Weit diskutiertes und hochemotionales Thema, bei dem sich die verschiedenen Meinunsgverfechter schnell und zuverlässig in die Haare kriegen. Die einen sind sich sicher, dass die Tiere ganz anders empfinden, die anderen glauben, dass es ahezu genausoviel Leid auslöst, wie wenn bei einem Menschen ein Familienmitglied stirbt. Und meiner Ansicht nach, haken mindestens die Hälfte der Jäger diesen Gedankengang immer schnell mit "die leben ja viel rauher....die sind das gewöhnt....die haben das schnell vergessen" ab, weil sie sich schlichtweg nicht mit derartigen Gedanken belasten wollen.
Wir wissen es nicht besser als vor Zehn Jahren und werden es in 10 Jahren auch nicht besser wissen und uns immernoch darum streiten (bzw. manche).
Deshalb meine Auffassung und dann klinke ich mich aus der entfachten Diskussion aus:
Ich
weiß nicht, wie weit das Wild derartigen emotionalen Schmerz verspürt, der Mensch neigt nunmal dazu, alles zu personifizieren und zu vermenschlichen. Ich gehe aber davon aus, dass es, wie auch beim Menschen, vom Individuum abhängt, was und wie intensiv empfunden wird.
Unabhängig aller Meinungen und Ideologien, trete ich dem Wild so entgegen, wie es mich die Erfahrungen über dessen Verhalten lehren. Aber auch hier gilt eindeutig, dass jedes Individuum anders ist - auch und gerade der Jäger. Die Leute, die mit Rückenwind an der Äsungsfläche sitzen, weil der Platz halt so schön ist und dann sagen: "Dann kommt das Wild eben von Hinten", die machen sich wahrscheinlich auch weniger Gedanken über das Verhalten der Tiere und vor allem deren Beweggründe, genau so zu handeln, wie sie es tun. Ich konnte noch nie stumpf auf die Jagd gehen, weil "es halt schön ist". Natürlich finde ich es "schön". Aber ich möchte verstehen, was um mich herum passiert, warum das genau so passiert, warum es das nächste mal ganz anders passiert und für mich persönlich ganz wichtig: Was mit dem hochkomplexen Gebilde der Natur passiert, wenn ich anfange, darin einzugreifen. Und der Eingriff fängt mitnichten bei der Erlegung eines Tieres an. Wer das glaubt, sitz mit dem Rückenwind....ihr versteht. Ebenso lerne ich nicht viel, wenn ich nur auf Distanz jage und nach dem Schuss gemütlich meine Zigarette rauche, den Rucksack packe, das Stück an Ort und Stelle aufbreche und dann am nächsten Wochenende wiederkomme...
Genügend Leute schießen ein Stück, freuen sich, fahren nachhause, Ende. Wenn man z.B. ein Kalb schießt (es geht jetzt nicht um die Augustjagd, das ist auch im späten Winter noch der Fall und beim Schmaltier/-spießer im Folgesommer) und sich genug mit der Situation befasst, lernt man schnell, dass alles nicht so primitiv ist, wie es vielen erscheint. "Junge Alttiere kommen zurück, alte kennen das Spiel und sind über alle Berge". Solange ich mich nicht gar so dumm anstelle, dass mich das Alttier sieht oder ich erst 5 Sekunden nach dem Schuss repetiere o.ä., stimmt das nicht im Geringsten. Auch das uralte Alttier, das wohl schon zwei Hände voll Kälber verloren haben mag, kommt zurück.....
Da sind wir aber wieder bei dem Punkt, wie viel jemand das Wild beobachtet oder dies auch überhaupt möchte.
Wer Rotwild bejagt, aber nicht das mal laut genervt fordernde, mal das leise sehnsüchtig schmerzvoll klingende "Meh" kennt...wer Rehwild bejagt, aber nicht häufig fast unhörbare "Mjo" und dessen Reaktion bei den anderen Stücken kennt....wer über Eichelhäher als Nesträuber schimpft oder sie vor ebendiesen Leuten verteidigt und nicht kennt, welch undenkbare Geräusche sie loslassen, wenn sie sich liebevoll am Nest miteinander richtiggehend unterhalten....wer Füchse bejagt, aber nicht weiß, wie sie keckernd und liebevoll "quietschend" miteinander kommunizieren.....etc. pp......der sollte sich meines Erachtens mehr mit unseren Wildtieren befassen, bevor er sich ein Urteil über deren emotionales Gebaren bildet.
Und um pudlichs Frage zu beantworten: ich selbst freue mich tierisch über jedes erlegte Stück, aber mache mir bei jedem Stück Gedanken, was ich damit wohl ausgelöst habe....Häufig mit dem Schluss, dass jetzt eine Ricke tagelang ihr Kitz sucht... Ich schieße gerne Doubletten und Tripletten...man mag es unter Umständen nicht verstehen, aber tatsächlich auch zu großem Teil genau aus diesen Überlegungen heraus.
Letztes Jahr kamen mir z.B. zwei verwaiste, schon ganz plüschige Frischlinge mit ca. 7 kg. Die waren im Laubwald munter am rumtoben und brechen und Bucheckern futtern. Ich habe mich gegen einen Schuss entschieden, weil ich eine dreiviertel Stunde lang beobachten konnte, wie die zwei miteinander durch den Wald ziehen und ich einfach zu große Sorge hatte, nicht beide zu bekommen und dann kümmert einer alleine jämmerlich durch den Wald, wohingegen sie es so zwar nicht leicht haben, aber sich miteinander wohlzufühlen scheinen. Ein anderer hätte entschlossen geschossen und sich auf die Schulter geklopft, weil er was gutes getan hat, da sie ja verwaist waren. Welche Gedanken hier nun die Richtigen wären, kann niemand beantworten
Es wird immer andere Ansichten geben. Bis auf die Extreme ist das auch gut so. Manche würden mich als gefühlsduselig bezeichnen, andere beschimpfen mich als Schießer, obwohl sie nur einen Bruchteil von dem mitbekommen, was ich tatsächlich aus dem Revier rausziehe...
Diskutiert hier doch nicht so viel....geht raus und beobachtet. Macht euch auch mal Gedanken, die sich vielleicht auch "unangenehm" anfühlen.