Hallo OVS,
bitte fasse das nicht als Kritik auf, aber bezüglich dem Wald in öffentlicher Hand gilt doch meines Wissens nach wie vor das Urteil des BundesVerfG vom 31. Mai 1990, (BVerfG, Urt. v. 31.05.1990, NVwZ 1991, 53) in dem es heißt:
"Die Bewirtschaftung des Körperschafts- und Staatswaldes dient der Umwelt- und Erholungsfunktion des Waldes, nicht der Sicherung von Absatz und Verwertung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse." Und weiter: "Die staatliche Forstpolitik fördert die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes".
der Begriff der "Leistungsfähigkeit" ist durchaus auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu verstehen, und im Rahmen der gesetzlichen Beschreibung der Funktionen des Waldes finden wir dies auch aufgeführt: "... die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion..." Die so gewählte Auflistung deutet schließlich auf die Reihenfolge der Bedeutung hin. Es findet sich im weiteren Gesetzestext lediglich der Hinweis, dass der Staatswald "in besonderem Maße auch" der Schutz- und Erholungsfunktion zu dienen hat, d.h. aber nicht, dass die Nutzfunktion unwesentlich wäre! Mit Abstufung gilt dies übrigens auch für den sonstigen Wald in öffentlicher Hand (Kommunalwald).
Das allein aber bedeutet ganz klar, dass die in den Vordergrund gerückten Wohlfahrtswirkungen der Wälder öffentlicher Hand so wichtig sind, dass verbeißendes Schalenwild rigoros und solange herunterzufahren ist, bis eine artenreiche und standorgerechte Naturverjüngung auch ohne Zaun hochkommen kann. Großflächig.
Hier liegt eben gerade Dein Denkfehler, denn gerade dann, wenn der Aspekt der reinen Wirtschaftlichkeit wegfällt, ist zum Einen Verbiss oder Schäle ebenfalls irrelevant, denn die reine Schutz- und Erholungswirkung entfaltet auch ein Bestand aus weitgehend unwirtschaftlichen bzw. verbissenen/geschälten Bäumen. Zweitens wären ja weder Zaunbau noch Einzelschutz zu beanstanden, wenn Wirtschaftlichkeit keine Rolle spielte.
Bis zu einem gewissen Maß könnte man darüber hinaus sogar behaupten, dass Verbiss und Schäle für eine schnellere Alters-/Höhen- und Artendifferenzierung eines Bestandes sorgen, denn stärker verbissene Pflanzen brauchen länger, bis sie so hoch wachsen, wie die nicht verbissenen und geschälte Bäume fallen schneller aus, als die nicht geschälten. Ein "Schaden" ist daher also natürlich insbesondere wirtschaftlich zu beurteilen.
Einer Umfrage unter unbedarften Waldbesuchern, ob ein stufig aufgebauter Mischbestand aus Birke, Aspe, Vogelbeere, etwas Fichte, Kiefer, Buche, Eiche usw. oder ein noch weitgehender "Fichten-Acker" mit hier und da unterbauten Buchen- und/oder Tannen-Partien (von mir aus auch auch NV) eine höhere Erholungswirkung hervorruft, sähe ich übrigens mit großem Interesse entgegen.
Der Vorwurf der Jäger ginge insofern aber völlig ins Leere, die im Staatsdwald lediglich einen Wirtschaftwald sehen, denn das ist er nicht. Schalenwildbestände müssen für den "Wohlfahrtswald" und zugunsten den von mir schon weit vorher geschriebenen Funktionen wie Wasserspeicher, Kalamitätsresistenz, Artenreichtum, etc. auf ein verträgliches Niveau herunter gefahren werden und nicht deshalb, weil der Wald dann mehr Ertrag abwirft.
Noch einmal: der Aspekt der Wirtschaftlichkeit wird nicht von der Jägerschaft ins Spiel gebracht, sondern von der Forstwirtschaft (und das bis zu einem gewissen Maß auch zu Recht). Übrigens ist weder eine Kalamitätsresistenz noch ein "Artenreichtum" per se ein gesetzlich so definiertes Primärziel.
Ob diese Erkenntnis aber auch von den Förstern so umgesetzt wird (Staatswald hat NICHT die Aufgabe wirtschaftlich zu sein), ist fraglich.
Wai Hai
F.