Gut erkannt.
Das Reh wird nicht umsonst auch als Waldrandschlüpfer bezeichnet. Zusätzlich zum Waldumbau = viel mehr Äsung im Einstand, erweitern die vielen Rückegassen
den Waldrand enorm und liefern zusätzliche Äsungsmöglichkeiten.
Im Feld gibt es nicht nur fast ganzjährig ausreichend Äsung, sondern auch
von Ende April/Anfang Mai = Raps bis Mitte September = Mais ausreichend "Versteckmöglichkeiten" = Deckung.
Man könnte jetzt ketzerisch sagen, Forst- und Landwirtschaft sind dadurch zum Teil selbst schuld an der sogenannten Rehwildschwemme.
Das finde ich nicht ketzerisch, sondern es ist der Kern der Wahrheit. Etwas unglücklich gewählt ist aber möglicherweise der Begriff "Schuld". Land - und Forstwirtschaft wird von Menschen gemacht, die den Bedürfnissen des Menschen folgen. Der Wald bedient die heimische Holznachfrage und auf unseren Feldern wachsen Futter- und Energiepflanzen.
Dadurch können die einen Arten in den Beständen anwachsen und die anderen reduzieren sich bzw. verschwinden ganz. Die Frage nach der Verantwortung ist für mich leicht beantwortet. Es ist der Verbraucher. Hier könnte man aber nur etwas ändern, wenn man die Massen zu ökologischem Bewusstsein brächte. Davon ist aber nicht auszugehen, wenn man auf Freiwilligkeit setzen möchte, anstatt auf Gesetze und Verbote. Das wird man also so schnell nicht ändern können, zumindest solange wir ein Haus im Grünen bevorzugen, anstatt einen Grünen im (poitischen) Haus (Parlament, Bundeskanzleramt und ähnlich schreckliche Vorstellungen).
Bleibt also nur die Debatte, wie man mit der Situation und den damit einhergehenden Problemen umgeht und genau da liegt auch der Hase im Pfeffer.
Was ist ein überhöhter Wildbestand?
Ist die Floskel "angepasster Wildbestand" samt teils ideologisierter Interpretationen heute in der Sache tatsächlich ausreichend oder brauchen wir nicht doch genauere Definitionen individueller Zielszenarien?
Wieviel Nutzung / natürliche Bedürfnisse bzw. Existenzrechte wollen wir den Arten zuerkennen?
Welche Einflussfaktoren sollen bei der Ermittlung des Schadens einfließen bzw. wie gewichtet werden?
Welche Rechte und Pflichten haben Grundeigentümer in einer sich verändernden Umwelt und Gesellschaft? Wo müssen diese ggf. auch eingeschränkt werden, weil das Allgemeininteresse (Pflanzen und Tierwelt) vor das Individualinteresse (Ökonomie, Rendite) gestellt werden muss oder soll?
Welche Bejagungsarten wollen wir eigentlich mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit erklären? Brauchen wir tatsächlich immer mehr hochgerüstete Schießer und Hetzer nach Förster und Fösrterinnen bzw. ÖJVer und ÖJVerinnen Art im Walde, die nach dem Prinzip "Masse statt Klasse" dahinmeucheln, nachdem sie ihren Jagdschein eines Tages vielleicht im 24-Stunden-Kursus bei McDonalds an der Autobahnraststätte erworben haben?
Brauchen wir ganz grundsätzlich gefragt eigentlich tatsächlich immer mehr Jagdscheininhaber mit wenig Zeit, anstatt weniger Jäger mit mehr Zeit, die das unter anderem dadurch unter Beweis stellen, dass ihnen der Jagdschein wieder mehr Zeitaufwand und Mühe wert ist? Warum nicht wieder 15 Monate Ausbildung mit intensivem Kontakt zu zertifizierten Jagdpraktikern, anstatt nach zwei Wochen Kurs bei Sonntagspächten Fehlabschüsse zu produzieren?
Müssen unsere Lehrpläne an deutschen Schulen nicht wieder mehr Platz für naturkundliche Bildung und die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen schaffen, anstatt diese Art von lebensnotwendiger Aufklärung dem Internet, den Wolfskuschlern und medialen Ökoterroristen der Gattung Kieling & Co. zu überlassen?
Brauchen wir nicht mehr Toleranz untereinander hinsichtlich der Themen, die für die Zukunft der Jagd und die Stärke der Einigkeit nicht ganz so relevant sind?
Wer sind denn die tatsächlichen Gegner der echten Jagd?
Der Fragenkatalog liese sich spielend fortsetzen. Es geht also weniger um Schuldige und mehr um die Definition von ausgewogener Verantwortung vor dem Hintergrund der gegebenen Verhältnisse, die jeder von uns zwar individuell bedauern oder bejammern aber eher weniger verändern können wird.