Sie würde näher an die .375 HH heranrücken, deren Verwendung in Kipplaufwaffen nicht gerade optimal ist.

So jetzt bitte Stellungsnahmen!!!

Elmar
 
A

anonym

Guest
Denke ich aber beispielsweise an afrikanisches Großwild, auf das diese Patrone geführt wird, weil sie sich in leichten Kipplaufwaffen einsetzen und handhaben lässt, dann wäre doch etwas Mehr mit den 375-Geschossdurchmesser nicht schlecht und vielerorts auch etwas "legaler"?

Das mit dem legal ist ein altes Märchen, in den meisten afrik. Staaten ist eine 9,3mm mit entsprechender Joule-Zahl auch legal.
Zweitens kümmert sich da kaum jemand drum.
Ich kenne mehrere Jäger, die mit 9,3x62 und 74R erfolgreich ihren Büffel geschossen haben, und nicht nur einen!

Greg Zeiler hat mal ausführlich hier beschrieben, warum er für weitere Schüsse eine 9,3 der 9,5mm (375H&H) vorzieht.

Als 375er mit Rand gibt es schon seit vielen Jahrzehnten eine 375H&H Mag. Flanged, also mit Rand, nur eben nicht so bekannt, wie ihre Schwester mit Gürtel-Hülse.

Übrigens die Schweizer sind da schon einen Schritt weiter und haben gleich eine 10,3x74R gemacht: http://www.gian-marchet.ch/GM-Geschosse ... 374R-d.htm

Gruß
K. Bell
 

tar

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Karamoja Bell schrieb:
Das mit dem legal ist ein altes Märchen, in den meisten afrik. Staaten ist eine 9,3mm mit entsprechender Joule-Zahl auch legal.

Vielleicht kann ja jemand eine FAQ schreiben (oder darauf verweisen) wo das aktuell noch nicht der Fall sein sollte.
Ist eigentlich schon mal wer mit Drilling und incl. FLG in Afrika losgezogen?
 
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Hallo Elmar,

es gäbe auch noch die .369 Purdey, die ebenfalls einen Geschoßdurchmesser von .375" hat, dafür aber eine "modernere" Hülsenform als die .375H&H flanged:

http://www.ammo-one.com/369Purdey.html

Von der Leistung liegt sie mit der H&H-Randpatrone gleichauf, der Pmax ist etwas geringer. Die Hülse basiert auf der .450er Express, hat eine Länge von 68,58mm und ist C.I.P. erfaßt (steht in Anlage III zum WaffG):

L3: 68,58mm
L2: 60,96mm
L1: 55,88mm
------------------
R: 1,07mm
R-D: 15,85mm
------------------
P2: 12,19mm
P1: 13,74mm
------------------
H2: 10,29mm
H3: 10,29mm
------------------
G: 9,52mm
------------------
Pmax: 2700bar (alt, dürfte etwa 3000bar Piezo entsprechen)

Schon komisch, daß die moderne Hülse aus dem Jahre 1922, es nicht in unsere Zeit geschafft hat. Liegt wohl an der Bennenung unter Verwendung des Feldkalibers, das gegenüber der Zugkaliberangabe .375 der H&H-Entwicklung kleiner erscheint und eine 9,5x68R optisch nicht "soviel hermacht", wie eine 9,5x76R . Wäre ich finanziell in der glücklichen Lage mir eine Doppelbüchse für starkes Hochwild fertigen zu lassen, wäre die .369 Purdey meine erste Wahl. Was mich beeindruckt ist, daß sie bei dem sehr geringen Druck mit dem Standartgeschoßgewicht von 270grs. (Vo: 765m/s) trotzdem eine Energie von über 5100 Joule mit dem alten Cordite erbrachte. Ich schätze mal, mit modernerem TLM werden die Leistungsdaten noch etwas besser ausfallen (5300Joule Untergrenze für Großwild in einigen afrik. Ländern).

Grüße
Saturn
 
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Hallo liebe Foristi,

ich würde schon ganz gerne direkte Statements zu meiner Frage erhalten. Also, etwas anders formuliert:
- Warum werden alle möglichen Patronen-"Neu"-Kreationen geschaffen und teilweise auch auf den Markt gebracht, darunter aber keine Randpatrone im höheren Leistungsbereich?
- Warum packt zu diesem Zweck kein / kaum ein Wildcatter die 9,3X74R-Hülse an? Obwohl diese offensichtlich Potential hat.

Die Krieghoff-416er-Patrone habe ich hier außer Betracht gelassen, weil diese ihren Ausmaßen her nicht in schmalere Systeme hineinpasst und vom Pulverraum her für moderne Treibmittel überdimensioniert ist..

Dass es eine 375er-Randhülse gibt, habe ich ja berücksichtigt. Dass es weitere, ältere Patronenkonfigurationen mit eventuellem Modernisierungspotential gibt, habe ich mangels Kenntnis bzw. fehlender Relevanz nicht berücksichtigt. Ob nicht doch die 9,3-Randpatrone auch in Afrika ausreicht, kann ich nicht beurteilen. Ich habe aber einige Einschätzungen gelesen, dass etwas mehr Leistung dort wünschenwert sein soll.

Elmar
 
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Es gab auch mal eine recht potente 9,3x65R Brenneke - also die Randversion der 9,3x64 -, nicht zu verwechseln mit der 9,3x65R Collath!
 
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Hallo Elmar,

das es keine neuen Randpatronen im größeren kaliberbereich gibt hängt von vielen Faktoren ab. Zuerst sind Kipplaufwaffen (bis auf Doppelbüchsen) außerhalb Mittel,- Nord- und Osteuropas sogut wie nicht präsent auf der Jagd und somit besteht außerhalb davon wenig Bedarf für neue Randkaliber.
Dann wird in diesen Regionen auf Wild gejagt, das beim Gewicht nicht an starkes afrikanisches Wild rankommt und mit Kalibern bis 9,3mm und 4500Joule ausreichend bejagt werden kann.
Dann stehen waffen- und sprengstoffrechtl. Bestimmungen in den meisten europ. Ländern einem "wildcating", wie man es aus den USA kennt, im Wege.
Zudem dürfte der Unterschied von Kaliber .366" zu .375" bei der Wirkung auf Wild nicht ins Gewicht fallen.
Der Hauptgrund dürfte aber der erwähnte Mangel an jagbarem Wild in Europa für stärkere Randpatronen als 9,3x74R sein. das ist auch der Grund dafür, daß die Patronen in diesem Bereich, wie die 9,3x65R Brenneke oder ihre engl. Vertreter .350Rigby No.2, .360 No.2 N.E. und die beiden .375er von Purdey (.369) und H&H nach dem Verlußt der Kolonien in Afrika und Südasien und dem rapiden Rückgang der dortigen Wildbestände durch Wilderei und extensive Landwirtschaft, sowie krieger. Konflikten in den 60er/70er Jahren, an Bedeutung verloren und aus den Angebotslisten der Hersteller verschwanden. Nur die Patronen ab Kal. .40 aufwärts blieben für reine Großwildjagden erhalten.
Der Hauptverwendungszweck für den Kaliberbereich .350-.375 war der Schuß auf starke Antilopen und Großkatzen. Die Jagd auf letztere hat fast keine Bedeutung mehr und für die "preiswerteren" Antilopenjagden wie z.B. Kudu, Sabel oder Eland i.V. zu den Jagden auf Dickhäuter, werden meist preiswerterer Repetierbüchsen in den entsprechenden randlosen Kalibern geführt. Das ist auch der Grund, weshalb z.B. die Afrikapatronen 9,3x62 und .375H&H Mag. es bis in unsere Zeit geschafft haben.

Grüße
Saturn
 
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Was saturn so schön ausgeführt hat kann man mit einem Satz zusammenfassen.

Niemand braucht so etwas. :!:
 
A

anonym

Guest
Mal unabhängig ob eine solche Patrone nötig ist, eine "neue" .375 R ist mir bekannt.
Der Konstrukteur hat allerdings die Hülse der 6,5x68 R als Basis genommen und hat die Patrone .375 Hölderlin R genannt. Wenn ich mich recht erinnere war in einer DWJ Ausgabe mal ein Artikel zumindest über die randlose Version welche auf der Hülse der 8x68S basiert.
 
A

anonym

Guest
cast schrieb:
.Niemand braucht so etwas. :!:
Oh, das ist ein gutes statement. Ich ergänze:
Niemand braucht: 8,5x63, 8x64S, 8x57IS, 6x70R, 308 Win, 260 Rem. 5,6x52R 6x52R Brettschneider, 6,5x50R, 7x50R, 338 Ruger, 338Blaser, 375 Blaser, 7 mm Blaser.30 R Blaser, 6,5x64/65(R)
300: Blaser, RUM, H&H, Short Magnum, und Co.
Auch 7x57 Randlos: völlig überflüssig.
Gebraucht wird: 22 Hornet, 222 Rem. 270 Win, 7x64/65R, 30-06, 8x68S Ersatz für alle 300, 338 Kaliber und: 9,3x62/74R... Feierabend.
Ggf. noch für Bär, Büffel, Rhino Elefant : 416 Hofmann.

Einverstanden...?

Gruss Richard aus Hollywald
 

JMB

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Bloß weil keiner der bekannten Delinquenten in einer Jagd-/Waffenzeitschrift darüber schreibt, heißt das noch lange nicht, dass es das nicht gibt.
Ein Bekannter hat vor etlichen Jahren für Afrika eine DB von 9,3x74R auf 9,5x74R umbauen lassen.
IIRC wurde aus Kostengründen nur der Lauf entsprechend aufgezogen und alle Hülsenmaße (außer Halsdurchmesser natürlich) blieben unverändert.

Warum sollte man bei der .375 stehen bleiben, wenn man die 9,3 schon verändert?
Dann doch gleich richtig und zwar Geschossdurchmesser UND Leistung.
Von wann war noch mal die .500/.416 NE?


WaiHei
 
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Warum packt zu diesem Zweck kein / kaum ein Wildcatter die 9,3X74R-Hülse an?

Nun, das ist nicht ganz richtig. Es müsste mal genau nachsehen, aber auf Anhieb fällt mir die .338x74R ein. Und auf .308 oder 8mm ist die bestimmt auch mal eingezogen worden.


Martin
 
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P.O.Ackley schrieb:
Warum packt zu diesem Zweck kein / kaum ein Wildcatter die 9,3X74R-Hülse an?

Nun, das ist nicht ganz richtig. Es müsste mal genau nachsehen, aber auf Anhieb fällt mir die .338x74R ein. Und auf .308 oder 8mm ist die bestimmt auch mal eingezogen worden.


Martin

8x75 RS ist nichts anderes und jemad mit einer .30-9,3x74R-Wildcat ist mir auch bekannt. Entspricht letztendlich der .30 R Blaser, bei der der Hals auf das notwendige Maß gekürzt wurde.
 

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