Eigenpräzision

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Wird über Büchsenmunition diskutiert, wird immer wieder bestimmten Kalibern eine besonders hohe "Eigenpräzision" zugesprochen.
Die Frage stellt sich dabei allerdings, wie das zu verstehen ist, denn eine Büchsenpatrone, gleich welchen Kalibers, ist nie für sich selbst,
sondern nur in Verbindung mit der Waffe/Lauf aus der sie verschossen wird, mehr oder weniger präzise.
Präzision interessiert doch nur insoweit, als sie sich auf der Scheibe tatsächlich nachweisen läßt. Denn nur das möglichst enge Zusammenliegen der Treffer korrespondiert doch mit unserem Anspruch, das Wild dort zu treffen, wo wir wollen (und von den Schießfertigkeiten her möglichst auch persönlich können).

Wenn man präzise auf die maßlichen Werte reduziert, ist eine möglichst hohe Gleichmäßigkeit und Annäherung der jeweils festgelegten Normen wichtig.
Statt Eigenpräzision wäre daran zu denken, dafür "Ausgewogenheit" zu verwenden, was sich auf das Verhältnis von Aufwand zu Wirkung bezieht.
Zuviel hängt dabei von Zwangsläufigkeiten ab, die sich weder physikalisch noch ballistisch umgehen, allenfalls ignorieren oder ausblenden, lassen.
Eben wegen der genannten Zwangsläufigkeiten und der Tatsache, dass selbst höchste maßliche Exaktheit nicht zwingend zu besonders engem Streukreis (vereinfachend für "Präzision") führt, scheinen mir beide vorgenannten Ideen völlig unergiebig um nicht zu sagen belanglos.

Etwas anderes ist es, dass in der Regel die Einhaltung möglichst gleicher Maße der Komponenten bei der Herstellung von Patronen ein größeres Potential für Präzision zu ermöglichen scheint.
Aber auch das ist m.E. eher kolportiert oder gefühlt, denn irgendwie tatsächlich nachweisbar.

Selbst wenn eine Fabrikpatrone maßlich exakt geformt und genau laboriert ist, ist eine Patrone, deren Hülse durch Erstschuss in der Waffe an deren Lager angepasst wurde, durch Wiederladen mit den gleichen Komponenten schon wieder um einiges "präziser".
Das ist ja nun wieder eine andere Baustelle - sollte etwas daran sein, müsste ich ja zeigen lassen, dass Fabrikladung und die mit gleichen Komponenten hergestellte wiedergeladene Patrone signifikant präziser schießt. Da sich aber gerade hier die Abhängigkeit von der individuellen Waffe zeigt, wird eine Verallgemeinerung im Sinne der Ausgangsthese sich kaum verifizieren lassen.

Wie sollte die Eigenpräzision einer Büchsenpatrone bestimmten Kalibers überhaupt geprüft werden, ohne sie abzufeuern.
Zu vieles hängt dabei von der Waffe ab und hier ins Detail zu gehen, füllt bereits unzählige Waffenbücher.
Eben weil es m.E. keine Möglichkeit gibt, die Präzision einer Büchsenpatrone bestimmten Kalibers, die dieser innewohnt ohne abhängig von Waffen-, Schützen- und Umgebungsparametern zu sein, erscheint mir die Diskussion als überflüssige akademische Spielerei.

Büchsenmunition eines bestimmten Kalibers, bzw. Geschosses lässt sich hinsichtlich gewünschter Wirkung und unerwünschter Nebenwirkung nur individuell und in Gesamtbetrachtung bewerten.
Wildart (klein/groß), Schussweiten (nah/mittel/weit), Waffen (leicht/schwer/kurz/lang), Komfort (Rückstoß/Knall/Mündungsfeuer) und dann noch ein Geschoss, das auf alle Schussweiten rasant, windneutral und angemessen wirken soll, dürfte sich kaum unter dem Begriff Eigenpräzision erfassen oder beschreiben lassen.
Geschoßwirkungen haben doch nun mit Präzision rein gar nichts zu tun; sie mit einzubeziehen, scheint mir absurd.

Teddy
 

JMB

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Wenn ich das richtig verstanden habe gibts optimierte Hülsenformen mit idealem Abbrand und Druckverteilung, ...
Auch darüber streiten sich die Experten.
Gemeinhein gilt die "6 PPC" als die eigenpräziseste Hülse.
Versuche deren Geometrie m.o.w. maßstäblich zu übertragen (WSM u. WSSM) "scheiterten" zwar nicht gänzlich, waren aber auch nicht genau so eigenpräzise wie das Vorbild.

Ein sehr erfahrener Wiederlader erzählte mir mal von einer US-Untersuchung (da gibt es wohl eine spezielle Wiederlader-Zeitschrift, die er abonniert hat) zu "Präzision und Hülsengeometrie", der zufolge da kein (zumindest so strikter) Zusammenhang bestehen würde.

Für den "idealen Abbrand" gab es Versuche mit "Front Ignition" (das Zündnadelgewehr lässt grüßen :)):
Dabei sitzt auf dem inneren Hülsenboden ein Röhrchen, das bis zur Hülsenschulter reicht (ähnlich, wie z.B. bei Panzer-Munition, wenn auch dort das "Zündrohr" über (nahezu) die gesamte Länge Löcher hat und so die Zündung entlang des gesamten "Zündrohres" und nicht bloß an dessen vorderem Ende erfolgt), so dass das TLP eben vorne entzündet wird. Dadurch sollte das TLP mehr innerhalb der Hülse abbrennen und, neben der erhofften präzisionsfördernden Verbrennung von vorne, durch weniger unverbrannte Partikel die mit hoher Geschwindigkeit dort auftreffen die Erosion des Übergangs vermindert werden.
Der dadurch erlangte (rel. geringe, wenn überhaupt) Vorteil rechtfertigte wohl den deutlichen Mehraufwand nicht - ist jedenfalls "sang- und klanglos untergegangen".


Das hat ja nichts damit zu tun, daß es auch bspw 7x64 gibt, die präzise sind, nur ist es komplizierter diese zu finden.
V. A., wenn das auch noch über die gesamte Bandbreite an verfügbaren Geschossgewichten (bei 7 mm also von 78 bis 180 grs) erfolgen soll.


Eine 308 ist insgesamt leichter präzise zu bekommen, bzw unempfindlicher gegen leichte Ungenauigkeiten in der Ladung.
Das hat dann m.E. wieder mehr mit den Laufschwingungen zu tun und ist ein anderes Problem (s. Guido J. Wasser und OBT).


Betrifft wahrscheinlich auch einige deutlich modernere Konstruktionen/Kaliber.
Kommt immer auf das primäre Ziel eines Kalibers an:
Ein Sportkaliber wird man vielleicht möglichst zylindrisch und mit flacher Schulter konstruieren, den Übergang auf "hard into the lands" auslegen usw.; bei einem Jagdkaliber darf nicht nur das Geschoss eben nicht in die Felder gesetzt werden (weil es sonst ggf. beim Entladen aus der Hülse gezogen würde), man wird auch des leichteren Ausziehens der abgeschossenen Hülsen unter allen Umständen wegen den Hülsenkörper konischer gestalten usw.


WaiHei
 
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#16:
Geschosswirkungen haben doch nun mit Präzision rein gar nichts zu tun; sie mit einzubeziehen, scheint mir absurd.

Das ist es auch und war nur aus jagdlicher Sicht angemerkt.
Aber wenn ein Geschoss nicht wirkt, nützt deren genauer Treffpunkt nix.
Wenn großes starkes schweres Wild bejagt wird, liegt die Wirkung vor der (extremen) Eigenpräzision, um die wir hier debattieren.

Ansonsten sehe ich mich durch deine Stellungnahme bestätigt:roll:
Besonderes damit:
Aber auch das ist m.E. eher kolportiert oder gefühlt, denn irgendwie tatsächlich nachweisbar.
oder
. . . .erscheint mir die Diskussion als überflüssige akademische Spielerei.
und geistert durch die foren :cheers:


#17:
Das hat dann m.E. wieder mehr mit den Laufschwingungen zu tun und ist ein anderes Problem (s. Guido J. Wasser und OBT).

Kann es auch wieder nicht haben, denn jeder Lauf schwingt anders, wie soll sich da die "Eigenpräzision" der 308 auswirken,
falls sie diese im engeren Sinne überhaupt hat.


 
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JMB

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Mit dem Begriff der Ausgewogenheit kommt man m.M.n. der Bewertung eines Jagdkalibers noch am besten weiter.
Eben nicht! (Wie schon mal geschrieben.)
Jedenfalls nicht, wenn man für die "Ausgewogenheit" (einen Teil der) Präzision geringerem Rückstoß, mehr Joule/ g TLP, ... opfert.


Würde man alle neuen Kaliber hochoptimiert designen,
...

Ein Büchsenkaliber kann zwar in einer bestimmten Laborierung schussgenauer sein, als in einer anderen, aber nicht per se und nicht pauschal.
Ohne jetzt auf jede Einzelheit einzugehen. ...
Sag mal!: Hast Du den Thread nur gestartet, um zu sagen "Alles Mumpitz mit der Eigenpräzision!"?


Ein Büchsenkaliber kann zwar in einer bestimmten Laborierung schussgenauer sein, als in einer anderen, aber nicht per se und nicht pauschal.
Nun, wenn selbst DEVA und DN der Meinung sind, dass es da kaliberspezifische (eben kaliberspezifische, nicht laborierungsspezifische) Unterschiede gibt, würde ICH da nicht widersprechen wollen.


WaiHei
 
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Wenn es Laborierungsunterschiede ausmachen, dann heißt das doch nicht, dass das betreffende Kaliber "eigenpräzise" ist.
Nahezu jedes Kaliber lässt sich laborierungs- oder waffenmäßig auf Präzision trimmen.
Es dann als "eigenpräzise" zu deklarieren, müsste es das aber unabhängig von Geschoss und Waffe sein
und das ist bei der 308 auch nicht der Fall.
Für mich ist die "Eigenpräzision" eines Kalibers ein Hype.

in #16 sieht man das ganz ähnlich.
 
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JMB

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Und Benchrester rennen diesem blöden Hype seit Jahrzehnten hinterher ...

Sobald ich den ersten Benchrester mit 'ner 6,5x57 o. 8x57 IS auf dem Treppchen sehe denke ich noch mal über Deine Theorie nach. :p


WaiHei
 
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#16:

............

#17:
Das hat dann m.E. wieder mehr mit den Laufschwingungen zu tun und ist ein anderes Problem (s. Guido J. Wasser und OBT).

Kann es auch wieder nicht haben, denn jeder Lauf schwingt anders, wie soll sich da die "Eigenpräzision" der 308 auswirken,
falls sie diese im engeren Sinne überhaupt hat.



:thumbup:
 

tar

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"Eigenpräzision" - falls es so etwas gibt - heißt für mich:
1) die Patrone sei leicht(er) auf gute Schussleistung zu bringen
2) in Wettbewerben werden erwiesenermaßen damit die herausragenden Ergebnisse geschossen,
also im Durchschnitt besser als andere vergleichbare/zugelassene Patronen
 
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Und Benchrester rennen diesem blöden Hype seit Jahrzehnten hinterher ...

Sobald ich den ersten Benchrester mit 'ner 6,5x57 o. 8x57 IS auf dem Treppchen sehe denke ich noch mal über Deine Theorie nach. :p

Unpassender Vergleich.:no:

Die 8x57 gibt es seit 130, die 6,5x57 seit 125 und die "neue"
6 mm PPC seit 43 Jahren.

Zudem dürften Waffen für die beiden Erstgenannten von einer enormen Vielzahl von Munitions- und Waffenherstellern weltweit mit den unterschiedlichsten Toleranzen und Qualitätsvorgaben gefertigt werden.
Die BR-Gemeinde wird von einer wesentlich geringeren Anzahl von Waffenherstellern und Munitionsfertigern bedient. Zudem sind diese auf äusserste Qualitätssicherung fixiert, denn sonst würden sie vom Markt sehr schnell eliminiert.

Ob der Vergleich, bei gleichem Fertigungs- und Komponenten- Aufwand so große Abweichungen generieren würde, wage ich zu bezweifeln.
 
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Hallo,

Es gibt Einflussgrössen im Kaliber-Design, die nach heutigem Verständnis nicht präzisionsfördernd sind (dennoch kann Waffe und Patrone präzise sein).
Lange Pulversäule, langer Übergang, zu kurzer Hülsenhals, Overbore usw. vermeidet man heute, wenn man ein Kaliber neu entwickelt.

so sieht´s aus!!!
Patronen wie z.B. .22lfB würde heute keiner mehr konstruieren:

-zylind. Hülse
-gefettetes Bleirund- oder flachkopfgeschoß
-Randfeuerzündung

trotzdem nachwievor seit 1885 die präziseste und heute noch am meisten gefertigte und geschossene Büchsen- und KW-Patrone.

oder .38Spezial und .32 S&W long mit WC-Geschossen. Damit müßte man doch eigendlich auf 10m kein Scheunentor mehr treffen.

8,15x46R Frohn/Suhl von 1896: damit dürfte auch kein Blumentopp zu gewinnen sein. Trotzdem schießen die alten Aydt- und Martinibüchsen damit wie heute die .308er Matchwaffen.


Grüße
Sirius
 

JMB

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#17:
Das hat dann m.E. wieder mehr mit den Laufschwingungen zu tun und ist ein anderes Problem (s. Guido J. Wasser und OBT).
Kann es auch wieder nicht haben, denn jeder Lauf schwingt anders, wie soll sich da die "Eigenpräzision" der 308 auswirken, falls sie diese im engeren Sinne überhaupt
hat.​
Schrieb ich ja.
Wobei sooo anders schwingen verschiedene Läufe eben scheinbar auch nicht.
Den ganzen Kram mit Eigenresonanz, Oberwellen, ... kannst Du im "Albrecht" nachlesen.

Wenn JEDER Lauf sooo anders schwingt, wie schaffen es dann Munitionshersteller überhaupt Munition so zu laden, dass sie aus vielen Waffen gut bis sehr gut schießt (wenn wir mal an bekannte Match-Patronen denken)?


WaiHei

 

JMB

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Unpassender Vergleich.:no:
Die 8x57 gibt es seit 130, die 6,5x57 seit 125 und die "neue"
6 mm PPC seit 43 Jahren.
Zudem dürften Waffen für die beiden Erstgenannten von einer enormen Vielzahl von Munitions- und Waffenherstellern weltweit mit den unterschiedlichsten Toleranzen und Qualitätsvorgaben gefertigt werden. ...
Deshalb schrieb ich ja "alle Waffen mit gleicher Sorgfalt und nach CIP-/SAAMI-Min.-Maßen gefertigt".
Dass man für den Vergleich nicht eine Menke-BR-Büchse und einen ausgenudelten Weltkriegs-Veteran nimmt sollte eigentlich jedem klar sein.
Und wenn es nur um den Faktor "Eigenpräzision" geht, dann kann man m.E. eben doch alte und neue Kaliber vergleichen, nur müssen die dann vergleichbare "Startrampen" haben.


Ob der Vergleich, bei gleichem Fertigungs- und Komponenten- Aufwand so große Abweichungen generieren würde, wage ich zu bezweifeln.
Dann schau Dir mal die Übergänge der o.g. Kaliber an!
Meinst Du nicht auch, dass Freiflug oder zumindest längerer rotationsloser Geschossweg die Präzision deutlich beeinflussen können?


WaiHei
 
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Deshalb schrieb ich ja "alle Waffen mit gleicher Sorgfalt und nach CIP-/SAAMI-Min.-Maßen gefertigt".
Dass man für den Vergleich nicht eine Menke-BR-Büchse und einen ausgenudelten Weltkriegs-Veteran nimmt sollte eigentlich jedem klar sein.
Und wenn es nur um den Faktor "Eigenpräzision" geht, dann kann man m.E. eben doch alte und neue Kaliber vergleichen, nur müssen die dann vergleichbare "Startrampen" haben.


Dann schau Dir mal die Übergänge der o.g. Kaliber an!
Meinst Du nicht auch, dass Freiflug oder zumindest längerer rotationsloser Geschossweg die Präzision deutlich beeinflussen können?


WaiHei

Wo, wann, in welchem Forum?:no:
Klar, wenn man(n) widerlegt wird muss man(n) schnell die Kurve kratzen.:thumbdown:

Wieder Äpfel-/Birnenvergleich.
Sind Autos/Motorfahrzeuge von ca. 1890 mit denen von 1975 vergleichbar?
 
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JMB

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8,15x46R Frohn/Suhl von 1896: damit dürfte auch kein Blumentopp zu gewinnen sein. Trotzdem schießen die alten Aydt- und Martinibüchsen damit wie heute die .308er Matchwaffen.
Warum sieht man das Kaliber dann heutzutage so selten bei Wettkämpfen?
Also werden sie zumindest nicht besser schießen, denn sonst würde man sie öfter sehen.

Du meinst wirklich die würden mit angepasster Munition so präzise schießen, wie heutige .308er Matchwaffen - also im einstelligen mm-Bereich?

Long-Range klammern wir mal aus, das wäre zu unfair.


WaiHei
 

JMB

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Stellen wir die Frage doch mal anders herum:
Warum schaffen es Benchrester mit all ihrem Können und ihrer Erfahrung nicht alle Kaliber auf dieselbe Präzision zu bringen?
Daran, dass sie sich keine Mühe geben, z.B. weil sie die "Königin des BR-Schießens" nicht entthronen wollen wird es ja wohl nicht liegen.


WaiHei
 

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