cast schrieb:
Nutzt einer eine Klinge in Tantoform zum Abfangen?
Ist das nachteilig, weil die keine spitzwinkelige, symmetrische Spitze vorhanden oder eher ein Vorteil, weil der vordere, meißelartige Klingenteil beim Eindringen viel Gewebe zerstört?
Also 2. Wahl oder eher nur ungewohnt?
Die alten Japaner haben sich viel Gedanken darum gemacht wie man mit einer Klinge möglichst effektiv tötet.
Die Tantoklinge ist das Ergebnis.
Die Klingenspitze würde ich so scharf schleifen wie es eben nur geht. Die ist auf jeden Fall stabiler als alles was es sonst noch so gibt und mit Sicherheit nicht "knochengerig".
Wenn die Griffform und die Parierstange passt, warum nicht?
Nein, so ist das nicht.
Das, was heute als "Tantoform" bezeichnet wird, ist eine Erfindung von Lynn Thompson / Cold Steel aus den 1980iger Jahren.
Diese Klingenform sollte einige Vorteile haben (bessere Durchstichkraft) vor allem aber sollte sie "fernöstlich cool" aussehen und sich gut verkaufen.
Das hat auch geklappt. Lynn hatte hohe Schulden gemacht, um die Werbung zu bezahlen und stand wiederholt kurz vor dem "AUS" - aber schliesslich verkauften sich seine Messer so erfolgreich, dass sie letzten Endes die weltweite Bekanntheit von Cold Steel begründeten.
Echte japanische Tanto´s sehen - jeder kann das via Google rausfinden - an der Spitze eher aus wie ein normales Küchenmesser.
Die typische Spitzenform gibt es nur bei den Schwertern und auch das nur in gewissen Zeiten bzw. Perioden.
Das Tanto von Cold Steel soll vor allem für Hiebe und Schnitte benutzt werden, so erläutert Lynn T. den Kampfstil, für den er das Messer erdacht hat. Auch Stiche sind natürlich möglich und die Spitze soll besonders stabil sein.
Ausgangspunkt der Überlegungen war, dass die damals verfügbaren doppelschneidigen Kampfmesser im F-S Stil vorne sehr dünn und spitz waren und deswegen sehr häufig abbrachen.
Lynn T. wollte genau das vermeiden. Zudem waren Einsatz-Messer nach dem Ende der grösseren Kriege - vor allem in Vietnam - immer weniger als Meuchelmord-Instrumente (das war die Idee des F-S- Stiles) und immer mehr als "Multi-Tools" verwendet worden.
Daher erdachte er zunächst das "CS Tanto" - es sollte sehr stabil und als "Multi-Toll" verwendbar und für den Kampfstil der Bowie-Messer-Fans mit Hieben und Schnitten bei geringerem Gewicht gut geeignet sein.
Später realisierte LT dann noch das wieder doppelseitig scharfe, aber im vorderen Bereich sehr verstärkte "Tai Pan" Kampfmesser
Zum Einsatz eines "Modern Tanto" als Saufänger:
Klar geht das, vor allem, wenn man eben "nach unten durchschneidet". BHD hat das wiederholt erklärt.
So soll auch das "Boarhunter" von Cold Steel verwendet werden, dessen saxartige Klinge ja nur einseitig scharf ist. Mir gefällt das überhaupt nicht.
Zudem sind in den USA, soweit man das in den Foren lesen und an den Fotos sehen kann, die Sauen wie Javelinas usw. oft deutlich kleiner als bei uns.
Von entlaufenen Hausschweinen abstammende Riesenbiester auf echten oder getürkten Fotos sind wohl eher die Ausnahme.
Wenn ich mir dann anschaue, was erfahrene Leute dabei haben .... hier sind
breite, doppelseitige oder zumindest im vorderen Bereich doppelseitig scharfe Klinge die Regel.
Die MAM Klingen sind nicht schön (und zu schwer) - aber sie sind breit und werden von einem Profi für andere Profis gemacht.
Damit wären eher Klingen in der Form der klassischen europäischen Saufänger, Pugio, Gladius, Parazonium, "Ochsenzungen" oder katzbalgerartig breite Klingen vorzuziehen.
Nach "vorherrschender Meinung" sollten die Klingen vorne nicht zu spitz sein, damit sie sich bei einem Knochentreffer nicht festbeissen, sondern abrutschen und "in die Tiefe wirken".
"Breite tötet" gilt dabei - wer bei der Breite entsprechende Abstriche machen will oder muss, wird nach "unten durchziehen" müssen.
Alternativ wird auf Seminaren ja immer wieder die "Hebel" Methode vorgestellt: Zustechen und dann nach unten und oben bewegen. Das geht dann aber nur mit einer doppelseitig scharfen Klinge!!!
Alles in allem ist es, da wir bei uns ja nur noch über abfangen reden (das ist Wild ist ja schon dem Verenden nahe und immobil) ziemlich schnurz, welche Klinge man genau nimmt -
wenn man es richtig macht.
Das ist gar nicht so einfach; mir war jedenfalls ziemlich mulmig beim ersten Mal. Zum Glück hatte ich gar keine Wahl, denn der Unfall war direkt am Ortsausgang, viele Häuser, Polizei, Feuerwehr, Autos - und ich hatte auch gar keine Schusswaffe dabei.
Es musste also sein ... wie gesagt, ist es leichter, davon zu reden, als das auch umzusetzen.
Insofern lautet mein Lieblingsargument: Die Leute waren früher nicht blöder als heute. Damals hatten die keine anderen Waffen als Klingen. Und wenn eine Klingenform einige hundert oder sogar tausend Jahre nahezu unverändert benutzt worden sind (wie Gladius und Pugio oder wie historisch belegte Saufänger) dann kann man meiner Auffassung nach davon ausgehen, dass diese Formen ziemlich ideal sind.