Knut, ich versuche es nochmals ganz einfach:
Ob sich eine Anlage (im Rehbock) zu einem 500-Gramm-Gehörn entwickelt, hängt von weiter oben schon erwähnten Gegebenheiten im Lebensraum des Bockes ab.
Aber die Grundvoraussetzung ist das genetische Potential.
Ohne diese genetischen Möglichkeiten nützt die beste Umwelt- und Lebensbedingung nix.
Issnumaso, sächt Fiete, un de schall dat weten....
Das ist richtig. Aber bei schlechteren Anlagen entwickelt er sich eben unter besten Bedingungen zum 440g Bock.
Was aber weder für den einen noch anderen Bock passiert, wenn die Bedingungen nicht passen.
Hinzu kommt eben noch, dass in einem gegebenen Gebiet die Anlagen eben gar nicht so weit gestreut sind.
In Mittelhessen werden die Böcke wohl nie Südschwedische Gehörne schieben, selbst wenn die Bedingungen optimal sind. Diese Unterschiede liegen in der genetischen Variation der Population. Und diese genetische Drift wiederum ist auch von Umweltfaktoren beeinflusst.
Der Knopfler im südhessischen Revier würde aber höchstwahrscheinlich mit zu den besten Jährlingen des Reviers gehören, wenn die Bedingungen für ihn stimmen.
Die genetischen Anlagen spielen im Vergleich von großräumigen Populationen eine deutliche Rolle, aber werden für die Abschuss- und Selektionsentscheidung im eigenen Revier maßlos überschätzt.
Einerseits ist die Chance, dass der schwache Bock nur aufgrund seiner Veranlagung schwach ist, minimal, andererseits hat die Entnahme dieses Individuums infinitesimal geringen Einfluss auf die Anlagen der lokalen Population. Zu komplex ist die Genetik des Geweihwuchses, mit Genen für Knochenbau, Gefäss- und Nervenwachstum, allgemeinen Wachstumsfaktoren etc., welche daran beteiligt sind. Und nicht nur die Erbanlagen für das Gehörnwachstum direkt, sondern auch solche, die die Gesamtphysis beeinflussen, haben Einfluss auf das Gehörn eines Bockes.
Daher ist es sogar so, dass, wenn man ein paar südschwedische Böcke in Hessen aussetzt, deren Anlagen sich zwar innerhalb weniger Generationen in der Population verteilen, aber deswegen noch lange keine südschwedischen Gehörne gelegentlich auftauchen. Selbst dieser Zugewinn an Anlagen wird in der Population durch kaum wahrnehmbare Gewinne beim Gehörne quittiert.
Die Rolle der Anlagen werden von uns Jägern also maßlos überschätzt.