Findet ihr die Jagd verliert an Tradition?

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Rübezahl

Guest
Guten Tag,

ich bin noch nicht lange Jäger, war aber lange Zeit beim Militär. Im Sinne von Traditionen gibts da durchaus Parallelen. Ich möchte deshalb auch meinen Senf dazugeben.

Tradition verpflichtet, Einheiten die lange existieren, in denen Traditionen gelebt werden sind geschlossene Körper mit starkem Korpsgeist. Selbstbewusst und nicht immer unarrogant zu Außenstehenden. Aus der Tradition beziehen Soldaten eine Art Wurzelgefühl. "Ich bin ein Teil von etwas Großem, Erhabenen." Ein so gewachsener Truppenkörper wird immer einen besonderen Stolz auf sein Tun empfinden. Die Unterschiede sind spürbar. Während in England Regimenter seit 500 Jahren existieren, in ungebrochener Tradition, gibt es bei uns nur schamhaft versteckte Reste. Die Gründe mal außen vor gelassen.

Was die Jagd betrifft, ich sehe mit nicht geringem Erstaunen, seit ich selbst Jäger bin, wie die Traditionen eigentlich bei jedem Einzelnen gelebt werden. In der Gesellschaftsjagd nicht, da sind alle sehr "traditionsbewusst". In der Einzeljagd oder kleinen revierinternen DJ sieht das anders aus. Ich freue mich z.b. sehr über das Bruchritual, den letzten Bissen gebe ich mit einem Gefühl der Ehrfurcht. Ich verzichte nie darauf, ich verharre beim erlegten Stück gern einige Zeit. Mitjäger tun das nicht alle. Ich finde es schade aber es ist nicht meine Entscheidung. Ich bin kein Fan großer Drückjagden. Mag sich ändern, aber ich ziehe die stille Einzeljagd oder kleine DJ vor. Hier bin ich allein mit meinen Gedanken, muss mich weder belächeln oder bespötteln lassen von Zeitgenossen die anders denken. Traditionen sollten im Inneren am Leben sein, ein Bedürfnis was man hat. Keine Last die man eben tut weil es immer so war.
 
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....Im Sinne von Traditionen gibts da durchaus Parallelen.....

...und noch mehr Unterschiede.

Während eine militärische Truppe gemeinsam für ein erklärtes Ziel kämpft, oft nur mit Kameradschaft durchhalten kann, ist jeder Jäger ein Individuum mit ganz eigenen persönlichen Interessen. Nicht selten Konkurrent statt Partner. Daher rührt der Spruch, dass nichts eine Freundschaft schneller zerstören kann, als gemeinsam eine Jagd zu pachten.

.....Ich freue mich z.b. sehr über das Bruchritual, den letzten Bissen gebe ich mit einem Gefühl der Ehrfurcht. Ich verzichte nie darauf, ich verharre beim erlegten Stück gern einige Zeit. Mitjäger tun das nicht alle. Ich finde es schade aber es ist nicht meine Entscheidung. ....

Warum findest Du das schade?

Wenn es Dir ein Gefühl der Ehrfurcht vor dem Wunder der Schöpfung gibt, kannst Du das doch problemlos so zelebrieren.

Aber warum sollten es andere Jäger dann ebenso machen, wenn sie es nicht so wie Du empfinden?

Das heißt ja nicht zwangsläufig, dass sie KEINE Ehrfurcht vor dem Wunder der Schöpfung hätten. Vielleicht empfinden sie das nur anders und möchten es anders ausdrücken. Zum Beispiel durch korrektes Ansprechen, Schonung führender Stücke, perfekte Trefferleistung oder allgemeiner Vermeindung von Qualen fürs Wild oder unnötigen Stress durch zu hohen Jagddruck.

Alle Formen der Ehrerbietung an einer Tierleiche nützen nichts mehr, denn das Tier hat nichts mehr davon. Seine Artgenossen auch nicht, denn sie bekommen davon nichts mit. Es ist nur noch Show, die sich der Jäger selbst gönnt, wenn ihm das gefällt.
Viel besser finde ich praktizierte Ehrfurcht, die sich auf lebendes Wild bezieht, jeder Jäger für sich, ganz still und leise, ohne plakative Showeinlagen. ;)
 
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Einmal eine kleine Geschichte vorweg:

Es gab einmal ein Kloster, in dem der Abt jeden Tag das Abendgebet in der Kapelle hielt, zudem lebte in diesem Kloster eine Katze.
Diese Katze rannte auch während des Gebetes des Abt durch die Kapelle, worauf er befahl diese während dessen anzubinden. Und so geschah es. Die Katze wurde fortan zum Gebet festgebunden. Einige Jahre später starb der alte Abt und ein neuer nahm seinen Platz ein. Die Katze wurde weiterhin angebunden bis auch diese einige Jahre später starb. Weil den Mönchen etwas fehlte wurde eine neue Katze angeschafft und so ging dies viele Jahre weiter. Besucher und Gäste des Klosters fanden die Gebetskatze so beeindruckend, dass sie sich auch eine für Ihr Kloster und ihre Gottesdienste anschafften. Es entstanden spezielle Züchten, die nur heilige Gebetskatzen hervorbrachten und einige Mönche wanderten umher um die Handgefertigten Halsbänder zum anbinden an die anderen Klöster zu verkaufen.

Es war eine Tradition geworden, sogar mit einem eigens dafür entstandenen Markt mit dem viele Menschen ihr Geld verdienten.

Man sieht das nicht jede Tradition den von uns verstandenen Sinn hat. Wenn man jedoch das Ehrt und Wertschätzt was einem als wichtig erscheint, macht man schonmal nicht viel Falsch.
Ehrt das Geschöpf welches durch Hege gewachsen ist und dem ihr bei der Jagd nachstellt. Wie das aussieht ist egal, sofern man es wirklich ernst meint.
Ich kann mit dem max4 Anzug genauso inne halten wie im Lodenmantel.
Der Schnaps schmeckt mir mit der linken, wie auch mit der rechten Hand. Aber nur wenn die Waffe zu Hause im Schrank steht, mein Hund versorgt ist, die Strecke in der Kühlung hängt und mein Auto stehen bleibt.
Jedes von mir erlegte Stück bekommt einen letzten Bissen, auf den Erlegerbruch kann ich jedoch verzichten.

Ich lasse mir keine Tradition vorschreiben, die für uns wichtigen Dinge sind im BJagdG geregelt, wie auch in den länderspezifischen Gesetzen. Wie ich zusätzlich zu dem vom Gesetzgeber geforderten handle sind dann meine eigenen Traditionen.
 
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30 Okt 2008
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Welchen letzten Bissen bekommen eigentlich die 5 oder 6 Fuchswelpen, die vom waidgerechten Niederwildheger am Bau geschossen werden? ;)
Leider weis ich nicht warum du immer provozieren musst. Wenn dir die Tradition so am Ar... vorbei geht dann halte dich doch raus. Hast uns schon hinreichend erklärt das du eher der Schiesser als der Waidmann bist :sneaky:
 
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16 Jan 2003
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Zu #1
Wer jagt schon wie lange, dass er einen Traditions-Wandel festgestellen oder beurteilen kann.
Bis vor ca. 10 Jahren hat sich nicht viel verändert und weitere 50 Jahre vorher noch weniger.
In den letzten 10 Jahren hat sich doch vieles verändert, auch wenn die Lodenjockel-Fraktion für sich behauptet, die Tradition hoch halten zu müssen.
Dabei stellt sich die Frage, auf welche Tradition sich berufen wird.
Es werden doch heute Traditionen gepflegt, die bis auf die Feudalzeit zurückgehen.
Man wird sich heute auf eine neue Jagd einigen müssen, denn mit dem Kleben an alten Traditionen wird man den geänderten jagdlichen Kern- und Randbereichen nicht mehr gerecht.
Die Technisierung und auch die Digitalisierung schafft auch Jägern mit geringen jagdlichen Fertigkeiten die Möglichkeit, die Jagd "effektiv" auszuüben.
Es gilt einen neuen Kodex zu schaffen, der auf einem möglichst großen Konsens beruht.
Letztlich bleibt es immer noch dem einzelnen Jäger überlassen, wie er für sich die Jagd ausübt.
Es ist ein Irrtum und eine Schönfärberei anzunehmen, dass früher alles besser, harmonischer, waidgereichter und traditioneller war.
Es kann jeder für sich zurückdenken, wie es zu Beginn seiner jagdlichen Aktivitäten ausgesehen hat. Über 40, 50 oder 60 Jahre zurückblicken zu können, dürfte den wenigsten Usern jagdlicher Foren möglich sein. Ich jage immer noch wie seit 1958, bin aber durchaus geneigt, die heutigen Bedingungen nicht zu verkennen und sich auf diese einzustellen.
 
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22 Mai 2017
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Na, mir stellt sich diese Frage zum Glück erst gar nicht: ;)

Fuchs kann immer (ent-)kommen!

Bernhard
 
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25 Feb 2018
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Leider weis ich nicht warum du immer provozieren musst. Wenn dir die Tradition so am Ar... vorbei geht dann halte dich doch raus. Hast uns schon hinreichend erklärt das du eher der Schiesser als der Waidmann bist :sneaky:
Ich finde die Frage absolut berechtigt. Bei Rehwild wird, zumindest in diesem Thread, viel Aufsehens um die "Ehrerbietung" der erlegten Kreatur gegenüber gemacht. Wenn letzter Bissen für das Reh, dann auch für den Fuchs. Es sind beides Lebewesen die erlegt wurden. Rational sind diese selektiven Traditionen jedenfalls nicht.

Der Fuchs
 

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