Welchen Einfluss hat der Waldbau auf die Jagd und umgekehrt

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Auf Anregung vom Foristi Buchbergjäger hier ein Fadem mit möglichst vielen Bildern von mehr oder weniger gelungenem Waldbau und zum diskutieren, was macht Sinn und wie klappts mit dem Waldbau UND der Jagd.

Ich fang mal mit diskutieren an:

Ich bejage ein kleines NSG mit etwa 40% Waldanteil. Dort stockt überwiegend standortsfremde Kiefer auf Muschelkalk. Darunter bereitet sich eine stückzahlarme Naturverjüngung verschiedenster Baumarten an, es dominiert das Laubholz in der Verjüngung. In weiten Teilen hat sich darüber hinaus eine Dichte Dornen-Vegetation gebildet. Rosen, Schwarz- und Weißdorn dominieren, Berberitze, Heckenkirsche, Pfaffenhütchen und Hartriegel sind häufig. Brombeere fehlt fast komplett.

Ich jag jetzt seit fünf Jahren dort, die Rehwildstrecke hat sich kontinuierlich gesteigert (im 3 Jahresrhytmus): bevor ich gekommen bin haben sie auf 230ha etwa 8Rehe/Jahr geschossen, Plan waren 15. Im ersten Jahr waren es 15, dann 23 (3 Verkehrsopfer bei erfülltem Plan), 19, 20, und gegenwärtig sind es 23 Stücke die erlegt wurden (Plan 22 Stück, 20% drüber ist möglich). Die Zusammensetzung schwankt ziemlich, im 3. Jahr z.B. keine mehrjährigen Böcke, ein Jährling, eine Geiß, Rest Kitze und Schmalreh. Insgesamt werden deutlich mehr Geißen und v.a. Schmalrehe geschossen als Böcke. Die Verkehrsopfer nehmen deutlich ab und verschieben sich (im Vergleich zu früher) in Richtung junge Böcke (Jährlinge, 2jährige). Eine Erklärung hab ich dafür nicht.

Die Fläche ist seit drei Jahren vom Bundesforst an die DBU gewechselt. Seither darf nurnoch Schalenwild bejagt werden. Fuchs, Hase, Dachs, Marder und Rabenvögel haben nun das ewige Leben. Über die Sinnhaftigkeit im Vogelschutzgebiet mit bedeutendem Bodenbrütervorkommen muss ich nicht sprechen, oder?

Pflanzungen waren alle gezäunt. Naturverjüngung kam und wurde auch gleich zu Bonsaiformen verbissen (nur Rehwild!). Einzelne schafften es bereits hoch, allerdings sind daraus keine Dickungen entstanden, eher Unterständer (Astig mangels Nachbarn von unten bis oben)

Mittlerweile strecken diese Pflanzen merkliche Triebe in die Höhe. Verbiss ist immer noch da, aber die Bäume wachsen mittlerweile schneller hoch. Wo ältere Buchen stehen etabliert sich teilweise (wo es licht reicht) schöne Verjüngungsansätze. Die darin ebenfalls auflaufenden Edellaubhölzer (Ahorne, Elsbeere Mehlbeere) werden stärker verbissen und drohen in der Buche unter zu gehen. Gepflanzt wird mittlerweile nichts mehr, mal abgesehen von etwa 150 Speierlingen und einigen Obstbäumen (auf den Freiflächen). Diese werden einzelgeschützt. Das Naturverjüngungspotential durch Hähersaat ist enorm. Walnuss, Elsbeere und Mehlbeere tauchen fast überall auf. Die Anzahl derer, die es "über Äser" schaffen, steigt jedes Jahr. Eine Pflanzung mit Buche wäre für diese seltenen Baumarten kontraproduktiv, zudem würden die vom Naturschutz gewünschten "lichten Strukturen" (Heidelerche!) damit langfristig in Frage gestellt.

Das Rehwild war vor 5 Jahren wildprettechnisch extrem schwach und ist es im Schnitt immernoch, auch wenn sich die Ausreißer nach oben - sprich ins normale in den letzten beiden Jahren gefühlt gemehrt haben. Wir haben vor drei Jahren auch umgestellt und haben nicht auf jedes Kitz geschossen, sondern den Abschuss auf Situationen beschränkt, wo es wahrscheinlich war, die ein bis zwei Kitze UND die Geiß zu erlegen. Heuer hat es sehr gut funktioniert, wenn auch teilweise erst am Tag drauf die Geiß fiel. Nur eine Geiß ist nach der Kitzerlegung mit dem 2. Kitz ausgekommen.

Durch den gesteigerten Abschuss hat sich m.E. die Verjüngungssituation verbessert. Geleichzeitig entstehen nun immer wieder neue Einstände und Äsung. Ich gehe davon aus, dass auch dies zu einer Steigerung des Rehwildbestandes bei uns (Zahlenmäßig) beigtragen hat, sonst wären wir nicht jetzt schon mit dem Abschuss defacto durch.

Ähnliches ist auch in den Staatsjagdrevieren hier zu erkennen: Die haben bereits vor 15-20 Jahren die Abschüsse deutlich erhöht. Es entstanden Einstände und Äsung auf großer Fläche, das Rehwild wurde mehr, die Rehwildstrecke konnte weiter gesteigert werden. Inzwischen haben sich die Verjüngungen überem Rehwild geschlossen (im Staatswald, nicht bei mir) und die Äsung wird weniger. Dadurch sinkt auch wieder der Rehwildbestand und die Strecken im Staat gehen vielerorts wieder zurück (liegen aber immernoch über denen der angrenzenden Privaten bezogen auf die Fläche)
 
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Guter Einstieg. [emoji106]
Kannst du noch etwas über die Größe und den Besucherdruck in Revier (eventuell Besucherlenkung) schreiben?
Du schreist über sehr geringe Wildbretgewichte. Was heißt das in Zahlen ausgedrückt?
Welche Schalenwildarten kommen im Revier vor?

Danke im vorraus
 
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Super Thema. Bin gern dabei.
Wenn ich mal wieder am Rechner sitz, kann ich mal was über meinen privaten Wald mit Jagdpachtgemeinschaft im Vergleich zu den zwei 100ha Landeswaldrevieren in denen ich jage, schreiben.
Die Unterschiede sind enorm.
 
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Bei uns gibt es Flächen, die seit 180 Jahren in Regie sind und keine Nachbarn mit Waldanschluss haben. Dort verjüngt sich, es gibt hier nur Rehe, alles verbissempflindliche gut und ohne Zaun oder Einzelschutz. Einzelschutzflächen sind um die Kirrungen herum.
Dort wo jagdfaule und jagduntaugliche Nachbarn anschließen, ist es mühsamer, weil schnell Nachzug erfolgt. Aber auch dort gilt: steter Tropfen höhlt den Stein. "Jagdneid" ist dann ein guter Motivator, man muss seine Kommunikation darauf abstellen und von dem kapitalen Weihnachtsrehbock berichten, dessen Stangen beim bergen leider abbrachen:biggrin:.
 
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Ach ja, der Besucherdruck: lästig sind freilaufende stöbernde Hunde und Pilzsammler. Der normale Spaziergänger/Nordic Walker stört nicht, ich habe das Gefühl, es nützt sogar, wenn man auf dem Ansitz hockt und immer noch Betrieb im Wald ist.
 
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Bei uns gibt es Flächen, die seit 180 Jahren in Regie sind und keine Nachbarn mit Waldanschluss haben. Dort verjüngt sich, es gibt hier nur Rehe, alles verbissempflindliche gut und ohne Zaun oder Einzelschutz. Einzelschutzflächen sind um die Kirrungen herum.
Dort wo jagdfaule und jagduntaugliche Nachbarn anschließen, ist es mühsamer, weil schnell Nachzug erfolgt. Aber auch dort gilt: steter Tropfen höhlt den Stein. "Jagdneid" ist dann ein guter Motivator, man muss seine Kommunikation darauf abstellen und von dem kapitalen Weihnachtsrehbock berichten, dessen Stangen beim bergen leider abbrachen:biggrin:.

Da der hardcore Lodenjockel eine aussterbende Spezies ist geht deine Provokation ins Leere :lol:
 
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Guest
Da der hardcore Lodenjockel eine aussterbende Spezies ist geht deine Provokation ins Leere :lol:
Aber er hat doch Recht. Gutes Beispiel sind diverse 160 bis 180 jährige Tannen im Schwarzwald, welchen die äserfreie Zeit nach 1848 sehr zu Gute kam.

Letztes Jahr war ich in einem Regiejagdbezirk in BW (nicht beim Oberförster_VS) in dem seit fünfzehn Jahren nachhaltig auf 280 ha zwischen 60 und 70 Stück Rehwild geschossen werden. Keuper, sehr strukturreich, viel Jungwuchs und Dickungen (Laub), welche dem Rehwild ein optimales Habitat bieten. Zusätzlich war rundherum alles verpachtet, sodass der stetige Sog für die konstant hohe Rehwildstrecke sorgt.
 
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Bei uns gibt es Flächen, die seit 180 Jahren in Regie sind und keine Nachbarn mit Waldanschluss haben. Dort verjüngt sich, es gibt hier nur Rehe, alles verbissempflindliche gut und ohne Zaun oder Einzelschutz. Einzelschutzflächen sind um die Kirrungen herum.
Dort wo jagdfaule und jagduntaugliche Nachbarn anschließen, ist es mühsamer, weil schnell Nachzug erfolgt. Aber auch dort gilt: steter Tropfen höhlt den Stein. "Jagdneid" ist dann ein guter Motivator, man muss seine Kommunikation darauf abstellen und von dem kapitalen Weihnachtsrehbock berichten, dessen Stangen beim bergen leider abbrachen:biggrin:.


Das mit dem Jagduntauglich kennen die Nachbarn sicher auch :lol:
 
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Die Masche mit dem Provozieren funktioniert nicht. Hier schießt der Staat teilweise auch auf alles, was die Rübe rausstreckt. Der älteste Bock ist drei und es kommt nix rüber, was die Privaten überzeugt, es dem Staat gleich zu tun.

Auch ich habe den Ansatz, möglichst laubholzfreundlichen Waldbau auf großer Fläche und möglichst ohne Zaun zu schaffen, aber ich hab halt nun mal nicht die jagdliche Hoheit und bin dementsprechend auf die "Privaten" angewiesen. Daher mein Versuch, in meinem jagdlichen Einflussgebiet (das zugegebenermaßen recht klein ist) den Spagat zwischen Naturverjüngung ohne Zaun und "jagdlichen Erfolgen aus Sicht der traditionellen Jagd" zu schaffen, sprich, alte und reife Böcke zu erlegen. Ich denke, es ist der einzig vernünftige Weg, durch Vorzeigeobjekte die privaten überzeugen zu können, dass beides möglich ist: Waldbau und einen gesunden (nicht hochen!) Wildbestand mit reifen Trophäenträgern.

Im Startpost hab ich einige Rahmenbedingungen beschrieben. Auf Nachfrage hier noch einige Ergänzungen:
Die Fläche sind etwas über 200ha, davon etwa 40% mit Wald/Gebüsch bestockt. Auf Teilfläche erfolgt jährlich eine Ziegenbeweidung aus Naturschutzgründen. Ich hab keine Felder oder Wildäcker im Revier, die Freiflächen setzen sich zu 2/3 aus Magerrasen und zu 1/3 aus Wiesen zusammen. Alle Freiflächen werden einmal im Jahr gemäht, frühestens Ende Juni, heuer teilweise erst im August. Wenn der Restsommer trocken und heiß ist, erholen sich die Flächen kaum mehr und haben nur spärliche Winteräsung. Gedüngt wird seit Jahrzehnten nicht mehr. Ringsum sind Privatjagden mit ähnlichem Waldanteil und 40-60% Feldanteil. Der Wald ist dort aber meistens zusammenhängend. Die kleinparzellierte Einstreuung von Freiflächen und Wieschen ist bei mir stärker verbreitet.
Der Besucherverkehr ist enorm. Von der ehemaligen militärischen Nutzung sind sehr breite und gut geschotterte Wege vorhanden, die regelmäßig von der Bevölkerung zum Spazierengehen und Hundegassigehen zu allen Tageszeiten genutzt werden. Da es NSG ist, besteht Leinenzwang und Wegegebot auf das ich die Spaziergänger auch höflich hinweise. Die Einstände sind überwiegend Schwarzdornverhaue und sehr steile Hänge oder beides, in denen die Spaziergänger nicht gerne rumkrichen.
Vor drei Jahren ist unweit ein Rudel Rotwild ausgebrochen, dass sich in Teilen immer noch in der Gegend aufhält. Gelegentlich ist Rotwild auch bei mir im Revier (eigentlich Rotwildfreies Gebiet und ca. 10km vom nächsten Rotwildgebiet entfernt. Allerdings nutzt es überwiegend die zusammenhängenden Wälder der Nachbarschaft wo es möglicherweise auch nicht all zu intensiv bejagt wird. Sonst kommt hier hauptsächlich Rehwild vor. Schwarzwild ist auch da, in wechselnden Bestandesdichten. Heuer haben wir übern Sommer nur alle paar Wochen die Anwesenheit von Schwarzwild registriert.
In der Vergangenheit (bei militärischer Nutzung) war dieses Revier wohl der Haupt-Schwarzwildeinstand im Umkreis. Allerdings haben mittlerweile auch die Nachbarreviere größere Einstände und das Schwarzwild verteilt sich nun gleichmäßiger auf der Fläche.

Sonstiges Haarwild: Fuchs, Hase, Marder (Baum und Stein), gelegentlich Dachs. Der frühere gute Karnickelbestand ist vor acht bis zehn Jahren erloschen. Besonderheiten: Rotmilane brüten mehrere Paare in der Umgebung, Uhu und Baumfalke sind ebenfalls da. Der öfteren seh ich auch nen Wespenbussard. Bedeutendes Heidelärchenvorkommen. Neuntöter und andere Heckenbewohner sind relativ häufig. Im Übergangsbereich zu einem Privatrevier beobachte ich fast jedes Jahr ein Rebhuhnpaar.

Besonderheiten in der Bejagung: Wie gesagt, wir sind dort nur zahlende Jagdgäste. Auch sind die Vorgaben relativ stark reglementiert: Keine Kirrungen (auch nicht auf Rehwild), keine Fütterung, nur Schalenwild ist frei, Verwendung Bleifreier Munition. Die Jagdzeiten sind von Anfang Mai bis Mitte Juni, 20. juli bis 10. August, Anfang September bis Ende Januar. Die übrigen Zeiten herrscht Jagdruhe (Ausnahme Rotwild im rotwildfreien Gebiet, krankes Wild) Das hat sich auch schon gebessert, bis letztes Jahr war Jagdinterval anfang bis Mitte Mai und dann erst wieder ab September bis Januar. Dazwischen nur, wenn die Schwarzwildschäden im benachbarten Feld zu groß wurden.
 
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So, ich fang jetzt mal mit Bildern an.
Anhang anzeigen 38949
Hier eines aus einem lichten und total vergrasten Kiefernbestand. Die Eichen aus Hähersaat kämpfen sich langsam hoch und die ein oder ander packt es hoffentlich auch. Eichenwirtschaftswald sieht anders aus, aber der Naturschutz (und der hat hier das Sagen) wünscht diese lichten Strukturen für Heidelerche und co.
Anhang anzeigen 38950
Kiefern-Stangen- bzw. Baumholz mit Buchenbeteiligung. Die Buchen sind noch relativ jung und schwach und kommen grade erst in die Mannbarkeit. Der Boden schaut aber ganz anders aus - nicht vergrast und sofort kommen auch kleine Buchen. Hier werden es andere Baumarten schwer haben, sich gegebüber der Buche zu behaupten.
Anhang anzeigen 38951
Sorry, bekomm das Bild wiedermal nicht gedreht, hoffe man erkennt es trotdem: Jahr(zehnt)elang verbissen, reichen den Pflanzen zwei oder drei Jahre ohne Verbiss aus, um dem Äser zu entwachsen.
 
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Du solltest da besser nicht mehr jagen!

Sonst gehen die offenen Strukturen flöten mit der Buche da drin... :biggrin:

Die arme Lerche!

Wie kann man nur...;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
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10 Jan 2004
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Aber er hat doch Recht. Gutes Beispiel sind diverse 160 bis 180 jährige Tannen im Schwarzwald, welchen die äserfreie Zeit nach 1848 sehr zu Gute kam.

Letztes Jahr war ich in einem Regiejagdbezirk in BW (nicht beim Oberförster_VS) in dem seit fünfzehn Jahren nachhaltig auf 280 ha zwischen 60 und 70 Stück Rehwild geschossen werden. Keuper, sehr strukturreich, viel Jungwuchs und Dickungen (Laub), welche dem Rehwild ein optimales Habitat bieten. Zusätzlich war rundherum alles verpachtet, sodass der stetige Sog für die konstant hohe Rehwildstrecke sorgt.

mit (viel) Rehwild werden Tannen ebenso alt:cool:
 

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