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- 16 Jan 2002
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Dunkel war's, der Mond schien helle - als ein Jäger blitzesschnelle abends auf dem Hochsitz saß... August 2001, eine warme Sommernacht, der Jäger war meine Wenigkeit, und der Hochsitz, eine offene Leiter, stand in einer starken Eiche, rechts davon ein ca. hektargroßes Maisfeld, welches etwa so aussah wie Berlin 1945. Gute zwei Wochen hatten die Sauen hier gewütet, und ich hatte dem Revierinhaber meine Hilfe versprochen. Also hatte ich nach Dienstschluß meine Ruger 300WinMag aus dem Schrank geholt, und um 20:30 aufgebaumt, noch bei hellem Tageslicht. Die Chancen standen nicht schlecht, denn um in den Mais zu kommen, mußten die Wutze rechts hinter mir eine Wiese überqueren, und der Mais selber wies schon so viele Löcher auf, daß ich sicher war, irgendwann auf eine Sau zu Schuß zu kommen.
Zuerst leistete mir nur eine Ricke mit Kitz Gesellschaft, die trotz der intensiven Sauwitterung auf der Wiese ästen. Dann kam noch ein Hase dazu, und putzte sich keine 10 Meter vor der Leiter, was mich jedesmal amüsiert. Irgendwann waren die tierischen Entertainer jedoch entschwunden, und ich machte mich mental auf einen langen Ansitz gefaßt. Zurücklehnen (der Leitersitz ist recht bequem), die Augen schließen, und auf das Gehör vertrauen... naja, ein bißchen Augenpflege habe ich sicher auch betrieben, es war ja schließlich ein langer Tag. Dann hieß es Warten.
Halb zwölf schlug der Kirchturm aus dem nahen Dorf, und weckte mich aus meinem Gedusel. Plötzlich war ich dann hellwach und drehte mich nach rechts herum, gerade noch rechtzeitig, um zu beobachten, wie ein halbes Dutzend etwa gleichgroße Sauen (keine Frischlinge dabei) im Schweinsgalopp die Wiese überquerten und im Mais verschwanden. An einen Schuß war nicht im Traum zu denken.
Sofort ging das Konzert los welches jeder der mal die Sauen im Mais gehört hat sicher kennt. Grunz, schmatz, quiek, krach - mir sträubten sich die Nackenhaare auf, und ich versuchte, so gut es ging, nach rechts in Anschlag zu gehen. Jeder Rechtsschütze wird mir dafür das Fakirdiplom zugestehen, denn ich wartete in dieser total verkrampften Position eine geschlagene Stunde lang, in der Hoffnung, daß eine der Sauen auf eine Freifläche treten würde. Ja, Pustekuchen! Nix war's, nur der Mond sank niedriger und niedriger, im Gegensatz zu meinem Adrenalinspiegel, denn die Sauen ließen sich noch nicht einmal vom Wind stören, der mittlerweile genau von mir ins Maisfeld zog.
Da erinnerte ich mich an ein Statement, welches ich in einer älteren Jagdzeitschrift mal gelesen hatte. Ein Jäger besang dabei die Spannung, wenn er bei Mondenschein die Sauen im Mais anpirschte; dies sei seine liebste Jagdart. Was der kann, kann ich auch, dachte ich mir, und krabbelte leise von der Leiter herunter. Anschließend umschlug ich das Maisfeld, des Windes wegen, und begann, laaaaaangsaaaaaam und vorsichtig in den Mais einzudringen. Vorher hatte ich natürlich das Glas auf 3fach gedreht (kleiner geht's nicht, und die Festmontage geht auch nicht schnell ab) und das Leuchtabsehen eingeschaltet. Beim Eindringen half mir die Unbekümmertheit der Sauen, die lustig vor sich hin schmatzten, und so von mir akustisch gut lokalisiert werden konnten.
Nach etwa 20 Metern ohne "Feindberührung" kam ich an eine wohnzimmergroße Freifläche - ein Zeugnis der schweinischen Werke vergangener Nächte. Dabei konnte ich hören, daß eines der Wutze sich schräg von links vorne eben dieser Freifläche näherte. Hinknien, Waffe entsichern und in Voranschlag gehen waren eins. Nach ein paar Sekunden sah ich, wie sich die Silhouette der Sau auf ca. 4 Meter Entfernung aus den Maisstauden schob, und breit verhoffte! - Jetzt oder nie - mitten aufs Blatt und raus war der Schuß! Und sofort nachrepetiert, denn jetzt flüchteten alle Sauen in heller Panik zurück in den schützenden Wald. Ich drehte mich mit entsicherter Waffe wie ein Kreisel, aber keine Sau kam in meine Nähe, keine versuchte mich anzunehmen. Binnen weniger Sekunden herrschte Totenstille im Maisfeld.
Ich begann zu grübeln: jetzt hast du eine Sau beschossen, mitten in der Nacht. Die Nacht ist warm, und wenn du bis zum Morgen wartest, ist sie möglicherweise verhitzt. Watt machste nu... Naja, am Anschuß ist sie nicht geblieben, also kannste wenigstens mal den Anschuß kontrollieren. Also noch ein paar Minuten gewartet, Taschenlampe an und hingeleuchtet - Schweiß, jede Menge Schweiß, überall am Boden und in ca. 40cm Höhe an den Maisstauden abgestreift! Also, die Kugel hat sie, und wo das 220grains TR hinhaut, wächst kein Gras mehr - die Frage ist nur: ab wann...
Schließlich siegte die Neugier und die Unvernunft (ich weiß, ich weiß), und ich ging der überdeutlichen Schweißfährte nach, in der linken Hand die Lampe und in der rechten die entsicherte Waffe, jederzeit bereit zu einem Schuß "aus der Hüfte". Bitte steinigt mich jetzt nicht wegen meiner Unvernunft! Jedenfalls war die Fährte nicht zu verfehlen, und nach kaum 20 Metern lag die Sau da, mausetot, mitten durchs Herz geschossen.
Pffffuhhhhh, erst mal tief durchatmen!!! Das wäre geschafft, alles Übrige ist Routine! Raus aus dem Mais, Mantel und Knarre abgelegt, und zurück, mit einem Strick bewaffnet, um die Sau auf die Wiese zu ziehen - leicht bergauf noch dazu. Ich knotete den Strick um den Wurf des Keilerchens, und versuchte zu ziehen. Verdammt, war ich nach all der Aufregung müde! Ich schaffte es ja kaum, dieses Überläuferchen aus dem Mais zu ziehen! Aber irgendwann lag er dann am Rand der Wiese, und mir fiel erstmal die Klappe runter! Von wegen Überläuferchen, das war ja ein ausgewachsener Keiler, und mit respektablen Waffen noch dazu! Im Mais sah er gar nicht soooo groß aus... ich bekam doch noch nachträgliches Muffensausen, und machte mir selbst erst mal klar, wieviel Dusel ich gehabt hatte. Aber dann erst mal Aufbrechen und den Burschen versorgen. Ich ließ ihn dann auf dem Rücken liegend und mit gespreizten Läufen auf der Wiese auskühlen, und machte es mir noch für ein paar Stunden in meinem alten Kombi bequem, bis der Morgen dämmerte. In der Frühe machte ich mich dann auf die Suche nach Hilfe, denn alleine hätte ich den Burschen niemals ins Auto gebracht. Und wieder hatte ich Glück: ausgerechnet der Bauer, dem das Maisfeld gehörte, kam mir auf dem Feldweg mit seinem Traktor entgegen - war natürlich ein diplomatisch äußerst günstiger Schachzug, daß es sehen konnte, daß in seinem arg zerrupften Mais den Sauen auch nachgestellt wurde. Zu zweit war die Sau im Handumdrehen im Auto, und als nächstes holte ich den Jagdherren aus dem Bett, der sich kräftig mit mir freute. Wir wogen den ca. 4jährigen Keiler: 78Kg aufgebrochen, mit 16,8cm langen Waffen, wie sich später herausstellte - mein bisher stärkster! Und das Maisfeld hatte anschließend für fast zwei Wochen wieder Ruhe...
Waidmannsheil Euch allen!
Winchester
Zuerst leistete mir nur eine Ricke mit Kitz Gesellschaft, die trotz der intensiven Sauwitterung auf der Wiese ästen. Dann kam noch ein Hase dazu, und putzte sich keine 10 Meter vor der Leiter, was mich jedesmal amüsiert. Irgendwann waren die tierischen Entertainer jedoch entschwunden, und ich machte mich mental auf einen langen Ansitz gefaßt. Zurücklehnen (der Leitersitz ist recht bequem), die Augen schließen, und auf das Gehör vertrauen... naja, ein bißchen Augenpflege habe ich sicher auch betrieben, es war ja schließlich ein langer Tag. Dann hieß es Warten.
Halb zwölf schlug der Kirchturm aus dem nahen Dorf, und weckte mich aus meinem Gedusel. Plötzlich war ich dann hellwach und drehte mich nach rechts herum, gerade noch rechtzeitig, um zu beobachten, wie ein halbes Dutzend etwa gleichgroße Sauen (keine Frischlinge dabei) im Schweinsgalopp die Wiese überquerten und im Mais verschwanden. An einen Schuß war nicht im Traum zu denken.
Sofort ging das Konzert los welches jeder der mal die Sauen im Mais gehört hat sicher kennt. Grunz, schmatz, quiek, krach - mir sträubten sich die Nackenhaare auf, und ich versuchte, so gut es ging, nach rechts in Anschlag zu gehen. Jeder Rechtsschütze wird mir dafür das Fakirdiplom zugestehen, denn ich wartete in dieser total verkrampften Position eine geschlagene Stunde lang, in der Hoffnung, daß eine der Sauen auf eine Freifläche treten würde. Ja, Pustekuchen! Nix war's, nur der Mond sank niedriger und niedriger, im Gegensatz zu meinem Adrenalinspiegel, denn die Sauen ließen sich noch nicht einmal vom Wind stören, der mittlerweile genau von mir ins Maisfeld zog.
Da erinnerte ich mich an ein Statement, welches ich in einer älteren Jagdzeitschrift mal gelesen hatte. Ein Jäger besang dabei die Spannung, wenn er bei Mondenschein die Sauen im Mais anpirschte; dies sei seine liebste Jagdart. Was der kann, kann ich auch, dachte ich mir, und krabbelte leise von der Leiter herunter. Anschließend umschlug ich das Maisfeld, des Windes wegen, und begann, laaaaaangsaaaaaam und vorsichtig in den Mais einzudringen. Vorher hatte ich natürlich das Glas auf 3fach gedreht (kleiner geht's nicht, und die Festmontage geht auch nicht schnell ab) und das Leuchtabsehen eingeschaltet. Beim Eindringen half mir die Unbekümmertheit der Sauen, die lustig vor sich hin schmatzten, und so von mir akustisch gut lokalisiert werden konnten.
Nach etwa 20 Metern ohne "Feindberührung" kam ich an eine wohnzimmergroße Freifläche - ein Zeugnis der schweinischen Werke vergangener Nächte. Dabei konnte ich hören, daß eines der Wutze sich schräg von links vorne eben dieser Freifläche näherte. Hinknien, Waffe entsichern und in Voranschlag gehen waren eins. Nach ein paar Sekunden sah ich, wie sich die Silhouette der Sau auf ca. 4 Meter Entfernung aus den Maisstauden schob, und breit verhoffte! - Jetzt oder nie - mitten aufs Blatt und raus war der Schuß! Und sofort nachrepetiert, denn jetzt flüchteten alle Sauen in heller Panik zurück in den schützenden Wald. Ich drehte mich mit entsicherter Waffe wie ein Kreisel, aber keine Sau kam in meine Nähe, keine versuchte mich anzunehmen. Binnen weniger Sekunden herrschte Totenstille im Maisfeld.
Ich begann zu grübeln: jetzt hast du eine Sau beschossen, mitten in der Nacht. Die Nacht ist warm, und wenn du bis zum Morgen wartest, ist sie möglicherweise verhitzt. Watt machste nu... Naja, am Anschuß ist sie nicht geblieben, also kannste wenigstens mal den Anschuß kontrollieren. Also noch ein paar Minuten gewartet, Taschenlampe an und hingeleuchtet - Schweiß, jede Menge Schweiß, überall am Boden und in ca. 40cm Höhe an den Maisstauden abgestreift! Also, die Kugel hat sie, und wo das 220grains TR hinhaut, wächst kein Gras mehr - die Frage ist nur: ab wann...
Schließlich siegte die Neugier und die Unvernunft (ich weiß, ich weiß), und ich ging der überdeutlichen Schweißfährte nach, in der linken Hand die Lampe und in der rechten die entsicherte Waffe, jederzeit bereit zu einem Schuß "aus der Hüfte". Bitte steinigt mich jetzt nicht wegen meiner Unvernunft! Jedenfalls war die Fährte nicht zu verfehlen, und nach kaum 20 Metern lag die Sau da, mausetot, mitten durchs Herz geschossen.
Pffffuhhhhh, erst mal tief durchatmen!!! Das wäre geschafft, alles Übrige ist Routine! Raus aus dem Mais, Mantel und Knarre abgelegt, und zurück, mit einem Strick bewaffnet, um die Sau auf die Wiese zu ziehen - leicht bergauf noch dazu. Ich knotete den Strick um den Wurf des Keilerchens, und versuchte zu ziehen. Verdammt, war ich nach all der Aufregung müde! Ich schaffte es ja kaum, dieses Überläuferchen aus dem Mais zu ziehen! Aber irgendwann lag er dann am Rand der Wiese, und mir fiel erstmal die Klappe runter! Von wegen Überläuferchen, das war ja ein ausgewachsener Keiler, und mit respektablen Waffen noch dazu! Im Mais sah er gar nicht soooo groß aus... ich bekam doch noch nachträgliches Muffensausen, und machte mir selbst erst mal klar, wieviel Dusel ich gehabt hatte. Aber dann erst mal Aufbrechen und den Burschen versorgen. Ich ließ ihn dann auf dem Rücken liegend und mit gespreizten Läufen auf der Wiese auskühlen, und machte es mir noch für ein paar Stunden in meinem alten Kombi bequem, bis der Morgen dämmerte. In der Frühe machte ich mich dann auf die Suche nach Hilfe, denn alleine hätte ich den Burschen niemals ins Auto gebracht. Und wieder hatte ich Glück: ausgerechnet der Bauer, dem das Maisfeld gehörte, kam mir auf dem Feldweg mit seinem Traktor entgegen - war natürlich ein diplomatisch äußerst günstiger Schachzug, daß es sehen konnte, daß in seinem arg zerrupften Mais den Sauen auch nachgestellt wurde. Zu zweit war die Sau im Handumdrehen im Auto, und als nächstes holte ich den Jagdherren aus dem Bett, der sich kräftig mit mir freute. Wir wogen den ca. 4jährigen Keiler: 78Kg aufgebrochen, mit 16,8cm langen Waffen, wie sich später herausstellte - mein bisher stärkster! Und das Maisfeld hatte anschließend für fast zwei Wochen wieder Ruhe...
Waidmannsheil Euch allen!
Winchester