Die Zahl der frei im Rothaargebirge lebenden Wisente ist erneut verkleinert worden. Das teilt der Wisent-Verein mit. Ende Januar wurden zwei Bullen getötet und entnommen. Diese von Beginn des Artenschutzprojektes an mit eingeplante Maßnahme ist zum Erhalt der Gesamtpopulation und Regulation der im öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbarten Herdengröße notwendig. Die Entnahme von Tieren aus der Gruppe ist zudem aus genetischen Gründen zur Vermeidung von Inzucht und somit zum gesunden Erhalt der Herde insgesamt erforderlich.
SchieĂźen der Tiere ist Ultima Ratio
Gleichwohl sieht der Wisent-Verein das Schießen der Tiere als Ultima Ratio an. Intensive Versuche, die Tiere in andere Projekte zu vermitteln, haben nicht zum Erfolg geführt, denn junge Bullen sind für diese kaum von Interesse. Die Reduzierung der Herde wird von dafür rechtlich autorisierten Person vorgenommen. Die Herde zählt nun – nach jüngsten Beobachtungen – 25 Tiere. Nach der Vorstellung des Wisent-Gutachtens und den Gesprächen mit Umweltministerin Ursula Heinen-Esser war im Ergebnis unter anderem vorgeschlagen worden, das Projekt insgesamt breiter aufzustellen und weitere wichtige Akteure ins Boot zu holen. Das hat der Wisent-Verein zuletzt getan. Dessen Vorsitzender Bernd Fuhrmann zog jetzt ein positives Fazit nach den ersten intensiven Gesprächen mit dem Kölner Zoo und der Deutschen Wildtierstiftung.
Grundsätzliches Interesse an Partnerschaft
Vertreter beider Institutionen waren Ende Februar bzw. Anfang März zu getrennten und dann gemeinsamen Gesprächen nach Bad Berleburg gekommen. Vertreter des Wisent-Vorstandes gaben den Repräsentanten der beiden Institutionen ausführliche Einblicke in das Wisent-Artenschutzprojekt zur Wiederansiedlung der größten Landsäugetiere im Rothaargebirge. Für den Kölner Zoo nahmen dessen Direktor Prof. Theodor Bernhard Pagel und die Wissenschaftlerin Dr. Johanna Rode-Margono teil. Für die Wildtierstiftung waren ihr Vorstandsvorsitzender Prof. Klaus Hackländer und Dr. Andreas Kinser nach Bad Berleburg gekommen. Bernd Fuhrmann: „Wir haben sehr gute und harmonische Gespräche geführt. Beide Organisationen haben ihr grundsätzliches Interesse an einer Partnerschaft mit dem Wisent-Verein geäußert. Nun müssen – auch in Kooperation mit dem NRW-Umweltministerium – die nächsten Schritte abgestimmt und konkretisiert werden.“
FĂĽhrungen dauern eineinhalb bis zwei Stunden
Auch im Besucherareal bei Wingeshausen tut sich einiges. Zuletzt sind die Sturmschäden erfolgreich beseitigt worden. Ab dem 29. März gelten im Besucherareal „Wisent-Wildnis am Rothaarsteig“ wieder die Sommer-Öffnungszeiten – und zwar bis zum 30. Oktober 2022. Die neuen erweiterten Öffnungszeiten im Sommerhalbjahr sind dienstags bis sonntags und an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr (letzter Einlass). Montags ist das Besucherareal „Wisent-Wildnis“ für Besucher geschlossen. Mit dem Frühjahr bietet der Wisent-Verein zwischen Mai und Oktober wieder offene Führungen im Besucherareal „Wisent-Wildnis am Rothaarsteig“ an. Sie finden an jedem ersten und dritten Samstag im Monat statt. Treffpunkt ist der Eingangsbereich zur „Wildnis“ am Empfang, Beginn ist jeweils um 14.30 Uhr. Die Führungen dauern etwa eineinhalb bis zwei Stunden und werden von fachkundigen Mitarbeitern des Wisent-Vereins angeboten.
Kuh Quelle zeigte Wisent-untypisches Verhalten
Der Wisent-Verein hat im Februar die Kuh Quelle aus Sicherheitsgründen töten müssen. Sie war vor mehr als zehn Jahren von Menschenhand mit der Flasche aufgezogen worden. Das hat in der Folge zu einem Wisent-untypischen Verhalten geführt, zum Beispiel auch zu erhöhter Aggressivität gegenüber Menschen. Dieses problematische Verhalten ist mit zunehmendem Alter des Tieres stärker geworden, die Gefährdung für Menschen damit größer. Deshalb musste der Verein handeln. „Quelle war eine besondere Kuh“, erklärt die Wissenschaftliche Koordinatorin des Artenschutzprojektes, Kaja Heising, und ergänzt: „Wir bereuen nicht, dass wir sie damals mit der Flasche retten konnten. Sie hat viele Kälber geboren, die sie erfolgreich aufgezogen hatte, und einige von ihnen leben heute sogar in Freiheit.“
Zweite Fanganlage wird in KĂĽrze fertiggestellt
Bereits 2020 war die Fanganlage im Besucherareal der „Wisent-Wildnis“ fertiggestellt worden. Nun sind auch die Arbeiten an der zweiten Fanganlage weitgehend abgeschlossen und diese wird in Kürze fertiggestellt sein. Sie ist im Managementbereich des ehemaligen Auswilderungsareals entstanden und für die frei lebende Herde gedacht. Die Fanganlage dient in erster Linie dazu, einzelne Tiere auf eine Umsiedlung vorzubereiten. In West-Europa leben bislang freie Wisente ausschließlich im Rothaargebirge. Die natürliche Abwanderung von jungen Bullen dient dem genetischen Austausch zwischen den Herden innerhalb einer Population. Im Rothaargebirge - mit der bewusst begrenzten Zahl an Individuen - müssen überzählige, aber für die Zucht wertvolle Tiere beiderlei Geschlechtes regelmäßig eingefangen werden. Eine Fanganlage erleichtert dies und ermöglicht den Transport zu Ländern mit ebenfalls frei lebenden Wisenten, vorwiegend in Osteuropa.