Ich habe das mit den Traditionen sehr aufmerksam gelesen.
Ich bin selbst Späteinsteiger, stecke mitten in der Ausbildung zum Jäger, setze mich auch mit den Traditionen auseinander, wird ja auch gelehrt.
Familiär hatte ich Jäger in der Familie und war auch durchaus mit auf der Pirsch, kenne das Aufbrechen von Rehen seit ich kleiner Butscher bin. Mein inzwischen verstorbener Onkel war als Jäger für mich aber ein eher abstoßendes Beispiel eines Jägers. Der knallte auch mal aus seinem Revier einen Hund ab und als er die Marke sah am Hals wurde der schnell im Fluss versenkt und weil er Kohle hatte, wurde auch mal in Afrika ein Büffel geschossen oder in Kanada ein Grizzly. Als er auf den Elefanten wollte, hat die Familie ihm die Karten gelegt. Es ging ihm immer nur um die Trophäen.Das empfindeich als respektlos.
Hier im Dorf haben wir viele Jäger, die sind anders drauf. Weshalb ich dann irgendwann gesagt habe: Damit kann ich leben.
Hornsignale bei der Gemeinschaftsjagd sind für mich sinnvoll, sie dienen der Sicherheit, aber eben die speziellen Signale. Das man die Tiere dann auch ordentlich ablegt und nicht auf einen Haufen wirft, kann ich auch verstehen und finde es richtig. Davor zu posieren für ein Foto im Hintergrund ein Halali, da kann ich nichts mit anfangen, das geht mir ab.
Respekt erweise ich einem Tier, wenn ich es nicht aus Spaß an der Freude erlege, sondern um es möglichst komplett zu nutzen oder aber wenn das Raubwild überhand nimmt zur Regulierung des Bestandes. Ich käme nie auf die Idee einen Dachs zu schießen, nur weil ich noch nie einen geschossen habe.
Trophäen interessieren mich persönlich nicht die Bohne. Ich werde mir keine Felle in den Flur legen und keine Schädel an die Wand hängen.
Das mit der Tradition ist eh so eine Sache. In der 4. Generation Offizier gewesen (inzwischen Reserve), lange Jahre zur See gefahren, inzwischen intensiv bei der Gemeindefeuerwehr tätig und nun die Jägerei. Das sind soviele Traditionen, dass man kaum noch zu etwas anderem kommt, wenn man sie auslebt.
Das man sich überall in einem gewissen Rahmen Traditionen erhält finde ich gut und wichtig, denn das sind sehr bindende Elemente, man darf es aber nicht übertreiben aus meiner Sicht.
Wenn jmd dem Tier den letzten Bissen geben will aus Respekt, ist das für mich ok, ich persönlich empfinde dabei nichts.
Respekt bringe ich dem Tier gegenüber auf, wenn ich sehr viel Wissen habe über das Leben des Tieres, dessen Anatomie und es verwerte. Respekt ist für mich, dass ich ein regelmäßiges Schießtraining mache, mit dem Ziel, dass das Tier im Knall liegt. Respekt ist, dass ich nur schieße,wenn ich sicher bin gut zu treffen. Respekt gegenüber den Jagdkameraden erweise ich z.B. auch durch Sorgsamkeit, wenn ich ein Revier begehe und dass ich darauf achte mit der Waffe sorgsam umzugehen und immer auf deren Sicherheit zu achten.
Respekt für mich ist auch dass ich keinen Alkohol zu mir nehme, bevor das Tier versorgt ist und die Waffe wieder im Schrank, dass galt schon in der Militärzeit so für mich(ab Leinen los war Alkohol tabu) und bei der Feuerwehr (nach dem Einsatz erst, wenn alles aufgeklart ist und wieder einsatzbereit).
Insofern ist Respekt und Achtung vor der Aufgabe für mich Tradition, das Brauchtum ist nett, in Teilen werde ich mich danach richten, aber es ist für mich nicht wesentlich
Auch wenn Du nicht den Respekt aufbringen konntest, Dich zuerst hier im Forum vorzustellen, ein paar Gedanken zu Deinen Ausführungen:
Hornsignale haben im Grunde gar keine Bedeutung mehr auf Gesellschaftsjagden auf Schalenwild. Bei Treibjagden auf Niederwild finden sie noch Anwendung. Das heißt, dass gerade die Signale eher dem reinen Brauchtum zuzuordnen sind. Trotzdem möchte ich auf das Verblasen der Strecke nicht verzichten.
Was Du als Respekt bezeichnest (Sicherheit vor und bei der Schussabgabe, sauberes Schießen, Training, Wissen über das Wild, kein Alkohol etc.), verwechselst Du mit dem grundlegenden Handwerkszeug eines Weidmanns. Das hat erst einmal nichts mit Respekt zu tun. Es ist schlichtweg selbstverständlich.
Einen Dachs zu schießen, weil man bisher noch keinen erlegt hat, bei der Erlegung desselben, oder jedweden anderen Wildes, Freude zu empfinden und aus jagdlicher Sicht sinnvoll zu handeln, sind Dinge, die sich keineswegs ausschließen müssen, sondern Hand in Hand gehen können. Ich habe in der heutigen Zeit ein wenig das Gefühl, dass vielen unserer Gegner vor allem unsere Freude an der Jagd ein Dorn im Auge ist. Manche erkennen ja sogar durchaus an, dass an manchen Stellen Abschüsse getätigt werden müssen, aber dann lieber von Managern, die dies tun müssen und im Grunde das Weidwerk hassen.
Tradition, Brauchtum, Kultur, sind wesentliche Dinge, die den Menschen auszeichnen und ihn von der Tierwelt maßgeblich abgrenzen. Musik brauchen wir eigentlich nicht, jedwede Kunst, überflüssig. Und dennoch können wir ohne sie nicht auf Dauer leben. In der Bibel steht: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein." Da steckt sehr viel mehr Weisheit drin, als man auf den ersten Blick vermuten möchte...
An einer Stelle widersprichst Du Dir übrigens, als Du schriebst, dass Du Dir keine Felle etc. in Deinem Hause haben möchtest. Andererseits ist Respekt für Dich ein Tier möglichst komplett zu verwerten. Wie passt das zusammen ?
Persönlich empfinde ich es als respektlos, Wild zum seelenlosen Schädling zu degradieren und den Jäger auf eine Tötungsmaschine ohne kulturelle Wurzeln zu reduzieren, gerade in Deutschland mit seiner einzigartigen Jagdkultur.
Die ganze Ansicht über die scheinbare Überflüssigkeit der Bräuche führt im Grunde die gesamte Jagd, wie sie heute stattfindet ad absurdum, denn ohne Kultur könnten wir doch tatsächlich viel effektiver jagen.
Mit Hubschraubern, Pillen, Drohnen etc. könnten wir rasch das Schwarzwildproblem in den Griff bekommen. Mit Gas könnten wir Fuchsbaue ausräuchern... Ich möchte das gar nicht fortsetzen. Fakt ist aber, dass wir so jagen können, wie es die Meisten von uns kennen, weil wir eine Jagdkultur haben, eine Tradition, die solche Szenarien bisher verhindert hat. Der Mensch hat eine Seele und er braucht etwas, das diese ausfüllt, auch wenn manche das Gegenteil behaupten und sich damit in die Tasche lügen.
In 4. Generation Offizier ? Tradition ! Feuerwehren in Deutschland ? Tradition !
Die Bräuche sind nicht alles an der Jagd, aber sie hauchen ihr Leben ein (und oft machen sie sogar absolut Sinn) !
Weidmannsgruß vom Sohn einer alten Offiziersfamilie...