- Registriert
- 6 Nov 2002
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- 380
Mitte August 2001 im Bayerischen Wald.
Eine Woche war ich mit meiner Ministrantenbande in Oberbayern unterwegs gewesen - und hatte damit die beste Blattzeit verpasst. Zurückgekehrt wollte ich's dann doch noch wissen. Zusammen mit der Dackelin mache ich mich am frühen Abend auf den Weg in eine Nordhangkanzel.
Der Anmarsch durch das Buchenlaub war erträglich, ein Regentag hatte den Boden nassgehalten.
Dackel, Rucksack, Drilling - alles fand seinen Platz auf dem kleine Sitz, einer meiner Lieblingsplätze. Dort hatte mir schon einmal ein feuerroter Altfuchs einen Abend lang im giftgrünen Heidelbeerlaub mit seiner Suche nach Süßem die Zeit vertrieben, ein andermal hatte eine Auerhenne ihr einziges Junges den Rückeweg entlang geführt, auch ein Kahlwildrudel war dort hinter mich in den Wind gezogen. Auch den ersten Bock des Pirschbezirks, voller Rachendasseln und mit zwei bastigen Stümpfen, hatte ich dort bekommen.
Der Abend war prächtig. Wie immer schmeckte die Jagd dann am besten, wenn vorher irgendetwas getan oder abgeschlossen war.
In diesem Fall die Ferienfahrt mit meinen lauten Jugendlichen.
Im Rucksack hatte ich das Brevier dabei - um noch eine Runde zu beten. Das gehört bei mir dazu. Wenn Gagern einmal schreibt, das Wild stamme aus dem Paradies und komme von Gott, dann gebe ich so darauf Antwort.
Das Stundenbuch ist schliesslich verstaut und ich beginne das Blatten. Vorsichtig. Ohne Hoffnung auf Erfolg, weil die Brunft sicher schon gelaufen ist. Aber man weiß ja nie. Von diesem lustvollen Gedanken lebt die Jagd.
Verhaltenes Blatten. Pause. Wieder.
Nach zwanzig Minuten hinter mir Schritte im Buchenlaub. Schräg den Hang herunter kommt ein Stück gezogen. Ein vorsichtiges. Das Gehörn ist nicht zu erkennen, aber ein kräftiger Körperbau. Achtzehn, neunzehn Kilo ?
Aus den Augenwinkeln heraus nehme ich noch eine Bewegung wahr und traue meinen Augen nicht : Links, die Rückegasse herab gleitet ein Luchs, hält ein und sichert. Schliesslich kommt auf die Freifläche, in Hutwurfweite zum Sitz. Er kontrolliert die Fläche mit wenigen Blicken, markiert einen Stein. Semmelgelb ist er, mit grauen, verwaschenen Tupfen. Kein rot-brauner Rücken. Ein Kuder von beachtlicher Größe. Der Wind passt.
Hinter mir wieder Schritte im Buchenlaub. Den Bock hatte ich vergessen.
Auf das Geräusch hin gleitet der Kuder von seinem Stein, presst sich auf den Boden und ist plötzlich am Rande der Freifläche, um den Hang einsehen zu können. Ich halte den Atem an.
Soll' ich mir den Bock wegfangen lassen ?
Schiessen geht nicht - das Reh steht nicht frei.
Nach etwa einer Minute jagt der Luchs das Reh an. Aber die Entfernung ist für ihn zu groß. Das Reh geht schreckend den Hang hinunter. Es will sich nicht mehr beruhigen.
Ich höre es noch nach Minuten.
Spannung fällt ab von mir. Aber nicht nur von mir. Das Schrecken des Rehs hält der Dackel nicht aus. Er fängt das Schimpfen an und "bellt" mit. Ich lasse ihn gewähren.
Was ich eben erlebt habe, ist einmalig.
Nach einer halben Stunde treten wir den Rückweg an.
Das Wild stammt aus dem Paradies und kommt von Gott - Gagern hat Recht.
Es war bereits die zweite Luchsbegegnung in diesem Jahr.
Der erste kam mir am ersten Mai. Ein Jungluchs war an einer anderen Stelle auf meiner Spur unter dem Hochsitz durchgewechselt.
Als ich davon dem Forstdirektor erzählte, meinte er, ich hätte mehr Glück als Verstand.
Hoffentlich nicht.
Euch allen eine gute Adventszeit !
M.
Eine Woche war ich mit meiner Ministrantenbande in Oberbayern unterwegs gewesen - und hatte damit die beste Blattzeit verpasst. Zurückgekehrt wollte ich's dann doch noch wissen. Zusammen mit der Dackelin mache ich mich am frühen Abend auf den Weg in eine Nordhangkanzel.
Der Anmarsch durch das Buchenlaub war erträglich, ein Regentag hatte den Boden nassgehalten.
Dackel, Rucksack, Drilling - alles fand seinen Platz auf dem kleine Sitz, einer meiner Lieblingsplätze. Dort hatte mir schon einmal ein feuerroter Altfuchs einen Abend lang im giftgrünen Heidelbeerlaub mit seiner Suche nach Süßem die Zeit vertrieben, ein andermal hatte eine Auerhenne ihr einziges Junges den Rückeweg entlang geführt, auch ein Kahlwildrudel war dort hinter mich in den Wind gezogen. Auch den ersten Bock des Pirschbezirks, voller Rachendasseln und mit zwei bastigen Stümpfen, hatte ich dort bekommen.
Der Abend war prächtig. Wie immer schmeckte die Jagd dann am besten, wenn vorher irgendetwas getan oder abgeschlossen war.
In diesem Fall die Ferienfahrt mit meinen lauten Jugendlichen.
Im Rucksack hatte ich das Brevier dabei - um noch eine Runde zu beten. Das gehört bei mir dazu. Wenn Gagern einmal schreibt, das Wild stamme aus dem Paradies und komme von Gott, dann gebe ich so darauf Antwort.
Das Stundenbuch ist schliesslich verstaut und ich beginne das Blatten. Vorsichtig. Ohne Hoffnung auf Erfolg, weil die Brunft sicher schon gelaufen ist. Aber man weiß ja nie. Von diesem lustvollen Gedanken lebt die Jagd.
Verhaltenes Blatten. Pause. Wieder.
Nach zwanzig Minuten hinter mir Schritte im Buchenlaub. Schräg den Hang herunter kommt ein Stück gezogen. Ein vorsichtiges. Das Gehörn ist nicht zu erkennen, aber ein kräftiger Körperbau. Achtzehn, neunzehn Kilo ?
Aus den Augenwinkeln heraus nehme ich noch eine Bewegung wahr und traue meinen Augen nicht : Links, die Rückegasse herab gleitet ein Luchs, hält ein und sichert. Schliesslich kommt auf die Freifläche, in Hutwurfweite zum Sitz. Er kontrolliert die Fläche mit wenigen Blicken, markiert einen Stein. Semmelgelb ist er, mit grauen, verwaschenen Tupfen. Kein rot-brauner Rücken. Ein Kuder von beachtlicher Größe. Der Wind passt.
Hinter mir wieder Schritte im Buchenlaub. Den Bock hatte ich vergessen.
Auf das Geräusch hin gleitet der Kuder von seinem Stein, presst sich auf den Boden und ist plötzlich am Rande der Freifläche, um den Hang einsehen zu können. Ich halte den Atem an.
Soll' ich mir den Bock wegfangen lassen ?
Schiessen geht nicht - das Reh steht nicht frei.
Nach etwa einer Minute jagt der Luchs das Reh an. Aber die Entfernung ist für ihn zu groß. Das Reh geht schreckend den Hang hinunter. Es will sich nicht mehr beruhigen.
Ich höre es noch nach Minuten.
Spannung fällt ab von mir. Aber nicht nur von mir. Das Schrecken des Rehs hält der Dackel nicht aus. Er fängt das Schimpfen an und "bellt" mit. Ich lasse ihn gewähren.
Was ich eben erlebt habe, ist einmalig.
Nach einer halben Stunde treten wir den Rückweg an.
Das Wild stammt aus dem Paradies und kommt von Gott - Gagern hat Recht.
Es war bereits die zweite Luchsbegegnung in diesem Jahr.
Der erste kam mir am ersten Mai. Ein Jungluchs war an einer anderen Stelle auf meiner Spur unter dem Hochsitz durchgewechselt.
Als ich davon dem Forstdirektor erzählte, meinte er, ich hätte mehr Glück als Verstand.
Hoffentlich nicht.
Euch allen eine gute Adventszeit !