Wohlstandsverwahrlosung im Staatsforst?

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Trotz minderer Qualität könnte man bei bereits geschlagene Bäume doch für Brennholz noch einen Erlös erzielen, oder lohnt das nicht.
Das private Brennholzsäger nicht Starkholz schlagen sollten versteht sich von selbst.
 

z/7

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Ich halte einen Nutzungsverzicht ab einem gewissen Punkt ja auch für Schwachsinn, v.a. im Hinblick auf damit verbundenen Import, aber die Ansprüche an unseren Wald sind in großen Teilen der Gesellschaft nun mal andere als eine wirtschaftliche Nutzung und die Politik muss diesen Interessen ja Rechnung tragen.
Das ist einfach nur schizophren. In anderem Kontext wird ständig die Monstranz der Wirtschaftlichkeit vor sich hergetragen, um der Bevölkerung von ihr unerwünschte Dinge zu verkaufen, und genau hier soll es auf einmal egal sein?

Ich weiß wirklich nicht, was daran so schwer zu verstehen ist: für das guten Gewissens bei uns nutzbare Holz, das man verrotten läßt, werden anderswo auf der Welt intakte Urwälder gerodet. Das ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll.
Punkt.
 

z/7

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Eine verstärkte Bejagung wird ja mit dem Umbau der Wälder hin zu klimastabileren Mischwäldern argumentiert. Es geht dabei ja um eine Angepasstheit der Wälder im Hinblick auf die soziale und ökologische Funktion des Waldes, nicht um dessen Ökonomische.
Doch. Es geht sehr wohl auch um den ökonomischen Aspekt. Weil die Volkswirtschaft auf diesen Rohstoff angewiesen ist.

Was wird an unseren Schulen eigentlich unterrichtet, daß heute kein Mensch mehr weiß, von was das Überleben einer Gesellschaft abhängt?
 
G

Gelöschtes Mitglied 13565

Guest
Ich weiß wirklich nicht, was daran so schwer zu verstehen ist: für das guten Gewissens bei uns nutzbare Holz, das man verrotten läßt, werden anderswo auf der Welt intakte Urwälder gerodet. Das ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll.

Es wird schlicht nicht gesehen. Ein typischer Fall um Verlagerung zu verdeutlichen.

Man erkennt daran übrigens auch wie gut der Begriff Nachhaltigkeit in der Politik und im ,,Naturschutz" verstanden wird.


CdB
 
M

Mannlicher764

Guest
Ein wichtiger Punkt ist das tlw willkürlich festgelegt worden ist, was stillgelegt werden soll. Ich hätte keine Probleme mit Flächen die ohnehin nicht kostendeckend zu bewirtschaften sind und davon hat jedes Revier etliche. Ebenso bin ich für habitatbäume, die aber monetär ausgeglichen werden sollten. Ich habe 10% der Fläche naturwaldparzellen und eine 4-stellige Zahl an Habitatbäumen.
Es steht ausser Frage das der öffentliche Wald auch andere Funktionen, stärker als der private, bedienen muss, allerdings wenn wir dadurch für unser Weltklima wichtigere Urwälder abholzen, ist es inakzeptabel.
Ich hatte mich schon öfter dazu geäußert:"Geiz ist geil und gier frisst Hirn!" Solange der Verbraucher nicht bereit ist für Holzmöbel, Gartenhäuser, Dielen, Parkett und Toilettenpapier aus Deutschland etwas mehr zu bezahlen, als für die gleichen Dinge mit zweifelhafter Herkunft, wird weiter Urwald gerodet. Hauptsache der Yuppie kann durch schönen grünen Wald joggen.
Generell ist das eines der großen gesellschaftlichen Themen in dieser Zeit und damit punktet jede Partei. Der Bürger ist mittlerweile so stark sensibilisiert, das jede Maßnahme die im entferntesten nur "naturnutzung" zur Folge hat, misstrauisch begutachtet wird und mit gefährlichen halb- bis garkeinwissen kommentiert wird. Allerdings das eigene Kaufverhalten, wenn es nicht gerade Lebensmittel sind, nicht geändert wird bzw durchdacht wird.
 
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Is ja klar. Nachhaltig ist es, wenn der Dreck vor deiner Haustür liegt anstatt vor meiner.

Oder ums mal mit Bezug auf Globalität zu sagen:

Nachhaltig ist, wenn ich MEINEN Dreck vor DEINE Haustür schmeiße und mich dann darüber beschwere, wie es bei DIR aussieht und dass DU nicht aufräumst.

P.S.: Wir haben gesamtgesellschaftlich so viel erreicht, jetzt muss mir nur noch einer erklären, wie man die drei Muscheln benutzt.
 
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Mannlicher764

Guest
Eines hatte ich vergessen, bzw zwei Dinge:
Leider haben wir uns zum Sklaven der eigenen Wirtschaft gemacht. Unser Holz darf nicht mehr als 70cm am dickeren Ende und 40cm am dünneren Ende haben, da hier der Vorschub im Sägewerk am besten ist und die Anlage am effizientesten läuft. Das hat zur Folge das wir eben starkes Holz, sofern überhaupt noch produziert, nach Asien schicken um es dort sägen zu lassen. Importieren aber gleichzeitig jede Menge Holz!

Ein anderer Punkt ist, und das kreide ich unter anderem auch meiner Zunft an, das wir uns den naturschutz auf den Waldflächen aus der Hand haben nehmen lassen. Für viele altvordere war der dicke Hirsch wichtiger als die moorfläche oder das bachtälchen. Hätten die Brüder aufgepasst, zugehört und gehandelt, würde es heute eine starke waldnaturschutzvereinigung unter Federführung der Förster und Jäger geben.
Da bin ich mir sicher
 
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Es ging um seinen konkreten Fall des Buchenstamms !

...und am "Bericht" von wernerzwo stört mich dazu einfach diese negative Grundtendenz gegen professionell arbeitende Forstbetriebe, gleich welcher Größe !

Das ist weder professionell noch hat es mit "Betrieb" im Sinne von Wirtschaft was zu tun!

Also das Beispiel aus dem Eingangsbeitrag ganz konkret:
- Buchenstamm in höchster Qualität wird bei regulärer Bewirtschaftung mit auf den Holzlagerplatz verbracht. Und es war nicht der einzige Buchenstamm im Los

- dann merkt irgendein Sesselpf... im Amt, daß der über 80cm BHD hat

- der konkrete Stamm wird auf Regiebasis (=zusätzliche Kosten) mit dem Rückzug wieder in den Bestand zurück verfrachtet

Mir ging es in erster Linie um des "Ernteverbot" von hochwertigem Holz - soviel zu meiner negativen Grundtendenz! Das reale Beispiel war nämlich in Wirklichkeit noch irrsinniger als von mir in groben Zügen geschildert! Bist Du jetzt zufrieden???
 
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Da werden ja die verschiedensten Dinge wieder mal wild durcheinander geworfen.
(Tropische) Urwälder spielen beim sog. "Klimaschutz" auf der Ebene der Kohlenstofffixierung überhaupt keine Rolle, weil totes Material sehr schnell abgebaut und der Kohlenstoff wieder freigesetzt wird.
Für den Artenschutz sind sie natürlich extrem wichtig.
Woran man mal wieder sieht, dass "Klimaschutz" und Artenschutz zwei unterschiedliche Baustellen sind.

Weil die Wälder bei uns in den letzten hunderten von Jahren von der Forstwirtschaft zu einem grossen Teil abgeholzt und der Rest fast vollständig ausgeplündert und "aufgeräumt" wurde, ist dort der Kohlenstoffvorrat in Form von verrottendem Totholz sicher viel niedriger als er es natürlicherweise wäre.
Da gibt es also noch Potential für temporäre Kohlenstoffsenken über einen Zeitraum von ein paar hundert Jahren, auch weil das Material bei uns langsamer zersetzt wird als in den Tropen.
Der Wiederaufbau dieser Kohlenstoffsenken ist also wohl gar keine so schlechte Idee und nützt auch dem Artenschutz speziell von heimischen Arten.
 
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Da werden ja die verschiedensten Dinge wieder mal wild durcheinander geworfen.
(Tropische) Urwälder spielen beim sog. "Klimaschutz" auf der Ebene der Kohlenstofffixierung überhaupt keine Rolle, weil totes Material sehr schnell abgebaut und der Kohlenstoff wieder freigesetzt wird.
Für den Artenschutz sind sie natürlich extrem wichtig.
Woran man mal wieder sieht, dass "Klimaschutz" und Artenschutz zwei unterschiedliche Baustellen sind.

Weil die Wälder bei uns in den letzten hunderten von Jahren von der Forstwirtschaft zu einem grossen Teil abgeholzt und der Rest fast vollständig ausgeplündert und "aufgeräumt" wurde, ist dort der Kohlenstoffvorrat in Form von verrottendem Totholz sicher viel niedriger als er es natürlicherweise wäre.
Da gibt es also noch Potential für temporäre Kohlenstoffsenken über einen Zeitraum von ein paar hundert Jahren, auch weil das Material bei uns langsamer zersetzt wird als in den Tropen.
Der Wiederaufbau dieser Kohlenstoffsenken ist also wohl gar keine so schlechte Idee und nützt auch dem Artenschutz speziell von heimischen Arten.
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Da werden ja die verschiedensten Dinge wieder mal wild durcheinander geworfen.

Ja, aber auch von Dir.

(Tropische) Urwälder spielen beim sog. "Klimaschutz" auf der Ebene der Kohlenstofffixierung überhaupt keine Rolle, weil totes Material sehr schnell abgebaut und der Kohlenstoff wieder freigesetzt wird.

Die spielen aber dahingehend eine Rolle, als sie eben durch die Holznutzung direkt oder indirekt erst degradiert und / oder direkt gerodet und in weniger speichernkönnende Sekundärwälder oder in andere Landnutzungsformen (Ölpalmen, Soja, ...) überführt werden.

Für den Artenschutz sind sie natürlich extrem wichtig.
Woran man mal wieder sieht, dass "Klimaschutz" und Artenschutz zwei unterschiedliche Baustellen sind.

Das hängt davon ab, im Tropenwald geht das durchaus parallel, bei uns nicht!

Weil die Wälder bei uns in den letzten hunderten von Jahren von der Forstwirtschaft zu einem grossen Teil abgeholzt und der Rest fast vollständig ausgeplündert und "aufgeräumt" wurde, ist dort der Kohlenstoffvorrat in Form von verrottendem Totholz sicher viel niedriger als er es natürlicherweise wäre.

Das wissen wir nicht, weil wir nicht wissen, was "natürlich" wäre. Halboffene Weidelandschaften z. B. hätten weniger Totholz.

Da gibt es also noch Potential für temporäre Kohlenstoffsenken über einen Zeitraum von ein paar hundert Jahren, auch weil das Material bei uns langsamer zersetzt wird als in den Tropen.
Der Wiederaufbau dieser Kohlenstoffsenken ist also wohl gar keine so schlechte Idee und nützt auch dem Artenschutz speziell von heimischen Arten.

Das hilft dem Klima nicht, weil wir Wälder stillegen, deren Holz genutzt wird. Der Stopp dieser Nutzung führt zu "negativer Substitution", also einem Anstieg des Einsatzes fossiler Brennstoffe, abgesehen von "leakage", wenn Holz vermehrt importiert wird. Die Stilllegung gefährdet darüber hinaus Arten, die an lichte Wälder und andere Arten als Buche angepasst sind.
 
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... Die spielen aber dahingehend eine Rolle, als sie eben durch die Holznutzung direkt oder indirekt erst degradiert und / oder direkt gerodet und in weniger speichernkönnende Sekundärwälder oder in andere Landnutzungsformen (Ölpalmen, Soja, ...) überführt werden. ...
Wer weis schon immer sicher, was Primär- und was Sekundärwald ist ?
Als Francisco de Orellana im Jahr 1541 erstmals den Amazonas befuhr, lebten dort Millionen Menschen. Der "Primärwald" ruht heute noch in Form von Holzkohle in den Terra-Preta-Böden.
Und ganze Maya-Städte sind heute von Sekundär-Urwald verschluckt.

Das hängt davon ab, im Tropenwald geht das durchaus parallel, bei uns nicht!
Wenn man etwas nicht will, ewrklärt man es eben schnell mal für unmöglich.

Das wissen wir nicht, weil wir nicht wissen, was "natürlich" wäre. Halboffene Weidelandschaften z. B. hätten weniger Totholz.
Ja, dafür dass wir so wenig wissen, verschlimmbessern wir aber recht zielstrebig.

Das hilft dem Klima nicht, weil wir Wälder stillegen, deren Holz genutzt wird. Der Stopp dieser Nutzung führt zu "negativer Substitution", also einem Anstieg des Einsatzes fossiler Brennstoffe, abgesehen von "leakage", wenn Holz vermehrt importiert wird. Die Stilllegung gefährdet darüber hinaus Arten, die an lichte Wälder und andere Arten als Buche angepasst sind.
Der Einsatz von fossilen Brennstoffen ist nicht zwingend, es gibt auch CO2-arme Möglichkeiten der Energieerzeugung.
Bzgl. Artenschutz : "Kleiber oder Wiedehopf" ? Ich bin für Kleiber
 
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Ich hatte gestern ein interessantes Gespräch mit einem Aufkäufer von Laubholz, als wir bei mir ein paar Eichenstämme angeschaut haben. Wobei ich nicht weiß, ob er übertreibt! Allerdings habe ich mich danach richtig geärgert, wenn auch nur ansatzweise stimmt was er erzählt hat.

Nach seiner Aussage bleiben mittlerweile alle Laubbäume im bayerischen Staatsforst mit BHD > 80cm als Totholz liegen!
Er schilderte ein Beispiel, wo der Revierförster bei einer Durchforstung auch eine etwas größere Buche mit 12m geraden und astfreien Schaft (aber über 80cm BHD) mit rausgenommen hat - die anschließend wieder in den Bestand gezogen werden musste. Jetzt kann dieser wertvolle Stamm verfaulen...

Wenn diese Geschichte stimmt, dann ist das eine Riesensauerei und grenzt für mich tatsächlich an Wohlstandsverwahrlosung!

Grundsätzlich kann jeder Eigentümer mit seinem Besitz machen was er will, aber
- hier werden große Summen an Eigentum der Steuerzahler vernichtet
- gleichzeitig wird viel Stammholz aus dem Ausland importiert um den Bedarf zu decken
- würde es für die Natur vermutlich reichen, wenn gelegentlich mal ein großer aber qualitativ minderwertiger Baum liegen bleibt
- ansonsten könnte man ja oftmals auch die Kronen und oberen Stammreste als "Naturholz" liegen lassen

Und was mich besonders ärgert ist einfach die Vorstellung, daß man bestes Holz nutzlos verrotten läßt und gleichzeitig aus jedem Schalenwildverbiss den Untergang des deutschen Waldes herbei leitet!

Hat jemand eine Ahnung, ob es im bayerischen Staatsforst tatsächlich solche generellen Vorgaben gibt und wie die begründet werden?

Für mich unverständlich das man dieses Holz verrotten lässt, oder wird man kein Sägewerk finden die diese "Stärke" schneiden können?
D.T.
 

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