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Lieber @Klosterwald, ich möchte Dir widersprechen. Ich kenne viele Forstbetriebe und halte es ebenso, dass wir unsere aktiven Jäger sehr wertschätzen, in keiner Weise gängeln, Bereiche für Verkaufsdrückjagden und ähnliches reservieren. Jeder Jäger weiß, dass wir ihn brauchen und es auch auf ihn ankommt, ob die nächste Waldgeneration aus Fichte besteht oder mit einem nennenswerten Anteil (= > 25 %) Weißtanne sowie allem, was natürlich einfliegt in einem Femelschlagverfahren mit gelegentlichen Störungen (Löcher), also z.B. Birke, Vogelbeere, Bergahorn, Erle wo’s nass ist, Buche, Eiche durch Hähersaat. Ich möchte den Anteil der Fichte unter 50 % bringen. Gestartet worden ist der Waldumbau nach 1848, da war der Wald beweidet, vernichtet, leergehauen. Kurz: ruiniert. Aus der Phase 1850 - 1900 stammen unsere Tannenreiser Althölzer. Dann ging es pro Fichte, Weltkriege, Übernutzungen, Reparationshiebe, waldbaulicher Unverstand, mein Vorgänger hat 1972 einen Betrieb mit 75 % Fichte übernommen. Die letzte Forsteinrichtung sah die Fichte bei 61 %, in diesem Jahr läuft die Inventur, ich vermute, dass jetzt 55-58% rauskommen. Der Weg ist richtig, das Ziel noch nicht da, in den nächsten drei Jahrzehnten sollten wir deutlich weiterkommen, sonst war es das mit dem schönen vorratsreichen Wald und allen Auswirkungen, die daran hängen. Der Forstwirt kann anders als Landwirt nicht jedes Jahr einzwei neue Anbauentscheidungen treffen. Was heute aufwächst muss > 80 Jahre halten. Es mag sein, dass die Epigenetik noch etwas Flexibilität bringt, aber aus der Fichte wird kein Pfahlwurzeler.Gemäss dem altem Spruch "der Erfolg hat viele Väter, der Mißerfolg ist ein Waisenkind" und in Kombination mit meiner Lebenserfahrung würde ich mal behaupten wollen - es ist geradezu scheißegal, was die Jäger machen. Sie werden auf alle Fälle die Buhmänner für irgendetwas sein.
Ich habe großes Verständnis, wenn Waldeigentümer wie @waldgeist, der einen so großen Wald hat, dass er jährliche etliche Vollernterwochen im Holzeinschlag tätig ist, also sagen mir mal 750 ha, sagen, dass sie das Wild höher Gewichten als ihren Wald. Es ist deren Vermögen und wenn nicht gerade die Trinkwasserversorgung einer Gemeinde auf einen Waldstandort angewiesen ist (weil es dort kein Nitrat oder Pestizidproblem gibt) und wenn es die Nachbarn nicht schädigt, dann ist nichts dagegen zu sagen.
Würde jetzt bei uns ein Jäger vorstellig werden, der pachten möchte und zu erkennen gibt, dass ihm das Naturerlebnis, die Freude am Anblick v.a. motivieren, dann müsste ich ihm mindestens € 250/ha/Jahr abnehmen, um den Vermögensschaden zu kompensieren, den ich bei einer solchen Art der Jagdausübung erwarte.
Jäger sind dann Buhmänner, wenn sie
a) völlig ahnungslos ignorant sind
b) sie sich absichtlich den legitimen Eigentümerzielen widersetzen.
Und das dann völlig zurecht.
Wenn sie aber mitziehen und auch im Blick haben, dass ein artenreicher Wald auch ein Lebensraum für viele Arten ist, auch für solche, die nicht dem JagdG unterliegen (was für den einzigen „staatlich geprüften Naturschützer“ doch eine Erfüllung seiner Ziele sein sollte), dann sind ein zentraler Baustein für die nächste Waldgeneration und verdienen großes Lob und jeden Respekt.