Moin,
das ist in der Tat so - a b e r: Du kannst es Dir möglicherweise nicht vorstellen, was so an nzeigen abstrusester Art jeden Tag bei der Staatsanwaltschaft (jede StA hat eine Anzeigenstelle, bei der jeder Bürger eine Anzeige loswerden kann) eingeht. Als Referendar war ich zweimal je einen Tag abgestellt, diese Anzeigen aufzunehmen.
Ein "Bürger" kam an und bezichtigte den (damals noch quicklebendigen) Ex-Bundeskanzler Brandt des Landesverrats und der Gründung einer terroistischen Vereinigung. Und das mit durchaus handfesten und nicht ohne weiteres als dämlich oder verrückt einordenbaren Argumenten. Und ich habe noch viele Beispiele mehr im Gedächtnis, alleine aus zwei Tagen "Anzeigendienst".
Will sagen, es ist nicht immer einfach, auszusieben. Man müsste wirklich mehr Staatsanwälte und auch mehr Ermittler haben, aber auch mehr Richter. Vor allen Dingen aber auch Bürger, die nicht hinterjedem Baum eien Indianer sehen und nicht wegen jeder Unregelmässigkeit oder jedem Nachbarschaftsstreit zum Kadi rennen - denn auch so kann man aus einem Land einen Überwachungs- und Polizeistaat machen, indem man andauernd nach staatlichem Tätigwerden schreit...
Habe die Ehre und
Waidmannsheil
Ja. Die völlige Überfrachtung der Justiz ist ein massives Problem, dass der Politik aber am A... vorbei geht.
Ausbaden müssen es die betroffenen Bürger.
Ich habe als kleiner Händler vor längerer Zeit ganz naiv eine Anzeige wegen Warenbetrug erstattet. Ging um ein Gerät im Wert von ca. 500 Euro. Ich habe den Betrüger benannt, den An- und Verkaufshändler der das Gerät von selbigem erworben und über ebay vertickt hat und den Käufer, beim den das Gerät letztendlich gelandet ist. Alles dokumentiert. Wurde wegen mangelndem öffentlichen Interesse eingestellt.
Da fängst du als kleiner Bürger an, den Glauben an den Rechtsstaat zu verlieren.
Später wurde mir klar, dass das nur ein Fall von Hunderttausenden war. Einer Kollegin, die übers Internet Bastelartikel verteilt und die ebenfalls einige Anzeigen wegen Warenkreditbetrug erstattet hatte, hat der Sachbearbeiter bei der Staatsanwaltschaft ganze Aktenschrankwände voll vergleichbarer Fälle gezeigt. Wird alles eingestampft.
Solche Kleindelikte werden nur verfolgt, wenn eine Handelskette mit angeschlossener Anwaltskanzlei dahinter her ist. Oder wenn man einem einzelnen Täter mit wenig Aufwand eine ganze Serie solcher Straftaten nachweisen kann. Wobei das Verfahren dann auch noch auf die wichtigsten Taten eingeschränkt wird und der Rest wieder abgestempelt wird.
Als Händler bleibt dir nur, jeden Fall privatrechtlich über ein gutes Inkassobüro verfolgen zu lassen und dich schon vor dem Verkauft über eine ordentliche Bonitätsprüfung halbwegs abzusichern.
Wir müssten dringend dahin kommen, dass die Polizei bei solchem Kleinkram (wie Ladendiebstahl etc.) direkt angemessene Bußgelder, Fahrverbote etc. verhängen kann und die Fälle gar nicht erst bei der Staatsanwaltschaft landen.
Wenn ich den Presseberichte mit den angeblich hohen Aufklärungsquoten sehe, kann ich nur herzhaft lachen.
Solche Quoten sind leicht zu erreichen, wenn sich die Justiz nur auf wenige offensichtliche und schwerwiegende Fälle konzentriert und den großen Rest aus Zeitmangel einfach in die Ablage wandern lässt.