Aah, Seamaster, da spricht der Kenner! DAS ist es, was ich ständig zu imitieren versuche (nachbauen trau ich mir gar nicht sagen...).
*** Picture of a Randall Model #1 Stainless strutting her stuff ***
Ah, @manni3006. Hab mich doch überhaupt nur zu Wort gemeldet, weil die Kenner hier im Messer-Unterforum den genialen Geist, der sich hinter diesem Finger Guard verbirgt, nicht beim Namen zu nennen vermochten, die stille Referenz an ihn nicht realisierten und stattdessen im Wege einer Kurzschlusshandlung die Säge anzusetzen empfahlen. Und das, obwohl der prominente Finger Guard in der Praxis doch sowieso nicht stört. Es war insoweit ein Posting aus reiner Verzweiflung und zur Schadensverhütung.
But now that I’m at it und eh bei einem Kaffee sitze und in Wochenendstimmung gerate, hole ich ausnahmsweise länger aus:
Randall muss man als Stil-Ikone begreifen, mit Rolex vergleichbar. Wenn ich eine Rolex am Arm hab, bekomme ich nach ein paar Wochen zuverlässig die Pusemucken: Zu blinky, spiegelndes Glas, eckiges Armband, hervorstehende Ecken an der Schließe. Genau besehen weniger Handwerkzeug für die raue Praxis als vielmehr Veblen-Produkt. Aber trotzdem beschäftigt man sich mit derlei Produkten und begehrt sie, denn sie sind nun mal Ikonen, haben sich mit ihrer prototypischen Formgebung und den sich um sie rankenden Legenden ganz tief im Stammhirn verankert.
Ganz genau so verhält es sich mit Randall-Messern: Die verwendeten Stähle sind nicht der Rede wert, die Wärmebehandlung (da ließe sich bei 440C einiges herausholen) ist nicht optimal. Die Schliffe von Primär- und Sekundärfase sind mit schöner Regelmäßigkeit nicht auf die Praxis hin optimiert und ein Reprofiling der hemdsärmelig angebrachten Fabrikfase auf symmetrische 18 oder 20 Grad muss man sowieso einplanen. Die Stacked Leather Handles sind auch nicht unbedingt anwenderfreundlich (immerhin gibt es seit ein paar Jahren optimal geeignete Pflegemittel). Und doch, diese Messer entsprechen einem tief verinnerlichten, geradezu archaischen Bild und faszinieren deshalb. They ring a bell, simple as that. Man fühlt sich zu ihnen hingezogen wie zu einem hübschen Mädel.
Sich vor diesem ikonischen Hintergrund über den prominenten Finger Guard bei Deinem Bo Randall referenzierenden Messer abzuarbeiten und gar dessen Kürzen zu empfehlen, ist hanebüchen.
On my what for a long time seemed like a neverending quest for the perfect hunting knife hatte ich selbstverständlich eine kurze Zwischenstation bei den Messern von Bo Randall eingelegt. Hatte mir die gesamte Produktpalette angesehen, soweit irgend möglich aus der Nähe und mit Fokus auf Balance, Handlage und ganz speziell den aus jagdlicher Sicht besonders wichtigen Klingenquerschnitt (quasi die Schneidgeometrie). Zunächst schien mir nichts geeignet, ungefähr so wenig dem Jäger in die Hand geformt zu sein wie Böker und Konsorten. Aber dann lief mir eines Tages das Randall Model # 11 Alaskan Skinner über den Weg, and the angels began to sing.
Gewisse Designmerkmale verrieten mir schon auf den ersten Blick, dass der Entwurf von einem firmen Waidmann alter Schule stammen musste und es tatsächlich up to the task sein könnte. Das bestätigte sich auf den zweiten Blick u.a. hinsichtlich der Schneidgeometrie. Also eins besorgt und bei der roten Arbeit eingesetzt. Put it to good use on a brace of Wutz.
Eine Rezension spare ich mir an dieser Stelle, nicht zuletzt weil sie diffferenziert ausfallen müsste, Randalls in überwiegender Mehrheit in dunklen Schränken von Messersammlern und Sonntagsjägern versauern und die Primanerblasiertheit dieser speziellen Sorte Randallaficionado keine sachlichen Diskussionen erlaubt, aber auch, weil der Randall-Stil letztendlich nicht meiner ist und ich gewisse, u.a. historisch einzuordnende oder markenstrategisch zu deutende, Designelemente nicht verteidigen oder auch nur einordnen bzw. plausibilisieren will (meine Präferenzen gehen nach Jahren rauer Jagdpraxis in eine ganz andere, sehr bestimmte Richtung, was aber wohlgemerkt nichts daran ändert, dass ich Randall als Ikone verstehe).
Statt mit einer Rezension Gezeter auszulösen, ende ich mein Posting also lieber on a positive note, nämlich mit einem Zitat bezüglich des Model # 11 Alaskan Skinner aus Gladdis: Randall Made Knives – The History of the Man and the Knives, S. 126 ff., speziell damit die o.g. Randallaficionados etwas tieferen Einblick in die Praxis der roten Arbeit bekommen und vor allem deshalb, weil @manni3006s Messer nicht nur als Referenz an Randall, sondern auch als Ausweis jagdlicher Erfahrung zu lesen ist und sich insoweit nicht von ungefähr im Lastenheft des #11 Alaskan Skinner spiegelt:
“Tommy [Thompson, ein Alaskan Bush Pilot und Hunting Guide, der mit seinem Entwurf bei Bo Randall vorstellig wurde; A.d.V.] wanted a blade shape that not only was good for skinning but also would greatly reduce the chances of cutting into the intestinal cavity while making an initial cut up the animal's belly. ... The idea of having the top of a hunting knife blade slope down slightly from hilt to point was not totally new. ... What was unique at this date of February 1952 was a drop-point style on a handy-size knife with only a 4- or 4 1/2-inch, relatively thin blade. All this and a contoured area on top for thumb placement equaled a major breakthrough in the practical hunting knife field.
Wanting a sure, firm grip for cold, slippery hands, Tommy even included finger grips in the handle. ... Before any of these Thompson Skinners were made, Tommy decided upon a few modifications to his Plan Number 1 sketch. First, he lengthened the blade by 1/2 inch, then he changed the leather handle to stag, plus he replaced the regular aluminum butt cap with one of a "crow's beak" shape. Bo liked Tommy's second design so much that he immediately adopted it into his knife line.”