Als "typisch deutsch" empfinde ich die Diskussion, ob die Einführung eines Veteranenabzeichens denn tatsächlich richtig sein könne, obwohl
- dies doch ehemalige NVA-, Wehrmachts- und Reichswehrangehörige, Soldaten des Kaiserlichen Heeres, des Deutschen Bundes und die Teenage Mutant Ninja Turtles ausschließt,
- man bei Feuerwehr, THW, jeweiliger Landesjägerschaft und dem örtlichen Schützenverein immer nur ein Abzeichen dafür bekommt, dass man dabei ist - und nicht dafür, dass man mal dabei war,
- seine Form doch in penetranter Weise an das Eiserne Kreuz erinnert und dadurch zartbesaitete Norweger oder andere sanfte Zeitgenossen seelisch traumatisieren könnte,
- Abzeichen jeglicher Art niemals einfach (was immer das heißen mag), sondern stets nur unter Aufbietung allerhöchsten Heldenmutes und unter Einsatz des eigenen Lebens (was immer das heißen mag) erworben werden dürfen und
- alle Mensch:innen, die kein Abzeichen bekommen doch sooo traurig sind.
Das Veteranenabzeichen ist ein Abzeichen. Keine Auszeichnung. Es ist auch kein Orden und es wird nicht als Ordensband an der entsprechenden Spange oder auch nur an der Uniform getragen, sondern ausschließlich an Zivilkleidung.
Es wird auf Antrag des das Abzeichen Begehrenden verliehen (d. h., diesem nicht bei Trommelwirbel des Heeresmusikkorps vor der angetretenen Truppe an die Heldenbrust geheftet, sondern - sehr stimmungsvoll! - per Post in einem Recyklingpapierumschlag mit zerknittertem Anschreiben ohne Unterschrift zugesandt) und dient dazu, seinen Träger als ehemaligen Soldaten der Bundeswehr zu kennzeichnen. Es ist klein, besteht aus billigstem Prägemetall ohne jegliche Farbeinlage und kommt in einer klaterigen Plastikbox, die bei Ferrero durch die Qualitätskontrolle für Ü-Ei-Beilagen fallen würde.
Ich habe es beantragt und zugeschickt bekommen. Als ich es in Natura vor mir liegen hatte, überkam mich kurzzeitig schauerartig tatsächlich das Gefühl, mein Land könnte mich vielleicht doch nicht so lieb haben, wie ich es umgekehrt habe, wenn es mir so etwas - und vor allen Dingen in DER stimmungsvollen Art und Weise! - als Anerkennung für meinen geleisteten Dienst dediziert....
Doch dann kam ich wieder zu mir und meine Gedanken wurden wieder klar:
Das Veteranenabzeichen ist keine Anerkennung! Es dient der Erkennung! Vielleicht auch noch dem sich Bekennen zu etwas - der Bundeswehr, dem Reservistenwesen, vielleicht sogar ganz hoch gegriffen auch zu unserem Land.
Aber es ist ein Abzeichen. Keine Auszeichnung.
Beim Veteranentag verhält es sich so ähnlich.
Dieser stellt ebenfalls keine Auszeichnung dar, sondern soll an die Veteranen und den von ihnen geleisteten Dienst erinnern.
Am liebsten selbstverständlich an einen von Sinn und Wirksamkeit erfüllten Dienst, wie man ihn sich wünschen würde. Bei denen, die dies so zu erleben nicht das Glück hatten, sicherlich aber auch an die Unerfreulichkeiten.
Worauf es am meisten ankommt, ist aber, daran zu denken und darüber zu reflektieren, WOFÜR dieser soldatische Dienst geleistet wurde. WAS er bewirken sollte und WARUM.
Dann kommt man direkt darauf, dass der Blick zurück in die Vergangenheit unmittelbar auch den in die Zukunft schärft! Entscheidend ist, Streitkräfte und Gesellschaft wieder intensiv zu verzahnen und den Soldaten als Bürger in Uniform fest in den Köpfen und Herzen aller Teile der Gesellschaft zu verankern. Der Veteran ist - gewissermaßen als Schnittmenge beider Gruppen - eigentlich nur Vehikel und Multiplikator dieser dringenden Erfordernis und sein Gedenktag ein Anstoß dazu.
Man kann der Gewerkschaftsbewegung auch ohne 1. Mai, der Opfer von Krieg, Gewaltherrschaft und Vertreibung auch ohne Volkstrauertag und der Einheit in Freiheit ohne 3. Oktober gedenken. Diese Tage aber zu haben, macht es einfacher, dies im Jahrestrubel nicht zu vergessen.
Genauso kann/soll/wird es mit dem Veteranentag sein und ich freue mich darauf, auch dadurch hoffentlich in Zukunft vielleicht mal öfter auf der Straße, dem Bahnsteig oder sonstwo gegenüber jemandem in Flecktarn ein kurzes: "Danke für Ihren Einsatz!" zu hören!
M.